Last Exit
heran und stoppte neben ihrer Hand.
»Nehmen Sie sie«, forderte er.
Sie legte die rechte Hand darauf und stützte sich auf die linke, um sich hochzurappeln.
Er lehnte noch immer mit einem lässigen Lächeln in der Tür. »Keine falsche Scheu. Ich werde Ihnen nichts tun. Sie sollen nur wissen, dass Sie mir vertrauen können. Wenn Sie irgendwann meinen, dass ich Sie reinlegen will, richten Sie das Ding einfach auf mich und jagen mir eine Kugel in den Kopf. Nicht in die Brust – da könnte ich Sie vielleicht noch erreichen, bevor Sie wieder abdrücken.« Er tippte sich mitten auf die Stirn. »Dann ist die Sache garantiert erledigt.« Er löste sich aus dem Türrahmen. »Ich warte im Wohnzimmer. Lassen Sie sich Zeit.«
Erst nach zwanzig Minuten hatte sie sich so weit gesammelt, dass sie ihm gegenübertreten konnte. Sie überlegte, ob sie Hilfe rufen sollte, aber ihr Freund hatte keinen Festnetzanschluss, und ein flüchtiger Blick in den Gang zeigte ihr, dass Milo Weaver ihre Handtasche an sich genommen hatte. Als sie an der Wohnungstür vorbeischlurfte, sah sie, dass abgeschlossen war und der Schlüssel nicht steckte. Also ging sie mit zwei Tassen Kaffee, Zucker, Milch und der Pistole auf einem Tablett hinüber.
Er saß auf dem Sofa und blätterte in dem Roman von Kertész. »Unglaublich.«
Sie stellte das Tablett auf den Couchtisch neben ihre Handtasche und die Hausschlüssel. Dann griff sie schnell
nach der Waffe und steckte sie vorn in die Tasche an ihrem Sweatshirt. »Kertész? Kennen Sie ihn?«
»Nur den Namen. Nein, ich meine die Sprache.« Wieder betrachtete er die Seite und schüttelte den Kopf. »Nicht zu fassen, woher kommt so was?«
»Aus dem Ural vielleicht. So genau weiß das niemand. Es ist ein großes Rätsel.«
Er klappte das Buch zu und legte es auf den Tisch. Dann ließ er ein Stück Zucker in seinen Kaffee fallen und nippte an der Tasse. Er schien alle Zeit der Welt zu haben.
»Sie wollen also was über Henry erfahren.«
»Vor allem, wo er ist.«
»Das weiß ich nicht.«
Er atmete tief durch und nahm wieder einen Schluck. »Ich weiß, dass Sie im Krankenhaus waren, bevor er abgehauen ist. Vier Tage nacheinander, stundenlang jedes Mal. Und da soll er nicht erwähnt haben, dass er verschwinden will? Das können Sie mir nicht weismachen.«
»Er hat es erwähnt. Aber nicht, wohin.«
»Sie haben doch bestimmt eine Vermutung.«
»Er hat jemand angerufen.«
»Das ist doch schon was«, konstatierte Weaver. »Wen?«
»Keine Ahnung.«
»Welches Telefon hat er benutzt? Ihres?«
Sie schüttelte den Kopf. »Eins von den Krankenschwestern. Meins wollte er nicht nehmen.«
»Warum nicht?«
»Aus dem gleichen Grund, warum er mir nicht verraten hat, wo er hinwill. Er wollte mich nicht in Gefahr bringen.«
Weaver überlegte kurz, dann grinste er, als wäre ihm etwas Komisches eingefallen.
»Was ist?« Sie fixierte ihn beunruhigt.
»Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er die Story ganz allein recherchiert. Will er denn keine Hilfe von mir?«
Sie stand noch immer da, und die kleine Waffe lag erstaunlich schwer in ihrem Sweatshirt – aber vielleicht war es nur das Gewicht ihrer Furcht vor dem Ding. Sie mochte diesen Milo Weaver nicht. Er war weder charmant noch sexy, wie alle behaupteten. Möglicherweise waren die Leute von der CIA einfach so. Sie führten einen Auftrag aus, und jeden Menschen, der ihnen in die Quere kam – zum Beispiel eine verängstigte Freundin –, konnten sie nach Belieben herumschubsen.
Allerdings hatte sie die Waffe. Immerhin etwas. Das, was die CIA unter einer vertrauensbildenden Maßnahme verstand. Als sie sich auf einem Sessel niederließ, zog sie die Pistole heraus und legte sie sich aufs Knie. »Natürlich will er Ihre Hilfe. Aber er hat gesagt, dass ihm ein Einzelner jetzt nicht mehr helfen kann. Nicht, wenn die ganze CIA ihn umbringen will. Er erwartet keine Unterstützung mehr von Ihnen.«
Weaver schien verwirrt. »Was soll das denn heißen?«
»Ich dachte, Sie können mir das erklären. Und vielleicht auch, warum Sie geschlagene vier Monate gebraucht haben, um hier aufzukreuzen und Ihre Unterstützung anzubieten. Das würde mich wirklich interessieren.«
Mit leerem Blick ließ er sich die Sache durch den Kopf gehen. Dann stellte er die Tasse zurück aufs Tablett und stand auf. Auch Zsuzsa erhob sich, die Pistole in beiden Händen.
»Danke«, sagte Weaver schließlich. »Sie haben meine Telefonnummer, für den Fall, dass er sich meldet?«
Sie
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