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Laugenweckle zum Frühstück

Laugenweckle zum Frühstück

Titel: Laugenweckle zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kabatek
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leergraimt hod er!« Das Fenster wurde mit Schwung zugedonnert.
    Ich blieb in der Dunkelheit stehen. Natürlich hatte ich nicht erwartet, Eric anzutreffen. Aber erst jetzt konnte ich sicher sein, dass das Kapitel Eric M. Hollister in meinem Leben ein für allemal abgeschlossen war. Mir war kalt. Es war Zeit, zu Lila zu gehen.
    »Line, Gottseidank! Ich dachte schon, die Mafia hätte dich kassiert!«
    »Eric ist weg!«
    »Tonio ist abgehauen!«
    »Eric hat alles mitgenommen!«
    »Tonio hat alles mitgenommen, sogar meine Maria-Hell-wig-DVD, und die letzte Miete nicht bezahlt!«
    »Eric hat die letzte Miete auch nicht bezahlt, und meine Vermieterin hat mir gekündigt!«
    »Zieh’ bei mir ein!«
    »Hurra!«
    Wir fielen uns in die Arme. Und da galten Frauen als wortreich!

23. Kapitel |
Sonntag
    Don’t know the right words to say
.
I’m not magic
.
Don’t hold the world in my hands
.
Wish I could fly through the air, like a hero
,
but I’m just someone who loves you
.
That’s all I am
    »Die Bäume stehen vo-o-lle-er Laub ...« Der Kirchenchor sang mit Inbrunst die zweite Strophe von
Geh’ aus, mein Herz
. Die 82-jährige Frau Zeigerle, die mit ihrem Vibrato der Stärke sieben auf der nach oben offenen Richterskala die Sektgläser zum Klirren brachte, übersah mit Erfolg die hochgezogenen Augenbrauen der Chorleiterin, die beschwörend in ihre Richtung blickte und vor lauter Anstrengung schon aussah, als hätte sie ihre Stirn mit Botox behandelt. Dorle thronte am Kopf einer endlosen weißen Tafel und strahlte. Sie hatte für die erste Überraschung des Tages gesorgt, indem sie in einem lindgrünen Ensemble aufgekreuzt war. Lindgrün! Dorle und lindgrün!
    Katharina hatte Dorle in zähen diplomatischen Verhandlungen davon überzeugt, dass eine gesangliche Darbietung der Familie das Geburtstagsfest nicht unbedingt bereichern würde. Zum Ausgleich trug Lena mehrere von Shakespeare inspirierte selbst gedichtete Sonette vor, in denen Dorle mit einem Sommertag verglichen wurde, und Vater zeigte Dias mit Gelbstich. Olga glänzte wie erwartet durch Abwesenheit.
    Die fünfzehn Liedstrophen brachten mich automatisch dazu, über mein Leben nachzudenken. Das hatte ich in letzter Zeit vermieden. Die Bilanz fiel mäßig aus. Seit ein paar Wochen wohnte ich bei Lila. Das war noch der beste Teil. Einen Tag ohne Lila, Suffragette und Prosecco konnte ich mir schon nicht mehr vorstellen. McGöckele hatte die Plakate beseitigt und als neues Motiv ein dralles blondes Mädel mit großen Brüsten gewählt, das aussah, als könne es auf dem Cannstatter Volksfest problemlos in jeder Hand drei Bierkrüge stemmen. Das Arbeitsamt hatte zwar die Bezugskürzung zurückgenommen, bombardierte mich aber nach wie vor mit seltsamen Schreiben und bestellte mich zu absurden Gesprächsterminen mit Frau Mösenfechtel ein. Ich hatte ein, zwei Vorstellungsgespräche in Agenturen absolviert, ohne Erfolg, und Leon – das war der Teil meines Lebens, über den ich am wenigsten nachdenken wollte –, Leon war ich zum Glück nur noch einmal im Flur begegnet, als ich mit Herrn Tellerles Hilfe (»Net, dass Sie sich verlupfed!«) meine kaputten Kühlschränke für den Sperrmüll auf die Straße beförderte. Wir hatten uns aneinander vorbeigedrückt und einen Gruß gemurmelt. Vorher hatte er ab und zu Zettel an meine Tür geklebt oder Nachrichten in meinen Briefkasten geworfen, auf denen immer das Gleiche stand: »Lass uns bitte reden.« Ich sammelte die Zettel und verbrannte sie irgendwann feierlich in meinem Alu-Papierkorb (leider sprang dabei ein Funke über und brannte ein Loch in den Teppichboden). Leon war eine Affäre, mehr nicht. Zum Glück war ich nicht schwanger. Lila hatte natürlich so lange gebohrt, bis ich ihr mein Herz ausgeschüttet hatte. In regelmäßigen Abständen versuchte sie mich davon zu überzeugen, Leon anzurufen, aber ich weigerte mich kategorisch.
    Beim Umzug war noch etwas Merkwürdiges passiert. Als ich meine Unterwäsche aus dem Schrank räumte, stieß ich ganz zuunterst auf den weißen Push-up-BH samt Höschen, die mir bei meiner ersten Begegnung mit Leon abhanden gekommen waren. Wobei sowohl BH als auch Slip einen leichten Grauschleier aufwiesen, obwohl ich hätte schwören können, dass ich beides noch nicht gewaschen hatte. Ich starrte irritiert auf die beiden Wäscheteile und versuchte nüchtern festzustellen, ob ich jetzt vollends durchdrehte. Dann fiel mir die Geschichte vom Kaninchen ein, das eines natürlichen Todes gestorben

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