Landleben
umschlossen von der großen Hülle
des Familienlebens, ohne je Phyllis davon zu erzählen und
ohne je ans Telefon zu gehen, aber der Nachmittag wurde
dunkel und kalt, und sie gingen ins warme Haus, wo Phyl-
lis das Abendessen machte, den Hackbraten in den Ofen
schob und mit ihren fast unsichtbaren blassen Augenwim-
pern klapperte, um die Tränen vom Zwiebelschneiden, wie
er vermutete, loszuwerden. Sie war nicht ganz sie selbst, ihre Fröhlichkeit hatte etwas Künstliches und Bemühtes,
als sie am Tisch mit den Kindern sprach und die kleine
Eve auf ihrem Kinderstuhl mit Apfelmus und Karottenbrei
fütterte.
Als an diesem Abend die vier Kinder endlich im Bett
waren und er mit seinem Geständnis begann, schnitt sie
ihm das Wort ab. «Ich weiß Bescheid. Jock war heute
Nachmittag hier und hat mir erzählt. Willst du dich schei-
den lassen?»
«Nein.» Das Softballspiel mit den beiden älteren Kin-
dern, die sich so entschlossen an dem imaginären Mal auf-
gestellt, die Bewegungen von Spielern im Fernsehen nach-
geahmt und das Schlagholz so gerade in die Höhe gereckt
hatten, dass es direkt in den wolkigen, wilden Aprilhimmel
zeigte, ehe sie so rührend zum Schlag ausholten, hatte sei-
nen immer wiederkehrenden Traum, einen Fiebertraum,
von einem Leben mit Faye ausgelöscht.
«Dann solltest du das denen lieber sagen, bevor sie sich
scheiden lassen.»
An die darauf folgenden erregten Besprechungen – alle
vier bei einer erbitterten, zum Schluss betrunkenen Kon-
ferenz in dem Haus, in dem er mehr als einmal unerlaub-
ter Gast gewesen war, und dann, als sich das zunehmend
Öffentliche Nachspiel entfaltete, bei diversen Zusammen-
künften zu zweit, zwischen Jock und Phyllis, Jock und ihm,
Phyllis und ihm, Faye und Phyllis, jede Paarung außer der,
um die das Ganze ging – hatte Owen die mangelhafte Er-
innerung dessen, der in einer äußerst peinlichen Lage war.
Er wollte sich nicht daran erinnern. Einzelne Momente
jedoch blieben, während die Zusammenhänge im Verges-
sen verschmolzen, in seinem Gedächtnis hängen: so zum
Beispiel, wie Jock ihn in der Sitznische eines altmodischen Aluminium-Diners auf der Straße nach Lower Falls gefragt
hatte: «Hat sie bei dir Höhepunkte gehabt?»
Owen verstand die Frage als rüden Akt der Aggression,
als Vergeltungsschlag des Gehörnten, aber rückblickend
vermeinte er eine wässrige Ernsthaftigkeit in Jocks Au-
gen, in ihrem angestrengten, geröteten Weiß bemerkt zu
haben. Was wäre die aufrichtige Antwort gewesen? Es war
zu peinlich – Owen war sich nicht sicher. Faye war so liebe-
voll gewesen, hatte immer gelächelt und ihren Rendezvous
(erbärmlich wenigen, in der Rückschau betrachtet) eine so
frohe Aura der Erregung verliehen, dass er es angenommen
hatte – ohne einen weiteren Beweis als seine eigene, leicht
erreichte Befriedigung. Sie lag unter ihm, die Augen ge-
schlossen, ein leises Pulsieren in den Lidern, und wenn sie
die Augen aufmachte, beschenkte sie ihn mit ihrem herr-
lichen breiten Grinsen und sprach mit einer Stimme, die
höher und scheuer war als sonst. Phyllis, die er für kühler
und oft nicht besonders interessiert hielt, ließ klarere An-
zeichen von einem Orgasmus erkennen. Aber, so erklärte
er es sich, in diesem Bereich, in dem seine Bildung noch
wachsen sollte, musste die weibliche Sexualität die unter-
schiedlichsten Ausformungen haben. Er stellte sich eine
Art Harfe vor, deren Saiten zwar immer sanft summten,
aber von sehr unterschiedlicher Länge und Dicke waren.
Doch die Vorstellung, dass Faye Höhepunkte vorgetäuscht
oder, ohne zum Höhepunkt zu kommen, Zufriedenheit si-
muliert hatte, ohne zu protestieren – dass sie unter ihrem
auffälligen Gebaren und ihrem zur Schau getragenen Feuer
frigide gewesen war –, verletzte sein Bild von ihr; sie hatte
ihn hintergangen.
Auch Phyllis trug während des langen Nachspiels dazu
bei, sein Bild von Faye zu schmälern und ihn mit seinem Verlust zu versöhnen. «Habt ihr Kindsköpfe», fragte sie
ihn, «denn nie ernsthaft über Scheidung und Wiederver-
heiratung gesprochen?«
Er konnte sich nicht genau daran erinnern erinnern. Er hatte mehr als einmal gesagt, wie schön es sein müsste, wenn sie seine Frau wäre, aber das war noch kein Heiratsantrag, oder? Es war ein Traum, ein anderes Universum.
«Mir scheint es offensichtlich», fuhr Phyllis, die das Pro-
blem wie eines der Topologie betrachtete, in mildem Ton
fort, «dass sie das wollte Jock sorgt gut für sie finanziell,
aber als
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