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Lasst Kinder wieder Kinder sein - Winterhoff, M: Lasst Kinder wieder Kinder sein

Titel: Lasst Kinder wieder Kinder sein - Winterhoff, M: Lasst Kinder wieder Kinder sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Winterhoff
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der sprachlich verdichteten Form eines Songtextes gut auf den Punkt gebracht. Die Welt dreht sich tatsächlich auch ohne uns, das haben wir nur heute verlernt zu glauben. Wir leben in der Furcht, die Welt stehe still, sobald wir uns nicht mehr in ihr betätigen. Das führt sogar so weit, dass einen manchmal ein ungutes Gefühl beschleicht, wenn man sich nach einer längeren Pause als gewohnt wieder an den Computer setzt und feststellt, dass kaum Mails gekommen sind, kaum Kommentare im Social Web und Ähnliches. Die Welt hat sich offensichtlich weitergedreht, ohne sich um uns zu kümmern. Das stellt unsere hochgedrehte Psyche vor ein ernsthaftes Problem.

    Dabei ist es genau das, was wir wieder erreichen sollten. Die Welt »Welt« sein lassen und ganz bei uns selbst sein. Die Menschheit kennt eigentlich viele Arten, um den Weg zu sich selbst wieder zu finden. Für gläubige Menschen findet das etwa in der Form des Gebetes statt, für andere ist die Versenkung in ein Kunstwerk der richtige Weg. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um die Betrachtung eines berühmten Bildes oder die Lektüre eines Unterhaltungsromans handelt; wichtig ist die Ungezwungenheit dieses Tuns, dazu gehört auch die Gewissheit, dass man dies nicht nur macht, um etwas zu machen, sondern weil es einem das Gefühl der Abgegrenztheit zur Außenwelt vermittelt.
    Kontemplation ist ein heute kaum noch gebräuchlicher Begriff, der aber gut beschreibt, worum es geht. Kontemplation, nicht im engeren religiösen Sinne verstanden, meint einen Zustand, in dem ich nichts brauche, weil ich mir selbst genüge. Dieser Zustand ist es, den wir wieder häufiger erreichen sollten.
    Man muss sich klarmachen, dass es verschiedene Wege gibt, in diesen Zustand zurückzukommen. Jeder wird diesen Weg für sich selbst finden müssen, deshalb kann und will ich hier gar keine Ratschläge erteilen. Wichtig ist, zu erkennen, wie die hier dargelegten Zusammenhänge dafür sorgen, dass in unserer Psyche der Hebel auf Katastrophe umgelegt ist und dass wir selbst es in der Hand haben, den Hebel wieder in die andere Richtung zu bewegen. Dazu gehört auch das Wissen um die beschriebenen Schutzmauern, anhand derer die Psyche das Umlegen des Hebels verhindert. Erst wenn klar ist, dass die Psyche sich gegen eine Rückkehr zu Stille und Entspannung wehrt, obwohl das im
ersten Moment unlogisch klingt, wird auch deutlich, warum es nicht funktionieren kann, »mal eben« für Entspannung zu sorgen.
     
     
    Was uns fehlt, sind Schlüsselerlebnisse
     
    Man kann die innere Ruhe also nicht im Wellness-Supermarkt einkaufen, und es reicht auch nicht, sich einfach nur ab und zu vorzunehmen, ruhiger zu handeln. Wie schaffen wir es trotzdem, es auszuhalten, dass die Welt ab und zu mal eine Runde ohne uns dreht?
    Um zu einer grundlegenden Veränderung zu kommen, bedarf es häufig eines unerwarteten Erlebnisses, das die bisherigen Ansichten über den Haufen wirft. Ein solcher AHA-Effekt wird häufig durch Schlüsselerlebnisse ausgelöst. Zu der Erkenntnis, die man durch ein solches Erlebnis erhält, konnte man vorher nicht gelangen, weil sie gar nicht vorstellbar war.
    Ein Schlüssel ist das Geheimnis des Zugangs zu einem dahinterliegenden Raum. Hinter verschlossenen Türen befindet sich häufig etwas, was wir unbedingt haben wollen. So auch hier. Hinter der Tür befinden sich Ausgeglichenheit, innere Ruhe und Intuition. Rational sagen wir selbstverständlich: »Die wollen wir haben.« Solange wir im Hamsterrad sind und nur rotieren, befinden wir uns jedoch vor der Tür und reden uns damit heraus, gar keine Zeit zu haben, nach dem Schlüssel zu suchen. In Wirklichkeit haben wir jedoch Angst vor dem, was sich hinter der Tür befindet, Angst, die aus unserer hochgedrehten Psyche entsteht, die sich in diesem Zustand halten möchte. Zum Suchen und Finden des Schlüssels müssen
wir uns folglich zwingen, anders geht es nicht. Das liegt an den bereits beschriebenen Schutzmauern der Psyche, die ständig versucht, sich im Katastrophenmodus zu halten. Um diesen Mechanismus zu durchbrechen, braucht es das Schlüsselerlebnis. Wie ein solches Schlüsselerlebnis aussehen könnte, will ich an einem Beispiel verdeutlichen, das in unserer säkularisierten Welt nur auf den ersten Blick etwas abseits des Normalen liegen mag.
    Wenn Sie versuchen, sich einen Ort vorzustellen, den Sie mit Stille, Ruhe und Abwesenheit von Stress in Verbindung bringen, wäre eine Kirche vermutlich durchaus naheliegend. Die klassische

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