Lasst uns ueber Liebe reden
Frisör.« Sie warf Jenny
einen flüchtigen Blick zu, griff nach ihrer Gabel und harkte damit durch den
Schlagsahneklecks auf ihrem Schokotörtchen. »Ich bin eine der Leiterinnen der
Diskussionsgruppe A. Bist du in A?«
Jenny
nickte und umklammerte mit beiden Händen die Sitzfläche ihres Stuhls, während
sie düster auf ihren Teller voll kalter, fettiger Fritten starrte. So ein Mist.
Blair Waldorf war nicht nur die einschüchterndste Zwölftklässlerin der Schule,
sondern auch die Ex-Freundin von Nate Archi- bald. Blair und Nate hatten immer
als das Traumpaar gegolten. Jeder hatte geglaubt, sie würden ein
Leben lang zusammenbleiben. Doch dann - seltsam, aber wahr - hatte Nate im
Central Park Jenny kennen gelernt und mit ihr gekifft, und danach war es mit
Blair vorbei gewesen.
Es war
Jennys erster Joint gewesen und Nate ihre erste große Liebe. Sie hätte es sich
vorher nicht träumen lassen, je einen älteren Freund zu haben. Und dann auch
noch einen so hübschen und coolen wie Nate. Nach zwei für sie unvorstellbar
schönen Monaten war sie Nate dann anscheinend langweilig geworden, und er hatte
ihr grausam das Herz gebrochen, indem er sie ausgerechnet an Silvester hatte
sitzen lassen. So gesehen gab es zwischen ihr und Blair Waldorf sogar eine
Gemeinsamkeit - sie waren vom selben Jungen verlassen worden. Nicht dass das
irgendetwas geändert hätte. Jenny war sich ziemlich sicher, dass Blair sie
trotzdem aus tiefster Seele hasste.
Natürlich
wusste Blair, dass Jenny die ballonbrüstige Schlampe aus der Neunten war, die ihr
ihren Natie ausgespannt hatte, aber sie wusste auch, dass kurz vor Neujahr
extrem peinliche Filmszenen von Jennys nacktem Stringtanga- Arsch im Internet
kursiert waren, worauf Nate die kleine Nutte ruckzuck abgesägt hatte. Blair
fand, Jenny hatte ihre gerechte Strafe bekommen. Sie weiterhin zu hassen, wäre
ihr viel zu anstrengend gewesen.
Jenny sah
von ihrem Teller auf. »Wer ist denn die andere Leiterin?«, fragte sie
schüchtern. Sie wünschte sich sehnlichst, die übrigen Mädchen würden
auftauchen, bevor Blair sie mit ihren makellos manikürten, pink schillernden
Fingernägeln skalpierte.
»Serena.«
Blair verdrehte die Augen. »Aber du kennst sie ja. Wann ist die mal pünktlich?«
Sie kämmte sich mit den Fingern durchs Haar und dachte an den Frisörtermin, den
sie in der doppelten Freistunde nach dem Mittagessen hatte. Sie würde sich ihre
kupferroten Strähnchen mahagonibraun tönen und sich einen ultramodernen,
stylishen Kurzhaarschnitt schneiden lassen; ungefähr wie Audrey Hepburn in
»Wie klaut man eine Million«.
»Oh.«
Jenny atmete auf. Serena van der Woodsen war zwar Blairs beste Freundin, aber
kein bisschen einschüchternd, sondern richtig nett.
»Hey,
Leute. Seid ihr Diskussionsgruppe A?« Eine schlaksige, sommersprossige
Neuntklässlerin namens Elise Wells ließ sich auf den Stuhl neben Jenny fallen.
Sie roch nach Babypuder und hatte strohige blonde Haare, die zu einem
kinnlangen Pagenkopf mit dickem Pony geschnitten waren. Also genau die Art von
Topfschnitt, die Kindermädchen ihren zweijährigen Schützlingen verpassen. »Ich
sag euch am besten gleich, dass ich ein Essproblem hab«, verkündete Elise.
»Ich krieg nichts runter, solange mir andere zugucken.«
Blair
nickte verständnisvoll und schob ihr Kuchenstück zur Seite. Im
Einführungsgespräch hatte Ms Doherty, die Sexu- alkunde- Lehrerin, den
künftigen Gruppenleiterinnen eingeschärft, den jüngeren Schülerinnen zuzuhören
und sich mit viel Feingefühl in ihre Lage zu versetzen. Ach? Als Blair in der
Neunten gewesen war, hatte Ms Doherty im Unterricht immer bloß von ihren
Ex-Freunden und all den Stellungen geredet, die sie im Bett ausprobiert hatten.
Aber da Ms Doherty zu den Lehrerinnen gehörte, die Blair um ein zusätzliches
Empfehlungsschreiben für Yale gebeten hatte, war sie fest entschlossen, die
beste Gruppenleiterin aller Zeiten zu werden. Sie wollte von den
Neuntklässlerinnen geliebt, nein, angebetet werden, und wenn eine von ihnen ein Problem damit hatte, in der Öffentlichkeit
zu essen, setzte sich Blair garantiert nicht vor sie hin und stopfte sich mit
Schokoladenkuchen voll. Erst recht nicht, wenn sie sowieso vorgehabt hatte,
ihn nach der Mittagspause umgehend wieder rauszu- kotzen.
Sie zog
einen Packen kopierter Blätter aus ihrer roten Bowlingtasche von Louis Vuitton.
»Körperwahrnehmung und Selbstvertrauen. Das sind zwei Themen, über die wir
beute reden wollen«, verkündete sie
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