Lauschangriff - Im Visier der Feinde: Thriller (German Edition)
Albuquerque, das über 400 Kilometer im Norden direkt an der Interstate 25 lag.
Ibrahim und Yousaf waren jeweils in einem Ford untergebracht, Ben und Abu saßen auf der Rückbank eines Buick. Alle drei Fahrer trugen Jeans und Cowboystiefel, das übliche Outfit in diesem Landesteil.
Ibrahim war sich bewusst, dass es jetzt auf viele Dinge ankam, die früher unwichtig gewesen waren – sie durften nicht mehrzusammen gesehen werden und mussten sich immer so unauffällig wie möglich verhalten. Alles war jetzt wichtig geworden, Aussehen, Essgewohnheiten, Kleidung, die Zeitungen, die sie lasen. Man musste sie für Amerikaner halten.
Das alles aber trat in den Hintergrund vor dem, was wirklich zählte: Sie hatten die US-Grenze überschritten, waren jetzt in den USA und bereit für ihren Anschlag. Shakir Khans El-Kaida-Netzwerk unterstützte sie schon jetzt. Die Schläferzellen waren aktiv.
Sie waren auf ihrem Weg zur Ostküste, um im Namen Allahs und unter dem Banner des Propheten den nächsten großen islamistischen Anschlag auf den Großen Satan vorzubereiten. Das allein zählte. Ibrahim schlief den Schlaf des Gerechten, während sein junger Fahrer Abby Gamal aus Lahore den Ford nach Norden steuerte.
Die Leichen der beiden Grenzschützer, Officer Ray Carrol und Officer Matt D’Arcy, wurden etwa eine Stunde später von der nächsten Schicht entdeckt. Die Scheinwerfer des Jeeps waren an, der Motor lief noch.
Es kam relativ häufig zu Schießereien und Toten an der Grenze, aber nur sehr selten fanden dabei Grenzbeamte den Tod. Mexikanische Bauern, die über die Grenze wollten, waren nur selten bewaffnet; die meisten bewaffneten Auseinandersetzungen fanden mit Drogenkurieren statt, die durch die Hintertür in die USA wollten.
Keine Stunde nach dem Auffinden der Leichen waren sechs Streifenwagen der Polizei von New Mexico am Tatort, dazu mehrere Leute der Spurensicherung und einige Detectives der Mordkommission aus den Städten Deming und Las Cruces.
Hätte es sich bei den Toten um Mexikaner gehandelt, hätten die Behörden Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um alles unter Verschluss zu halten, bis die Diplomaten die mexikanische Regierung wieder einigermaßen beruhigt hätten. Hier aber lag der Fall anders. Laut Ansicht der Polizei waren Mexikaner dieTäter und Amerikaner die Opfer, die bei Ausübung ihrer Staatspflicht hinterhältig und brutal ermordet worden waren!
In Deming, knapp 70 Kilometer Luftlinie nordwestlich des Tatorts, gab der Pressesprecher der Polizei bereits um Mitternacht eine Pressemitteilung an alle Zeitungen und Fernseh- und Radiosender des Landes heraus:
Mit großem Bedauern gibt das Police Department von Deming, New Mexico, den Tod von zwei Grenzschutzbeamten bekannt. Die Officer Ray Carrol und Matt D’Arcy, beide wohnhaft in Columbus, New Mexico, wurden am vergangenen Abend gegen 22 Uhr am Grenzzaun zu Mexiko erschossen.
Der Vorfall ereignete sich 25 Kilometer südöstlich der Stadt Columbus. Beide Männer erhielten einen Schuss in den Hinterkopf. Die Leichen wurden etwa eine Stunde nach der Tat gefunden.
Bislang gibt es keine Tatverdächtigen. Das FBI wurde informiert, und die CIA hat, was ungewöhnlich ist, angekündigt, Ermittler an den Tatort zu schicken.
Die Morde waren zu spät geschehen, um es noch in die Morgenausgaben an der Ostküste zu schaffen, wo man New Mexico zwei Stunden voraus war. Die Pressemeldung kam aber gerade rechtzeitig für die 24-Stunden-Nachrichtensender. Die New York Daily News änderte in den frühen Morgenstunden noch ihre Titelseite und machte mit folgender Schlagzeile auf:
US-Patrouille an mexikanischer Grenze ermordet
Die Chicago Sun-Times , die eine Stunde mehr zur Verfügung hatte, stieß in das gleiche Horn:
Mord an der mexikanischen Grenze
Fahndung nach Mördern der US-Patrouille
Die gesamte Nacht hindurch verfolgten CNN, Fox News und die anderen die Story und bauschten sie immer mehr auf, führten Interviews mit halb verschlafenen Menschen und versuchten an die Familien der Opfer heranzukommen, die von der Polizei in Deming allerdings rigide abgeschirmt wurden.
Das Problem der Medien bestand darin, dass niemand mitten in der Nacht angerufen oder an der Haustür belästigt werden wollte. Die Reporter aber ließen nicht locker und versuchten herauszufinden, wie viele Schüsse abgefeuert wurden, aus welcher Waffe sie stammten, wer als Erster am Tatort gewesen war und ob es irgendwelche Verdächtigen, irgendwelche Motive gab.
Die Medien
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