Landleben
wie einen Umzug und einen
Schulwechsel füt die beiden verwirrten, zarten Kinder der
Dunhams. Als er Phyllis geheiratet hatte, war das unter
Aufsicht Erwachsener geschehen, und als er seine Kinder
zeugte – ein grober Eingriff in die Statistik der Welt –, war
das unter Phyllis’ Aufsicht geschehen. Aber Faye zu ficken
war seine Idee gewesen, oder vielleicht ihre, die er aber
bereitwillig zu seiner gemacht hatte, allein mit ihr unter
dem Viereck des Himmels, mit den Krähen und dem Bett
aus weichem Gras hinter dem heiligen Fels.
Zu Beginn seiner Genesung konzentrierte er sich mit
der Eingeschränktheit eines Invaliden auf seine Fami-
lie – die vier Kinder, die sich wie Regenwürmer ihren Weg
durch die Substanz der Welt bahnten, auf Steinchen wie
schlechte Schulzeugnisse oder den Tod eines Haustiers
stießen, aber weiter voranstrebten, heranwuchsen und sich
in immer vollständigeren und komplexeren Sätzen aus-
drückten. Gregory wurde neun und hatte plötzlich lauter
Sport-Statistiken im Kopf. Iris war siebeneinhalb und fand
Spaß daran, ihre Barbie-Puppen auszuziehen, musste dann aber feststellen, dass sie den harten Plastikkörpern die en-
gen kleinen Kleider nicht wieder anziehen konnte. Owen
hatte eher als Phyllis die Geduld, so lange an den Sachen
zu zerren und zu ziehen, bis sich der Verschluss schließen
ließ; manche der Kleidungsstücke erinnerten ihn an die,
die Faye, spielerisch, zu tragen pflegte.
Er sei ein guter Vater, sagten die Mütter in ihrem Kreis
zu Phyllis, und sie sagte es ihm weiter, aber er wusste, dass
er es nicht war. Als Einzelkind, hoffnungslos egozentrisch,
konnte er diesen vier kleinen Wesen – Fremde angesichts
des überwältigenden Kosmos, jedes eine andere Mischung
aus seinen und Phyllis’ Genen und jedes auf andere Wei-
se empfänglich für die Kultur um sie herum – nicht die
gleiche krankhaft-hoffnungsvolle Zuwendung geben, die
seine Eltern und die Eltern seiner Mutter, aller Hoffnung
für sich selbst ledig, ihm entgegengebracht hatten. Er
war in der Minderzahl gewesen, vier Erwachsene und ein
Kind, und jetzt waren die vier Kinder in der Überzahl. Er
fühlte sich weniger als ihr Erzeuger denn als ihr Bruder,
und diese brüderliche Leichtigkeit, eine Liebe, die von
Ablenkung und Anflügen von Sadismus durchsetzt war,
charakterisierte seine Vaterschaft im Guten wie im Bö-
sen. Einerseits engte er seine Kinder nicht ein, anderer-
seits strebte er nicht danach, ihr Leben zu gestalten und
ihnen Verhaltensmuster aufzuoktroyieren. Im Leben der
Kinder gab es kaum so etwas wie die ermüdenden, lang-
weiligen und doch eindrucksvollen Sonntagsspaziergänge,
die er mit seinen Eltern gemacht hatte. Stattdessen war al-
les Trubel – Gekreische und Geschrei und lautes Rufen
nach Gerechtigkeit. Das Fernsehen und andere Kinder,
anfangs aus der gedrängten Nachbarschaft der Common
Lane, dann die Kinder ihrer Freunde, die in die Partridge- berry Road chauffiert und wieder zurückgefahren werden
mussten, füllten die wenige Zeit, die nach Schule und
geschwisterlichen Interaktionen noch blieb. Phyllis hatte
eine Internatsschule besucht, er immer Öffentliche Schu-
len, und sie beschlossen gemeinsam, mit öffentlichen
Schulen anzufangen, was am bequemsten und demokra-
tischsten war, und sich den Übergang zu schuldgeldpflich-
cigen Privatschulen vorzubehalten, falls die Bedürfnisse
eines der Kinder das anzuraten schienen. Er war stolz, dass
er diese von ihm abhängigen Menschen ernähren konnte,
von oben, sozusagen, aber in fast jeder anderen Hinsicht
bewegte er sich mitten unter ihnen und hatte Anteil an bei-
dem, an den Vergnügungen – Captain Kangaroo, The Sound
of Music – wie an der moralischen Verwirrung jener Zeit, als
ein aufkommender politischer Zorn die ferienartige Aus-
gelassenheit zu überschatten begann. Dennoch, nach Faye
war er jetzt in deutlich stärkerem Maße eine väterliche Prä-
senz und verbrachte den ganzen Sommer über einmal oder
zweimal in der Woche seine Mittagspause am Heron Pond,
zwischen den Libellen und den Erdnussbutterbroten und
den plaudernden, halb nackten Müttern.
Auch im Büro versuchte er sich wieder zu engagieren
und geduldig die langen, aber endlichen binären Ketten
zu knüpfen, diese wackligen Gerüste aus Unwägbarkei-
ten, die, sobald die Fehler beseitigt waren, Firmen in ei-
nem elektronischen Blinzeln die Informationen lieferten,
die bisher aus getippten oder handgeschriebenen Unter-
lagen mühsam zusammengesetzt werden mussten. Es
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