Lass mich in Dein Herz
schnell aus ihrem Kopf bekommen.
Kein Wunder. So etwas passierte ihr nicht alle Tage. Während ihr Bewusstsein mit Zweifeln und Selbstvorwürfen rang, hatte ihr Körper einfach nur auf Ginas Berührungen reagiert. Und zwar sehr heftig. Hinterher empfand sie es als Verrat an Maren. Aber es nicht zu tun, wäre Verrat an ihrem Körper gewesen.
Nun ja. Es war eben passiert. Und ganz gewiss war es nicht unangenehm gewesen. Noch immer war sich Andrea nicht klar darüber, warum sie zu Gina gefahren war. Ginas Blicke allein konnten es doch nicht gewesen sein. Also war es körperliche Schwäche? Lag es daran, dass sie schon so lange nicht mehr mit einer Frau zusammengewesen war? Nein. Wohl nicht. Sie konnte sich beherrschen. Also eine Art magische Anziehung? Wie bescheuert das klang. Und doch fand sie keine andere Erklärung.
Bereust du die Nacht?
Ja, seufzte sie innerlich. Weil es nicht ihre Absicht gewesen war, eine Affäre einzugehen. Weder für kurze noch über längere Zeit. Und nein, weil es eine Nacht gewesen war, in der sie völlig gelöst sein konnte. Wenigstens für den Augenblick.
4.
S chon am nächsten Vormittag brachte Stefan die Bestätigung ihrer Vermutung. »Es ist zu 99,9 Prozent Valentin.«
»Woher wissen Sie das?« Andrea wandte sich ihm zu.
»Ich habe mit seiner Ex-Freundin gesprochen. Sie ist jetzt verheiratet und hat ein sechs Monate altes Kind. Angesichts von Valentins Entlassung war sie sehr nervös. – Bis vor vierzehn Tagen. Gleich am Tag seiner Entlassung tauchte Valentin bei ihr auf. Er war völlig ruhig und erklärte, dass er ihr nicht nachtrage, dass sie sich einem anderen Mann zugewandt habe – man beachte –, nachdem er , Valentin, so plötzlich aus ihrem Leben verschwunden sei. Was nicht seine Schuld gewesen wäre und schon gar nicht seine Absicht, aber das hätte sie ja nicht wissen können. Andere seien daran schuld, dass ihre Liebe zerstört worden sei. Es sei zwecklos, vergangenen Zeiten nachzutrauern. Sie solle ihr Leben leben.«
»Das ist kein Beweis«, warf Andrea ein. »Man könnte das auch als Einsicht werten.«
»Ich fürchte, Sie haben nicht richtig zugehört.« Die wachsende Besorgnis um seine glühend verehrte Chefin stand dem jungen Referendar ins Gesicht geschrieben.
»Das habe ich durchaus«, widersprach Andrea ruhiger, als sie sich fühlte. »Valentin lässt von seiner Ex-Freundin ab. Die Frau kann endlich wieder aufatmen.«
Stefan wollte etwas erwidern.
Andrea winkte ab. »Und«, fuhr sie fort, »er hat einen neuen Schuldigen gefunden.«
Stefan nickte. »Dreimal dürfen Sie raten, wen er wohl damit gemeint hat.«
Andrea seufzte. »Da gibt es nicht viel zu raten.«
»Sie müssen sich vor ihm schützen«, verlangte Stefan mit Nachdruck.
»Es ist leider nahezu unmöglich, sich vor einem Stalker zu schützen.« Andrea stand auf und verschränkte die Arme, während sie nachdenklich vor sich hinblickte. Sie atmete tief durch. »Der beste Schutz ist, ihn konsequent zu ignorieren und parallel dazu sämtliche Beweise für seine Belästigungen oder Übergriffe zu sammeln. Und alles zur Anzeige zu bringen, damit ein Protokoll aufgenommen wird, so dass eventuell ein Verfahren gegen ihn eingeleitet werden kann.«
»Und wenn er Sie nun überfällt?«
Genau diese Frage stellte auch ihre Schwester Carmen, als Andrea sie am Abend besuchte und von der unliebsamen Angelegenheit berichtete.
»Ich bin eine gute Sprinterin. Ich laufe weg«, erwiderte Andrea.
»Ich sage so etwas nur ungern«, meinte Carmen. »Du weißt, ich hasse Gewalt. Aber vielleicht wäre es besser, du trittst einmal kräftig an die richtige Stelle. Du weißt schon, welche ich meine. Und überhaupt. Was hältst du von einem Selbstverteidigungskurs?«
»Ich und Karate? Du machst Witze«, wehrte Andrea ab.
»Warum? Und wer spricht von Karate? Ich sagte Selbstverteidigung . Das kann jeder lernen. Bei mir um die Ecke gibt es eine Schule, die sehr gut sein soll. Wir könnten hingehen und uns die Sache mal ansehen.«
»Ich denke darüber nach«, sagte Andrea.
~*~*~*~
G ina seufzte. Ungefähr zum hundertsten Mal an diesem Tag.
Judith verdrehte genervt die Augen. »Ruf sie endlich an, verdammt noch mal!« Sie schloss die Tür ihres Umkleideschranks.
Gina rubbelte mit dem Handtuch ihr nasses Haar trocken. »Das bringt doch nichts. Wahrscheinlich wäre es ihr nur peinlich.«
»Na und? Daran hätte sie denken müssen, bevor sie mit dir in die Kiste gehüpft ist.« Judith lehnte sich abwartend an die
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