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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Data» über der Laderampe hän-
gen blieb und ein paar ausgewählte Mitarbeiter von Apple
übernommen wurden –, erschien Haskells Crossing wie
eine märchenhafte Abstraktion, ein auf ideale Weise abge-
legener und unbekannter Ort für ihr neues gemeinsames
Leben. Doch keine Kleinstadt sieht sich selbst als abge-
legen und unbekannt; ihre Bewohner leben im Zentrum
des Universums. Nach fünfundzwanzig Jahren sind Owen
und Julia in dieses Zentrum eingewoben. Ihre Beziehung
ist liebevoll, aber überschattet. Er denkt jeden Tag an
Phyllis, obwohl ihr Bild selten quälend in seine Träume
eindringt; stattdessen gibt es eine generische, im Traum
vorkommende Ehefrau-Gestalt, von der Owen beim Er-
wachen nicht mit Sicherheit sagen kann, ob es Julia oder
Phyllis oder eine ganz andere Frau gewesen ist. Manch-
mal steht sie einem Haus vor, das mit seinen Nischen und
Dielenfußböden und herumliegenden Spielsachen und
angestoßenen Tellern und Tassen sein erstes Haus ist, das
Zuhause von Isaac und Anna Rausch an der Mifflin Ave-
nue in Willow. Alles in diesem Haus, jedes noch so be-
langlose kleine Objekt und jeder Quadratflecken Teppich
war mit Bedeutung befrachtet. Seine Mutter hatte in dem
Haus existiert als der Punkt, an dem alle Bedürfnisse zu-
sammenliefen – Ehefrau, Kind und Mutter, alles in einem,             und sie schwebte zwischen Owens Kopf und der Zimmer-
decke, eine ständige Stimme in mittlerer Entfernung, da,
wo der Blick aus dem Fenster mit der schmutzigen Tapete
zusammentraf.
    Einmal erinnerte ihn ein Traum von dem Haus daran,
dass seine Mutter Tapetenreiniger gekauft hatte, eine kitt-
artige rosa Masse in einem zylindrischen Behälter, ähnlich
dem der Quaker-Haferflocken. Er und sein Vater wurden
eingeteilt, mit einem Ball dieser fleischigen Masse das trü-
be Muster großer gelber Rosen und grüner dorniger Stie-
le im Schlafzimmer seiner Eltern abzureiben; als er, der
Kleine, an der Reihe war, fand er die Arbeit anstrengend
und intim, weil er mit der Nase so dicht an der ein wenig
rauen, leicht verblassten Maserung der hoffnungslos gro-
ßen Papierfläche war. Vom unsichtbaren Kohlenstaub, aus
Tausenden von Schornsteinen hereingeweht, wurde die
süßlich riechende, klebrige Masse in seinen Händen all-
mählich grau. Die Arbeit, mit der er da beauftragt worden
war, für den kleinen Owen so etwas wie ein Schritt nach
oben, zu den Pflichten der Erwachsenen hin, blieb ihm in
Erinnerung als ein Beispiel für die Hitzigkeit seiner Mut-
ter – ihre Art sich aufzureiben im Widerstand gegen die
Dinge, wie sie waren. Seinem Vater und ihm war die Tape-
te sauber genug erschienen.
    Er überlegt, in welchem Maße Phyllis’ Ende suizidal
gewesen war. Wegen ihres Ausbruchs gegen ihn war sie
verspätet aufgebrochen und zu schnell gefahren und hat-
te sich, so viel stand fest, nicht einmal die Zeit genom-
men, den Sicherheitsgurt anzulegen; doch ein Schleudern
auf nassen Blättern zu arrangieren, ein Überschlagen und
einen Genickbruch zu inszenieren, das schien ihm uner-
reichbar präzise. Und warum sollte sie ihrem Leben ein        Ende machen, wenn sie doch eine neue Mission hatte –
ihn zu retten, vor sich selbst und vor Julia? Nein, der Unfall
war einfach ein Unfall, ein absurdes Zusammenfließen von
Atomen in Raum und Zeit, ein Wirbel unwahrscheinlicher
Zufälle. Und doch, sie war ihm hinderlich geworden, und
Owen führte einer frühen Überzeugung nach ein Leben,
das unter einem glücklichen Stern stand. Gott hatte Phyllis
getötet, um ihm einen Gefallen zu tun: Um sich vor diesem
blasphemischen Gedanken zu schützen, stellt er sich vor,
dass Phyllis, die schöne Mathematikstudentin, sich weg-
gekürzt hatte, so wie ein redundanter Terminus aus dem
Nenner oder dem Zähler eines komplexen Bruchs heraus-
fällt.
    Julia hatte in einem dunklen Schrank im zweiten Stock
Fotos und Dias von Phyllis verstaut, die aus der Zeit
stammten, ehe die Familien-Videos aufkamen, aber seine
vier Kinder durften ein Bild ihrer Mutter in ihren Zimmern
haben. Die Fotos sind noch da. Owen betrachtet sie oft,
nicht nur die bunten Schnappschüsse, sondern Atelierfotos
von der jungfräulichen Phyllis in einem Wespentaillenkleid
der Zeit, mit weitem Rock, die Ponyfransen glatt gebürstet
und der Blick etwas kess von der Seite her, eine Reaktion
auf die Scherze des Fotografen. Er gibt ihrem Geist – der in
seiner Unveränderlichkeit an Stärke gewinnt, während die
Lebenden schwächer werden – die Schuld für sein

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