0130 - Er zahlte mit seinem Blut
Es war der letzte Tag seines Lebens, und er hatte ihn wenigstens auf eine angenehme Weise verbracht. Daß in seinem Schlafwagenabteil schon sein Mörder wartete, konnte er ja nicht ahnen.
Eigentlich hatte die ganze Geschichte damit angefangen, daß der FBI-Boß von San Franzisko eines Morgens zu seiner Sekretärin gesagt hatte:
»Ach ja — und dann schicken Sie mir Jeffers rein. Rock Jeffers, ja? Sobald er im Haus aufkreuzt.«
»Jawohl, Sir«, hatte die Sekretärin erwidert.
Und eine Dreiviertelstunde später stand Rock Jeffers vor seinem Boß.
»Tut mir leid, Chef«, sagte er. »Ich konnte nicht früher kommen. Ich war in der Mayland-Sache unterwegs.«
»Schon gut, Jeffers. Setzen Sie sich. Ich möchte ein paar Worte mit Ihnen sprechen. Zigarre?«
»Lieber eine Zigarette.«
»Bedienen Sie sich.«
»Danke.«
Rock Jeffers ließ sich in den weichen Besuchersessel vor dem Schreibtisch des Chefs fallen und sah erwartungsvoll' seinen Boß an. Derartige Unterredungen waren keine Seltenheit für ihn. Immer, wenn das FBI in Frisco eine besonders schwere Nuß zu knacken hatte, rief der Boß nach Rock Jeffers. Und irgendwie schaffte es Rock dann auch immer, daß die Nuß geknackt wurde. Er rechnete damit, daß man ihm wieder einmal eine solche Nußknacker-Arbeit, wie er das mannte, übergeben wollte.
»Sagen Sie mal, Jeffers«, fing der Chef nach einem kurzen Grübeln an, »wieviel Mordanschläge gegen Sie wurden in den letzten vier Wochen! verübt?«
Rock stutzte. Er grinste leicht und murmelte:
»Moment, Chef. Auf diese Frage war ich nicht gefaßt. Da muß ich erst mal zusammenzählen. Also es ging los mit der Dynamitbombe in meinem Wagen. Mir fiel das Ticken des Zeitzünders auf, und deshalb wurde aus der Explosion nichts. Dann kam der Feuerüberfall aus dem schwarzen Chrysler, als ich gerade aus der Haustür kam.«
»Zwei Maschinenpistolen«, nickte der Boß. »Sie hatten wirklich mehr als Glück, daß Sie damals nicht die große Fahrt ins Jenseits antreten mußten.«
»Ein bißchen Glück muß der Mensch eben haben«, stimmte Rock bescheiden zu. »Aber die Kerle schossen auch verdammt schlecht. Bei uns könnten sie damit keinen Blumentopf gewinnen.«
»Sagen wir lieber: Sie waren mit Ihrem Hechtsprung quer über das Dach des vor der Tür parkenden Wagens hinweg so schnell in Deckung, daß auch bessere Schützen kaum eine Chance gehabt hätten, Sie zu erwischen. Nicht wahr?«
»Ja, ich habe mich natürlich ein bißchen beeilt. Wer läßt sich schon gern erschießen — noch dazu vor dem Frühstück?«
Der Boß lachte. Seine sonore Stimme hallte von den Wänden des geräumigen Arbeitszimmers wider.
»Und wie ging’s weiter?« wollte er wissen.
»Na, dann kam der bisher letzte Versuch, mich zu meinen Ahnen zu schicken. Das war der gemietete mexikanische Messerstecher, der mich mit zwei bildschönen kleinen Dolchen umarmen wollte.«
»Wie kamen Sie eigentlich auf den Verdacht, daß der Kerl etwas im Schilde führte? Er spielte doch den Betrunkenen, soviel ich weiß.«
»Ja, den spielte er. Er fing ein Gespräch mit mir an und sagte mir gut zwanzigmal, ich wäre der beste Amigo, den er je im Leben kennengelernt hätte. Und dann wollte er mich umarmen. Wobei er, wie gesagt, zwei Dolche in den Ärmeln sitzen hatte.«
»Und warum ließen Sie sich nicht darauf ein?«
Rock Jeffers zuckte verlegen die Schultern.
»Er stank nach' Knoblauch, Chef. So was mag ich nicht.«
Der FBI-Boß von Frisco schüttelte den Kopf.
»Manchmal weiß man wirklich nicht, Jeffers, ob Sie ein Narr sind, oder ob der Himmel eigens für Sie ständig einen Schutzengel unterwegs hat.«
»Beides, Chef«, sagte Rocky gelassen. »Narren und Schutzengel gehören zusammen.«
»Sie beweisen das«, erwiderte der Boß. »Na schön. Das waren also drei Mordversuche an Ihrer werten Person, und das innerhalb eines Monats. Sie sind der meistgehaßte G-man, der je über Friscoer Pflaster getrampelt ist!«
»Verstehe ich gar nicht«, sagte Jeffers. »Ich bin doch nur ein kleiner G-man!«
»Aber was für einer! Die Unterwelt weiß ganz genau, wem sie die größten Schlappen der letzten Jahre vorwiegend zu verdanken hat! No, Jeffers, Sie müssen einsehen, daß es nicht so weitergehen kann. Der Staat bezahlt Sie nicht nur für Ihre gute Arbeit, die Sie leisten, er fühlt sich auch in einem gewissen Sinne für Sie verantwortlich.«
»Du lieber Himmel!« stöhnte Jeffers. »Wenn sich der Staat zu sehr um einen kümmert, wird‘s selten etwas
Weitere Kostenlose Bücher