Land der Sehnsucht (German Edition)
musste versprechen, dass ich dafür sorge.“
Véroniques Aufregung rang mit ihrer Geduld, aber unter Mrs Dunstons wachsamem Blick wagte sie es nicht, sich auch nur einen Zentimeter zu rühren. Von der Stelle aus, an der sie und ihr Vater standen, konnte sie nur die letzten Sitzreihen auf der rechten Seite sehen. Alle Plätze waren besetzt.
Larson führte zuerst Kathryn durch den Gang, gefolgt von Hannah und dem kleinen Bobby. Als Lilly an der Reihe war, trat sie vor und legte die Hand auf Peters Arm. Lilly lächelte zu ihm hinauf, und das Funkeln in den Augen der beiden war nicht zu übersehen.
Bevor der Vorhang wieder nach unten fiel, erhaschte Véronique einen Blick auf silberweiße Haare, auf denen sich das Sonnenlicht spiegelte. Miss Maudie. Die liebe Frau saß direkt neben dem Mittelgang, und an ihrer Seite war Monsieur Colby. Miss Maudie war Gastgeberin des Hochzeitsessens auf Casaroja nach der Trauung. Véronique konnte es kaum erwarten zu sehen, was ihre Freundin geplant hatte.
Als Mrs Dunston nickte, führte ihr Vater sie näher an den Eingang des verhängten Zeltes heran. Die Musik spielte noch einige Takte länger. Dann schwebten die letzten Töne in der Luft und verhallten langsam, bis Véronique nichts anderes mehr hören konnte als das Plätschern des Fountain Creek.
Patrick wandte sich an die versammelten Freunde, und die Zeit schien plötzlich langsamer zu vergehen.
Sie konnte Jack noch nicht sehen, obwohl sie im Geiste sein Gesicht vor Augen hatte. Sie ließ ihren Blick über die vielen Menschen schweifen. Gott hatte sie in diesem neuen Land so sehr gesegnet. Diesen ganzen Segen hätte sie sich entgehen lassen, wenn sie Gottes Führung nicht gefolgt wäre. Sie wünschte nur, ihre Mutter könnte sehen, welchen Weg ihre Tochter zurückgelegt hatte.
Véronique beugte kurz den Kopf, berührte die Kamee an ihrem Hals und kehrte in Gedanken noch einmal in eine andere Welt zurück, zu einem Tag, den sie immer im Gedächtnis behalten würde: der Tag, an dem sie das Bild von Versailles gemalt hatte. Im Geiste schlenderte sie Hand in Hand mit ihrer geliebten Mutter durch die Gärten und setzte sich an den Kanal, wo sie beide Brot, Wein und Käse genossen. Sie stellte sich ihr Leben als Leinwand vor und die Ereignisse darin als winzige Pinselstriche. Aus der Nähe betrachtet, bedeuteten sie nicht viel. Aber aus der richtigen Perspektive geschehen war jeder Farbpunkt, jede Nuance, egal ob klein oder groß, dunkel oder hell, ein Teil eines großen Ganzen, das zu ihrem ewigen Wohl bestimmt war. Das hatte Gott ihr in den letzten Monaten klar gemacht.
Sie bat Gott darum, dass sie das nie vergessen würde.
Die Geigenmusik setzte wieder ein. Der Vorhang vor dem Eingang teilte sich. Véronique hob den Blick und sah den Mann, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen wollte, am anderen Ende des Gangs auf sie warten.
* * *
Jack stocherte in dem Feuer, da er seiner Braut so viel Zeit lassen wollte, wie sie brauchte. Er hatte zweimal den Kamin kontrolliert, um sicherzugehen, dass nirgends Rauch austrat, und er widerstand dem Drang, noch einmal in die kühle Nachtluft hinauszugehen und nachzusehen.
Ihre Blockhütte war stabil. Wenigstens der Teil der Hütte, den er bis jetzt gebaut hatte. Es waren nur zwei Zimmer, aber bevor der Winter Einzug hielt, wollte er noch ein Zimmer für Véroniques Vater und Peter anbauen.
Er warf einen Blick auf die Schlafzimmertür und fragte sich, wie lange sie nun schon da drinnen war. Es kam ihm wie Stunden vor, aber die Uhr auf dem Kaminsims verriet, dass noch nicht viel Zeit vergangen war.
Die Hochzeit am heutigen Morgen würde er für immer in Erinnerung behalten. Sie war einfach spektakulär gewesen. Das alles verdankte er seiner Braut. Anscheinend war die ganze Stadt gekommen, aber er erinnerte sich nur an sehr wenige Gesichter.
Sobald Véronique den Mittelgang betreten hatte, hatte er keinen Blick mehr für etwas anderes oder jemand anderen gehabt als für sie.
Er sah wieder zur Schlafzimmertür. Dann zog er einen Stuhl heraus und setzte sich rittlings darauf. Er überlegte gerade, ob er sich noch ein Glas von Miss Maudies Apfelmost einschenken sollte, als die Tür aufging.
Er sprang auf.
Véronique trat heraus. Er schluckte schwer und wünschte sich plötzlich, er hätte etwas Stärkeres als Apfelmost.
Ihr Nachthemd war eleganter als alles, was er sich hätte vorstellen können. Er wollte sich nicht beklagen. Als er sah, wie das Nachthemd sich an einigen Stellen
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