Lass mich in Dein Herz
Wand.
»Was soll ich ihr denn sagen? Dass ich sie vermisse? Dass ich nachts von ihr träume?«
»Nur nachts?« warf Judith spöttisch ein.
»Wenn sie mich nicht sehen will – und sie hat offensichtlich nicht den Wunsch –, kann ich mich ihr schlecht aufdrängen.« Gina warf das nasse Handtuch in ihre Sporttasche und zog resolut den Reißverschluss zu.
»Also, ich weiß nicht, was ich davon halten soll«, meinte Judith kopfschüttelnd. »Erst ruft sie tagelang nicht an. Plötzlich doch. Ihr verabredet euch, sie kommt nicht. Dann kommt sie doch, schläft mit dir und verschwindet wieder. Wenn du mich fragst, sei froh, dass du die Frau los bist. Du bist ohne sie besser dran.«
»Das tröstet mich im Moment wenig.« Gina seufzte.
»Lass uns noch einen Kaffee trinken gehen«, schlug Judith vor, als sie den Umkleideraum verließen.
Im gegenüberliegenden Restaurant griff Judith das Thema dann sofort wieder auf. »Wirklich, Gina, diese Andrea ist nichts für dich. Ganz offensichtlich weiß sie nicht, was sie will. Du solltest sie dir so schnell wie möglich aus dem Kopf schlagen.«
»Wie soll das denn gehen? Ich beschließe mal eben, nicht mehr an sie zu denken, und schon habe ich sie vergessen?« seufzte Gina. »Ich liebe sie!«
»Blödsinn! Du kennst sie doch gar nicht. Du redest dir da was ein«, erwiderte Judith unwirsch.
»Ich fühle mich so schlecht, weil ich mir etwas einbilde?«
»Ja. Das Ganze existiert nur in deinem Kopf.«
»Wenn es nur in meinem Kopf existieren würde, dann hätte ich Kopfschmerzen. Ich würde eine Tablette nehmen, und alles wäre vorbei. Ich probiere das gern nachher zu Hause aus, aber ich fürchte, der Erfolg wird ausbleiben.« Gina grinste schief, und Judith schüttelte verständnislos den Kopf.
Gina rührte geistesabwesend in ihrem Kaffee. Judith hatte ja vollkommen recht, wenn sie sie für verrückt hielt. Sie kannte Andrea nicht. Jedenfalls nicht in dem Sinne, den man langläufig unter kennen verstand. Gab es das? Dass man eine Frau nur sah und sich in sie verliebte? Vielleicht verwechselte sie das Gefühl in sich mit etwas anderem? Möglicherweise war es nur Begehren. Aber fühlte sie eine solche Leere nur aufgrund enttäuschten körperlichen Begehrens?
~*~*~*~
A ndrea erinnerte sich hundertprozentig, dass sie am Morgen die Wohnungstür abgeschlossen hatte. Jetzt stand sie einen Spalt offen. Eingedenk der Vorkommnisse der letzten Tage begannen in ihr alle Alarmglocken zu läuten.
Vorsichtig stieß sie mit dem Fuß die Tür auf. Es lag das gewohnte Bild vor ihr. Sie zögerte und lauschte. Nichts zu hören. Zögernd betrat sie den Flur. In äußerster Anspannung, bereit, auf jeden Laut hin aus der Wohnung zu flüchten, schlich sie langsam von Zimmer zu Zimmer.
Alles lag und stand an seinem Platz. Niemand außer ihr war da. Hätte die Wohnungstür nicht offengestanden, hätte nichts darauf hingewiesen, dass jemand in der Wohnung gewesen war. Derjenige – ziemlich sicher handelte es sich um Valentin – hätte einfach nur die Tür hinter sich zuziehen müssen. Ein Versehen?
Kaum anzunehmen. Valentin vergaß nicht, die Tür zu schließen, nachdem er sorgfältig darauf geachtet hatte, in der Wohnung keine Spur seiner Anwesenheit zu hinterlassen. Es war Absicht. Er wollte sie wissen lassen: Auch in deiner Wohnung bist du nicht vor mir sicher.
Andrea begab sich zum Telefon und rief die Polizei.
Nach fünfzehn Minuten klingelte es, zwei Beamte standen in der Tür. »Frau Jordan?«
Andrea nickte. »Ja.«
»Was ist passiert?« erkundigte sich der ältere der beiden.
»Ein Einbruch«, sagte Andrea.
»Was fehlt denn?«
»Nichts. Aber als ich nach Hause kam, stand meine Wohnungstür offen. Es war jemand hier.«
Der andere Beamte sah sich das Türschloss an. »Nichts zu sehen«, stellte er fest.
»Ich weiß genau, dass ich abgeschlossen hatte«, versicherte Andrea.
»Und Sie sind wirklich ganz sicher?« Die Beamten hatten oft genug mit Fällen zu tun, in denen das nicht der Fall war. Sie hatten eine skeptische Routine entwickelt, um unnötige Ermittlungen zu vermeiden.
Andrea wurde wütend, weil sie sich nicht ernstgenommen fühlte. Das war sie nicht gewöhnt, schon gar nicht von solch kleinen Beamten, die ihr sonst auf einen Blick hin gehorchten. »Ich bin Richterin am Amtsgericht«, informierte sie die Polizisten entschieden, »ich weiß genau, was ich tue.«
»Jordan«, wiederholte der ältere. »Sie sind Richterin Jordan?«
»Genau.« Andrea sah ihn
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