Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
London, nachdem die ersten beiden Bände des Tristram ein Bestseller waren ... schließlich seine späte Affäre mit der rund 25 Jahre jüngeren Anglo-Inderin Eliza Draper, der Ehefrau eines Offiziers der Ostindien-Compagnie – all das wird dem literarischen Avantgardisten in seinem Heimatland nicht so leicht verziehen. – Außerhalb Englands aber war der Ruhm immer groß. In Frankreich war Denis Diderot mit Sterne befreundet, Voltaire lässt ihn hochleben, in Deutschland war neben Goethe und vielen anderen auch Nietzsche ein großer Sterne-Verehrer.
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Auch formal ist der Roman unkonventionell. Die Kapitel sind höchst unterschiedlich lang. Manche gehen über viele dutzend Seiten, andere bestehen nur aus einer oder zwei Zeilen. Ein Kapitel existiert gar nicht, wofür Sterne die amüsante Begründung gab: Es sei so gut gewesen, dass alle anderen daneben im Schatten gestanden hätten – also hätte er es wieder löschen müssen. Daneben arbeitet der Autor zum Teil mit typographischen Elementen – es gibt im Original verschiedene Text-Synopsen, geschwärzte oder marmorierte Seiten, eingefügte krakelige Linien sowie Auslassungen, symbolisiert durch Sternchen-Ansammlungen. Soweit es technisch möglich und sinnvoll ist, sind diese Besonderheiten in diesem eBook möglichst originalgetreu wiedergegeben.
Über den Autor
Laurence Sterne wird am 24. November 1713 in Clonmel, Irland, als Sohn des Roger Sterne, eines Fähnrichs in der englischen Armee, und dessen Ehefrau Agnes geboren. Sterne ist der Urenkel eines englischen Erzbischofs. Während seiner Kindheit folgt die Familie mit vielen Umzügen den ständig wechselnden Stationierungen des Vaters. Als Laurence 18 Jahre alt ist, stirbt sein Vater, wenig später beginnt er als Stipendiat in Cambridge Theologie zu studieren.
In York, wo er anschließend eine Pfarrstelle erhält, lernt der junge Pfarrer Sterne ein begütertes Mädchen kennen: Elizabeth Lumley. Die Werbungs- und Liebesbriefe (»In einem kleinen Landhäuschen möchte ich mit dir wohnen, von goldener Sonne beschienen, am Hang eines romantischen Hügels ...«) die er fortan an sie richtet, werden später zu literarischen Dokumenten. Denn der junge Mann fühlt sich so heftig und leidenschaftlich bewegt, dass er nach einer neuen Vokabel sucht, um seinen einzigartigen Zustand zu bezeichnen. Er findet das Wort »sentimental«. Sternes Worterfindung wird zum Motto einer ganzen Literaturepoche.
1741 heiratet Sterne Elizabeth Lumley, und sein Leben scheint bis 1760 in recht engen Bahnen zu verlaufen. Die Liebe zu Elizabeth erkaltet, Affären beginnen die Beziehung zu belasten. Vielleicht treibt ihn die unbefriedigende Ehesituation auch zum Schreiben seines Meisterwerks. Vieles ändert sich, als die beiden ersten Bände des Tristram Shandy erscheinen und Sterne zum Favoriten der literarischen Zirkel der Hauptstadt wird. Auf Parties der Londoner Gesellschaft wird er herumgereicht, neue Liebschaften sind die Folge.
1760 zieht Sterne nach London, pendelt von nun an zu seiner neuen Pfarrei in Shandy Hall in Coxwold. Nachdem er vier weitere Teile des Werks veröffentlichte, ermöglichen ihm die Buch-Einnahmen Reisen. Er geht für zweieinhalb Jahre nach Frankreich. Kehrt dann ohne seine Frau zurück, die sich dort niederlässt. 1765 zieht es ihn nach Italien, bis nach Neapel.
1767 beginnt er eine Affäre mit Eliza Draper, der Ehefrau eines Offiziers der East India Company. Nachdem 1767 der neunte und letzte Band des Tristram erschienen war, wandte sich Sterne einem neuen Projekt zu: der › Empfindsamen Reise‹ – Ergebnis seiner Frankreich- und Italien-Erfahrungen. Doch kurz nach Beginn an dieser Arbeit stirbt er, am 18. März 1768 in London an Tuberkulose.
Immer wieder wird die Geschichte kolportiert, Leichendiebe hätten Sternes Leichnam zwei Tage nach der Beerdigung aus dem Grab geraubt und an die Anatomie der Universität Cambridge verkauft. Laut Sterne-Biograph Henri Fluchère eine Legende. Die Geschichte dieses Leichenraubes, so Fluchère, sei von einem schriftstellernden Zeitgenossen Sternes erfunden, später jedoch dementiert worden, ohne dass ein halbes Dutzend Sterne-Biographen Lust gehabt hätte, von diesem Dementi Kenntnis zu nehmen.
Redaktion eClassica
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Quellen:
• Rudolf Walter Leonhardt: Tristram Shandy, in: Zeit-Bibliothek der 100 Bücher, Suhrkamp 1980
• ›Laurence Sterne: Die Säfte kreisen‹, Spiegel No. 35/1958
• Henri Fluchère: Laurence Sterne: De l'homme à
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