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Laura Leander 06 - Laura und das Labyrinth des Lichts

Laura Leander 06 - Laura und das Labyrinth des Lichts

Titel: Laura Leander 06 - Laura und das Labyrinth des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freund
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Eingangstür zurückgehen, als ihr die Spuren im Schnee auffielen: Deutlich erkennbare Schuhabdrücke führten aus dem Garten direkt auf die Terrassentür zu, brachen aber gut zwei Meter davor unvermittelt ab. Vermutlich war die Person dort stehen geblieben. Exakt an der gleichen Stelle wie die schattenhafte Gestalt, deren Spiegelbild Laura zu sehen geglaubt hatte. Aber wieso hatte niemand mehr dort gestanden, als Laura sich danach umgedreht hatte?
    Das Mädchen schluckte beklommen. Was ging hier vor? So sehr Laura sich auch den Kopf zermarterte, sie fand keine vernünftige Erklärung für das unheimliche Geschehen. Bis auf eine, mit der sie sich schließlich zufriedengab: Wahrscheinlich waren die Abdrücke schon vorher da gewesen, und sie hatte sie nur übersehen.
    Eine halbe Stunde später legte Laura sich auf das Schlaflager, das sie sich auf der Wohnzimmercouch zurechtgemacht hatte. Nach einem hastigen Abendessen aus dem Kühlschrank fühlte sie sich satt und erschöpft. Sie zog die Decke über sich, gähnte herzhaft und schloss die Augen. Kaum eine Minute später war nur noch ihr regelmäßiger Atem zu hören – Laura schlief tief und fest. Die Gestalt, die in diesem Moment durch die Terrassentür ins Wohnzimmer starrte, nahm sie nicht mehr wahr.
    Es war ein schattengleiches Mädchen, von gleichem Alter und gleicher Größe wie Laura. Auch seine Frisur war identisch. Die Haare jedoch waren pechschwarz, die dunklen Augen über den eingefallenen Wangen lagen in tiefen Höhlen. Als das Mädchen die schlafende Laura erblickte, verzerrte sich sein totenbleiches Gesicht zu einer Fratze abgrundtiefen Hasses. Es fauchte, und die Augen leuchteten feuerrot auf. Augenblicke später war die unheimliche Schattengestalt wieder verschwunden. Keine Spur war mehr von ihr zu sehen, als hätte die Nacht sie verschluckt.
     
    A m Anfang«, so erzählte der Weiße Ritter, während die Flammen immer weiter in sich zusammenfielen und das Feuer allmählich erlosch, »gab es bloß weiße Einhörner, die frei und nur dem eigenen Willen gehorchend auf Aventerra lebten. Alle waren gleich und keines von ihnen neidete dem anderen etwas. Eines Tages jedoch, etwa zur gleichen Zeit, als der damalige Wolkentänzer Beliaal seine Rebellion gegen den König lostrat, wollte sich eines von ihnen, ein besonders kräftiger und stolzer Hengst, zum Herrscher über die anderen aufschwingen.
    Er versuchte fortan, seinen Artgenossen den eigenen Willen aufzuzwingen. Doch die ließen sich das nicht gefallen und verstießen den Abtrünnigen. Gleichzeitig sprachen die Geister einen Bann über das hochmütige Einhorn aus und verfügten, dass es nie wieder den Karfunkelwald betreten sollte. Aus Wut und Enttäuschung färbte sich sein Fell pechschwarz, und das Horn auf seiner Stirn wurde blutig rot. Alle magischen Fähigkeiten aber, die den Einhörnern zu eigen waren, verkehrten sich bei ihm in ihr Gegenteil. Wenn das schwarze Einhorn mit seinem Horn einen Wasserlauf berührte, wurde dieser sofort vergiftet – und wen seine Tränen benetzten, der erstarrte zu Stein.
    Der mittlerweile vom Himmel in den Schwarzen Schlund gestürzte Beliaal erkannte die großen Möglichkeiten, die sich ihm damit boten, und gewährte dem schwarzen Einhorn Zuflucht im Schattenwald. Er schützte dessen Herz auf die gleiche Weise wie das eigene, und so weilt dieses abtrünnige Einhorn noch immer unter uns, genau wie der Dämon des Todes.«
    Alienors Augen lagen mittlerweile im Schatten, denn die spärlichen Flammen vermochten das Gesicht des Mädchens kaum mehr zu erhellen. Dennoch war das Entsetzen darin deutlich erkennbar. »Ich verstehe nicht so recht, wozu Beliaal dann die Prinzessin braucht«, flüsterte sie.
    »Ist das nicht naheliegend?«, entgegnete der Weiße Ritter. »Der Herrscher der Finsternis strebt danach, eine ganze Herde von schwarzen Einhörnern zu besitzen. Aber dazu benötigt er eine Königin, die vom rechten Weg abgekommen ist. In all den Jahren geschah es zwar immer wieder mal, dass eine Stute den Verlockungen seines schwarzen Hengstes erlegen und in sein Lager übergewechselt ist – aber noch niemals eine Königin!
    So wartet Beliaal bis zum heutigen Tage darauf, dass sein Schwarzer Hengst eine Schwarze Prinzessin zeugt, und genau dazu braucht er die neugeborene Königin. Wenn es ihm nämlich gelingt, sie bis zur Wintersonnenwende im Herz der Finsternis gefangen zu halten, wird sie sich in ein schwarzes Einhorn verwandeln. Damit wäre nicht nur das Schicksal der

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