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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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bringen suchen.
    Man kann bei einer Nachforschung dieser Art etwas so Menschenfreundliches in den Ton legen, was jeden Verdacht einschläfert; – und ich bin überzeugt, die Schlange im Paradiese kam in ihrer Unterhaltung mit Eva diesem Ton ziemlich nahe; denn der Hang, den das schöne Geschlecht besitzt, sich täuschen zu lassen, konnte doch nicht so groß sein, dass sie (Eva) die Kühnheit gehabt haben sollte mit dem Teufel zu plaudern, wenn jenes nicht gewesen wäre. – Aber es gibt einen so menschenfreundlichen Ton: – wie soll ich ihn beschreiben? – es ist ein Ton, der den fraglichen Teil gewissermaßen mit einem Gewande bedeckt und dem Frager ein Recht gibt, darin so ins Detail zu gehen wie unser Leibarzt.
    Ob es später nicht nachgelassen habe?
    Ob es im Bett besser sei?
    Ob er auf beiden Seiten gleich gut liegen könne?
    Ob er im Stande sei ein Pferd zu besteigen?
    Ob ihm Bewegung schädlich sei?
    Diese und ähnliche Fragen wurden so zartfühlend gestellt und so auf das Herz meines Onkels Toby gemünzt, dass jeder Teil derselben zehn Mal tiefer in dieses Herz eindrang als das Übel selbst. Als aber Frau Wadman um Namur herumging, um nach dem Schambein meines Onkels Toby zu gelangen; als sie ihn veranlasste die vorgelegte Kontrescarpe anzugreifen, und pêle mêle mit den Holländern die Kontregarde von St. Roche mit dem Degen in der Faust zu nehmen, – als sie ihn dann in Tönen, die so zärtlich in sein Ohr klangen, mit Blut bedeckt aus der Transchée zog, sich die Augen wischte, als er nach seinem Zelt getragen wurde – Himmel! Erde! Meer! – Da erhob sich Alles in ihm – die Quellen der Natur liefen über, – ein Engel der Barmherzigkeit saß ja neben ihm auf dem Sopha, – sein Herz glühte wie Feuer; – und wenn er ihrer 1000 gehabt hätte, er hätte sie alle an Frau Wadman verloren. Und wo herum denn, mein lieber Herr, erhielten Sie diese böse Wunde? fragte Frau Wadman, etwas kategorisch. – Dabei warf Frau Wadman einen leichten Blick nach dem Bund von meines Onkels Toby roten Plüschhosen. Sie erwartete natürlich, dass mein Onkel Toby statt aller Antwort den Zeigefinger auf die Stelle legen werde. – Es fiel aber ganz anders aus; – denn da mein Onkel Toby seine Wunde vor dem Tor von St. Nicolaus in einer der Transchéetraversen gegenüber von dem ausspringenden Winkel der Halbbastion von St. Roche erhalten hatte, – so konnte er jeder Zeit eine Stecknadel auf den Punkt stecken, wo ihn der Stein getroffen hatte. Dieser Gedanke kam meinem Onkel Toby im Moment, – und zugleich fiel ihm ein, dass er ja einen großen Plan der Stadt und Zitadelle von Namur und Umgebung besaß, den er gekauft und mit Hilfe des Korporals während seiner langen Krankheit auf ein Bret geleimt hatte. Seither lag er mit anderem militärischen Plunder in der Bodenkammer; er schickte daher den Korporal dahin, um ihn zu holen.
    Mein Onkel Toby maß jetzt mit Frau Wadmans Schere dreissig Toisen vom einspringenden Winkel vor dem Tor von St. Nicolaus; und legte ihren Finger mit einer so jungfräulichen Bescheidenheit auf die Stelle, dass die Göttin der Züchtigkeit – wenn es damals eine gab – wo nicht, ihr Schatten – den Kopf schüttelte und mit einem Finger über ihre Augen fuhr und ihr verbot das Missverständnis aufzuklären.
    Unglückliche Frau Wadman!
    Denn nichts vermag dieses Kapitel mit einigem Geist zu Ende zu bringen als ein solcher Anruf; und doch sagt mir zugleich mein Herz, dass in einer solchen Krisis ein Anruf nur ein versteckter Hohn sei; und ehe ich einer unglücklichen Frau das antue – soll lieber das Kapitel zum Teufel fahren; vorausgesetzt, dass irgend ein verdammter dort angestellter Kritiker sich die Mühe nehmen wird, es mit zu nehmen.
     
    306. Kapitel
    Der Plan meines Onkels Toby wird in die Küche hinabgetragen.
     
    307. Kapitel
    Und hier ist die Maas – und da die Sambre, sagte der Korporal, und deutete mit der rechten Hand auf den Plan, während seine linke auf der Schulter der Jungfer Brigitte lag, – doch nicht auf derjenigen, die ihm zunächst war; – und dies, sagte er, ist die Stadt Namur, – und dies die Zitadelle, – und hier lagen die Franzosen, – und da lag Seine Gnaden und ich; – und in dieser verdammten Transchée, Jungfer Brigitte, sagte der Korporal und nahm sie bei der Hand, erhielt er die Wunde, die ihn hier so elend zerquetschte. – Bei diesen letzten Worten drückte er den Rücken ihrer Hand leicht gegen den Teil, für den er so tief fühlte, – und

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