Count Down
COUNT DOWN
© Judas-Verlag, 2013
Eine Kurzgeschichte
von
Matthias Goosen
Titelbild by Mischa-Models, Berlin 2013
Für Oliver G.
Einer für alle und alle für einen!
Auf Pfaden, dunkel, voller Grausen,
Wo nur böse Engel hausen,
wo ein Dämon, Nacht genannt,
Auf schwarzem Thron die Flügel spannt –
Aus jenem letzten Thule fand
Ich jüngst erst heim in dieses Land.
Edgar Allan Poe,
Traumland
COUNT DOWN
1. Teil
Die Nacht davor …
Es war das Blut, das Blut, das in ihnen kochte. Es war der Atem, der heiße Atem, den man spüren konnte. Es war ihr Herzschlag, der für Millionen von Menschen schlug. Es war ihr Leben, das in ungefähr 24 Stunden einem zylinderähnlichen Gerät, einer Rakete, übergeben werden würde. Es ist die Rede von Astronauten der Vereinigten Staaten. Sie steckten alle ihre Hoffnungen in diese Maschine und vertrauten ihr blindlings. Einer von den Mutigen war Seargent Satterfield …
Eigentlich ist es uns egal, ob wir heil zurückkommen werden, denn wir hatten versprochen, uns nicht an unserem Leben zu erfreuen, sondern zu glauben und zu hoffen. Dies taten wir auch. Ich, Seargent Satterfield und meine drei Kollegen, haben die Aufgabe, die Geheimnisse des Mondes weiter zu erforschen. Die Wissenschaftler waren nämlich der Ansicht, dass noch nicht alle Phänomene aufgeklärt waren, was den Mond betraf. Unsere Arbeit wird darin bestehen, mit neuartigen Mikroskopen und Untersuchungsgeräten das Gestein dort zu überprüfen – auf eine völlig andere Weise, als es bisher gemacht wurde. Dieses Projekt kostet dem Staat Unmengen von Dollar. Aber Geld spielt in Amerika keine Rolle. Auch während der Wirtschaftskrise geben wir es mit vollen Händen aus.
Wenn wir keine Familie hätten, wäre es nicht so wichtig, ob uns der Tod erwartet oder das Leben uns erhalten bleibt. Unsere Kinder und unsere Frauen sind doch viel wichtiger als die Wissenschaft. Aber nun ist es zu spät. Ich … wir alle … können nicht mehr zögern, nicht mehr zurück … wir sind das geworden, was wir einst unseren Vätern versprochen hatten: stattliche Männer. Und wie jeder Mann trage auch ich ein Geheimnis mit mir herum.
*
Viele amerikanische Soldaten werden so ausgebildet, dass sie ihre Familie vergessen und sie nur dann wichtig wird, wenn man Urlaub hat. Das Wohlergehen des Staates ist das Wichtigste und Erhabenste. Ich war auch einer von ihnen, ich war auch einer von der Sorte, die dem Staat Treue geschworen hat und ich schwöre ihm meine Treue noch heute, aber anders. Ich habe diesen Treueschwur erweitert und Platz gemacht für die Liebe, die wahre Liebe. Was für eine unvollkommene Welt, in der wir doch leben!
Jede Militärmacht trachtet nach unserem Leben, weil wir, die Amis, schon wieder eine neue Erfindung haben. Millionen, Milliarden Dollar werden für Experimente, Panzer, Waffen u.ä. ausgegeben. Wo wird das noch enden?
Morgen ist der große Tag, morgen wird mein Leben anders verlaufen als bisher. Ich werde in einem Ding festsitzen, das mich und die anderen auf den Mond transportieren wird. Ich werde mein Leben aus einem anderen Blickwinkel sehen.
Es ist alles eine Frage des Prinzips. Das sagte mir einmal mein erster Ausbilder, Sergant Killian. Komisch, daß ich mich gerade an ihn erinnere, denn er war immer derjenige, der mich schikanierte und vor allen anderen bloßstellte. Erst als er merkte, dass ich sowieso nur das tat, was er sagte und seine Befehle befolgte, war ich schlagartig ein anderer Mensch in seinen Augen. Wir wurden auch privat gute Freunde. Mittlerweile ist er tot. Herzversagen. Ich mochte ihn, irgendwie, diesen alten Panzer, der glaubte, dass das Militär der höchste Eckpfeiler einer politischen Einheit darstellte.
Gottes Wege sind unerforschlich. Jedoch ist mein Weg mehr als nur unerforschlich. Vielleicht ist es der Weg aller Wege – und nur ich darf ihn gehen; fast so, als würde Neil Armstrong sagen: „Es ist ein kleiner Schritt für mich, aber ein riesiger Schritt für die Menschheit.“ Dieser Satz ging in die Geschichte ein. Er passt zu mir, muss ich gestehen.
Ich liege nun hier in meinem Bett ohne meine Frau, die immer mein Leben bestimmte. Wir ließen uns scheiden. Erst vor ein paar Monaten. Ich weiß noch immer nicht, wie ich darüber denken soll. Möglicherweise kommt sie ohne mich besser klar. Ganz
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