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Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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worden war. Der Anblick dieses Gebäudes gab mir einen Stich ins Herz. Ryan lebte in einer dieser Wohnwaben.
    Ich verdrängte den Gedanken, schnappte mir meine Jacke und lief auf das Gebäude zu. Die Wolkendecke brach auf, aber der Tag war noch immer kühl und feucht. Ein auflandiger Wind, der den Geruch von Öl und Eiswasser mit sich brachte, zerrte an meinen Kleidern.
    Eine breite Treppe führte zur Carcajou-Zentrale im dritten Stock. Hinter der Glastür stand ein ausgestopfter Vielfraß, das Maskottchen, von dem die Einheit ihren Namen hatte. Männer und Frauen saßen an Schreibtischen in einem zentralen Großraumbüro, die Durchwahlnummern ihrer Anschlüsse standen in großen Ziffern auf Schildern über ihren Köpfen. Gerahmte Zeitungsausschnitte zierten jede Wand – Artikel über Carcajou-Jäger und ihre Beute.
    Einige hoben die Köpfe, die meisten blickten jedoch nicht auf, als ich zum Tisch der Sekretärin ging, einer Frau mittleren Alters mit zu stark getönten Haaren und einem Muttermal von der Größe eines Junikäfers auf der Wange. Sie hob den Blick gerade lange genug von ihren Papieren, um mir den Weg zu einem Konferenzraum zu beschreiben.
    Als ich eintrat, sah ich ein Dutzend Männer an einem langen, rechteckigen Tisch sitzen, einige andere lehnten an den Wänden. Der Leiter der Einheit, Jacques Roy, stand auf, als er mich sah. Er war klein und muskulös, sein Gesicht hatte eine gesunde Farbe, und seine grau melierten Haare trug er in der Mitte gescheitelt, sodass er aussah wie die Männer auf den Daguerreotypien der 1890er Jahre.
    »Dr. Brennan, wir sind ja so froh, dass Sie das für uns tun. Es wird sowohl für meine Ermittler als auch für die Leute in Ihrem Institut eine große Hilfe sein. Bitte.« Er deutete auf einen leeren Stuhl am Tisch.
    Ich hängte meine Jacke über die Stuhllehne und setzte mich. Während noch andere hereinkamen, erklärte Roy den Grund dieser Besprechung. Einige der Anwesenden waren erst kürzlich zur Carcajou versetzt worden. Andere waren bereits alte Hasen, hatten aber um eine Auffrischungssitzung gebeten. Roy würde einen schnellen Überblick über die Biker-Szene in Quebec geben. Und wenn Constable Quickwater eintraf, würde er von der FBI-Konferenz berichten, an der er in Quantico teilgenommen hatte.
    Ich kam mir vor wie in einer Zeitschleife. Es war genauso wie vor ein paar Tagen in Quantico, nur dass hier Französisch gesprochen wurde und das beschriebene Gemetzel an einem Ort stattgefunden hatte, den ich kannte und mochte.
    Die nächsten zwei Stunden gewährten mir einen Einblick in eine Welt, die nur wenige je kennen lernen. Und was ich erfuhr, jagte mir einen Schauer über den Rücken und blies mir einen Eishauch in die Seele.

6
    »Zunächst einmal ein paar Hintergrundinformationen.«
    Roy sprach vom Podium aus. Er hatte Notizen vor sich liegen, benutzte sie aber nicht.
    »Die ersten Outlaw-Motorradclubs entstanden kurz nach dem Zweiten Weltkrieg an der Westküste der USA. Einige der zurückkehrenden Veteranen kamen mit den sozialen Anforderungen des Friedens nicht zurecht und zogen es vor, auf Harley-Davidsons durchs Land zu brausen, die normalen Bürger zu belästigen und sich allgemein unbeliebt zu machen. Sie bildeten lose Gruppen mit Namen wie ›Booze Fighters‹, ›Galloping Gooses‹, ›Satan’s Sinners‹, ›Winos‹.Von Anfangs an waren diese Typen nicht gerade Kandidaten fürs Kardinalkollegium.«
    Gelächter und leise Kommentare.
    »Die Gruppe, von der die größte Wirkung ausgehen sollte, war eine Ansammlung von gesellschaftlichen Außenseitern, die sich selbst die ›Pissed Off Bastards of Bloomington‹ nannten. Aus diesen P. O. B. O. B. wurden schließlich die Hells Angels, die ihren Namen und ihr Symbol, den Totenkopf mit Helm, von einer Bomberstaffel des Zweiten Weltkriegs übernahmen. Ausgehend von dieser Gründungsortsgruppe in San Bernardino, Kalifornien –«
    »Die Höllenengel aus dem Heiligenstädtchen.« Ein Kommentar von hinten.
    »Genau.«
    »Von dieser Ortsgruppe aus verbreiteten sich die Hells Angels über ganz Nordamerika. Schließlich breiteten sich auch andere Gruppen zuerst national und dann international aus. Heute sind die großen vier die Hells Angels, die Outlaws, die Bandidos und die Pagans. Alle bis auf die Pagans haben Ortsgruppen auch außerhalb der Staaten, wenn auch nicht in einem solchen Umfang wie die Angels.«
    Ein Mann, der mir gegenübersaß, hob die Hand. Er hatte einen Schmerbauch und eine Stirnglatze und sah

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