Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland
Prostitution einen »Ausduck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts« und machte deutlich, daß in der Generation der Studenten ein Umdenken stattgefunden hat, daß sie »sich zwar deutlich gegen alle Formen der Ausbeutung wenden, das Anbieten sexueller Dienstleistungen aber als vollkommen unproblematisch ansehen«. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks kritisierte die »Benachteiligungen von Prostituierten im rechtlichen und sozialen Bereich«. Die Industrie-und Handelskammer zu Berlin forderte eine Korrektur der Sichtweise, daß »durch Prostitution der Intimbereich der Frau in für sie entwürdigender Weise vermarktet und die Triebhaftigkeit der Freier ausgebeutet werde«, und verwies auf Einstellungsänderungen zur Homosexualität. Gleichzeitig empfahl sie, »Normen, die (...) der Bevölkerung nicht geläufig sind, sollten (...) auf ihre Notwendigkeit hin überprüft und ggf. ersatzlos gestrichen werden, um auf diese Weise in nennenswertem Umfang das deutsche Normendickicht zu deregulieren«. Der Deutsche Industrie-und Handelstag schrieb: »Der Staat, der zunehmend die Eigenverantwortung des Einzelnen fordert und fördert, kann für sich nur unter Begründungsdefiziten in Anspruch nehmen, die Bürger bei einem selbst gewählten Beruf vor sich selbst zu schützen.« »Aus Sicht des DGB und der Mitgliedsgewerkschaften müssen diese Tätigkeiten arbeits-vertrags- und sozialversicherungsfähig gemacht werden«, hieß es von höchster Gewerkschaftsseite. »Eine Voraussetzung dafür ist, dass diese nicht als sittenwidrig bezeichnet werden«. Die ÖTV beklagte ein hohes Maß an Doppelmoral,
»die den Kunden nutzt, den sich prostituierenden Frauen hingegen schadet«, und begrüßte eine berufsrechtliche Regelung mit dem Ziel, »die rechtliche Beurteilung dieser Tätigkeit als sittenwidrig abzuschaffen und damit arbeits-vertrags- und sozialversicherungsfähig zu machen«. Die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft verwies auf einen internen Meinungswandel: »Die Gewerkschaftsfrauen konnten sich nicht vorstellen, daß sich eine Frau freiwillig prostituieren würde. Die derzeitige gewerkschaftsinterne Diskussion (...) stellt fest, dass die rechtliche und soziale Benachteiligung von Prostituierten aufhören muss, dass die kriminellen Auswüchse bekämpft werden müssen und jeder Prostituierten als Frau das Recht zusteht, über die Wahl ihrer Arbeit selbstbestimmt zu entscheiden.« Zit. n. Urteilsbegründung Cafe Pssst!, VG 35 A 570.99, und Cay Dobberke: »Prostitution nicht unsittlich -Verbände halten zum Cafe Pssst!« im Tagesspiegel, 21. 11. 2000, S. 13.
8 Marina Zapf und Norbert Mappes-Niediek: »In armen Ländern finden Frauenhändler reiche Beute«. Financial Times Deutschland, 15.8.2001.
9 Wille, Reinhard, und Thomas-Jens Hansen: »Prostitution in Deutschland um die Jahrtausendwende - Empirische Befunde zu einem sozialrechtlichen Dilemma«. In: Sexuologie - Zeitschrift für sexualmedizinische Fortbildung und Forschung, Band VII, 2-3/2000, S. 144.
10 Robin Baker: Sex im 21. Jahrhundert. Limes Verlag, 2000, S. 365.
11 Robin Baker: Krieg der Spermien. Bergisch-Gladbach: Bastei-Lübbe, S. 401.
12 So tendieren spezialisierte Interessenvertretungen dazu, ihre Zielgruppen überzubewerten. Während ein bekanntes deutsches Hurenprojekt den Anteil nicht-deutscher Prostituierter an der Gesamtzahl bei 50-60% ansetzt, liegt er für die Frauenhandelslobbyistinnen des KOK (siehe Anmm. 216) bei geschätzten 80%.
Immer wieder haben Experten auf Verzerrungen und Ungenauigkeiten bei quantitativen Einschätzungen der Sexarbeit hingewiesen. Kleiber und Veiten meinen:
»In die Angaben gehen möglicherweise aufgrund politisch motivierter Opportunitätsüberlegungen, aber auch aufgrund des generellen Mangels an Wissen zum Dunkelfeld Gelegenheits-und Drogenprostitution
݆ber-und
Unterdimensionierungen‹ ein.« In: Kleiber, Dieter und Doris Veiten: Prostitutionskunden - Eine Untersuchung über soziale und psychologische Cha-rakteristika von Besuchern weiblicher Prostituierter in Zeiten von AIDS. Band 30
Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit. Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1994, S. 12. Leopold und Steffan schreiben: »Genaugenommen kann aufgrund der aktuellen Einschätzungen der Institutionen und Projekte vor Ort gar keine seriöse Gesamtschätzung abgegeben werden.« In: Beate Leopold und Elfriede Steffan: EVA-Projekt - Evaluierung unterstützender Maßnahmen beim Ausstieg aus der Prostitution,
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