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Laura Leander 06 - Laura und das Labyrinth des Lichts

Laura Leander 06 - Laura und das Labyrinth des Lichts

Titel: Laura Leander 06 - Laura und das Labyrinth des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freund
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nicht. Was sollte sie nur tun? Plötzlich kam ihr der rettende Einfall. Sie verengte den Blick und konzentrierte sich. Sekunden später schrillte das Telefon im Nebenzimmer, laut und unüberhörbar.
    »Ja, ja, ich komm ja schon«, schimpfte Herr Kardamon genervt und trippelte hastig davon.
    Als der Antiquar aber den Hörer abnahm, war niemand in der Leitung. »Merkwürdig«, wunderte er sich, bevor er in den Laden zurückkehrte. Das Mädchen war verschwunden. Was ihm ebenso seltsam wie ungezogen vorkam.
    »Na, so was«, brabbelte Herr Kardamon leise vor sich hin. »Warum hat die Kleine mich so schamlos angeschwindelt?« Aber mit Sicherheit hätte er sich noch viel mehr gewundert, wenn er gewusst hätte, wie Laura das Telefon zum Läuten gebracht hatte.
     
    Die Adresse, die der Antiquar ihr aufgeschrieben hatte, kam Laura bekannt vor. Hatte sie Maximilian Longolius vielleicht schon mal besucht? Oder warum sonst brachte die Anschrift ganz tief in ihrem Inneren eine Saite zum Klingen?
    Aber wenn eine solche Begegnung je stattgefunden hatte, dann jedenfalls nicht während einer Traumreise. Laura erinnerte sich klar und deutlich an alles, was sie je bei diesen Ausflügen erlebt hatte. Die Ereignisse ihres realen Lebens dagegen, insbesondere die vor ihrem dreizehnten Geburtstag, blieben weitgehend verschwommene Schattenbilder in ihrem Gedächtnis, auch wenn sich der Schleier darüber mehr und mehr lüftete.
    Longolius wohnte in der nahen Großstadt. Tagsüber ging er vermutlich seiner Arbeit nach, also beschloss Laura, mit ihrem Besuch bis zum Abend zu warten. Allerdings wusste sie noch nicht, wie sie nah genug an den Mann herankommen sollte, um mehr über seine finsteren Pläne zu erfahren. Sie vertraute einfach darauf, dass sich das schon irgendwie ergeben würde.
    Sie entschied sich gegen eine Traumreise und nahm den Bus dorthin. Gerade rechtzeitig fiel ihr ein, dass zur Zeit ihrer Geburt nicht Euro, sondern Deutsche Mark das gültige Zahlungsmittel gewesen waren. Glücklicherweise lag das Portemonnaie ihrer Mutter am gewohnten Platz, in der Schublade des Küchenschranks. Mit dem darin befindlichen Bargeld würde sie die nächsten Tage leicht überstehen, falls sie so lange in der Vergangenheit bleiben musste.
    Der freundliche Busfahrer erklärte Laura, welche Haltestelle der Wohnung von Longolius am nächsten lag: »Steig einfach an der Universitätsbibliothek aus. Das Penthouse von Herrn Longolius liegt direkt gegenüber.«
    »Sie kennen den Mann?«, wunderte sich das Mädchen.
    »Selbstverständlich.« Der Busfahrer lächelte und schob sich die speckige Schirmmütze in den Nacken. »Longolius ist doch bekannt wie ein bunter Hund.« Als er Lauras verblüfften Gesichtsausdruck bemerkte, schob er noch eine Erklärung nach: »Seine Geschichte ging durch alle Zeitungen. Noch vor ein paar Jahren hat er das größte und erfolgreichste Presseimperium des Landes besessen und dann nach und nach alles verloren. Nur der ›HOHENSTÄDTER BOTE‹ ist ihm geblieben, aber auch der soll kurz vor der Pleite stehen, wie man hört.«
    »Aber … wie kann er sich dann ein Penthouse leisten? Das ist doch bestimmt irre teuer!«
    »Du sagst es, Mädchen.« Der Busfahrer nickte mit grimmiger Miene. »Genau das habe ich mich auch schon gefragt. Aber diese feinen Herrschaften kennen wohl allerlei Schliche und Tricks. Wahrscheinlich sind sie nicht nur cleverer, sondern auch skrupelloser als unsereins!«
    Die Haltestelle befand sich vor einem großen Parkplatz, hinter dem sich ein prächtiges Sandsteingebäude erhob. Es stammte offensichtlich aus dem vorletzten Jahrhundert, darauf deutete jedenfalls die Säulenarchitektur der Vorderfront mit ihren verschnörkelten Kapitellen und prächtigen Friesen hin. Das musste die Universitätsbibliothek sein, von der der Fahrer gesprochen hatte.
    Wieder stiegen schemenhafte Erinnerungsfetzen aus den Tiefen von Lauras Bewusstsein: Waren Lukas und sie in dem Gebäude nicht mal in Todesgefahr geraten? Und hatte Laura nicht schon als Kind ihre Mutter dorthin begleitet? Unglücklicherweise gab ihr Gedächtnis darüber nichts Genaueres preis.
    Obwohl es erst kurz nach siebzehn Uhr war, hatte sich die Dunkelheit bereits über die Stadt gesenkt. Überall brannten Laternen. Auf den Straßen herrschte reger Feierabendverkehr. Dicht an dicht rauschten Autos über die vierspurige Hauptstraße, die an der Bibliothek vorbeiführte. Massen von Fußgängern schoben sich über die Bürgersteige. Menschen strebten auf

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