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Lauter Bräute

Lauter Bräute

Titel: Lauter Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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ihr, daß ich hinauf müsse zu Mr. Cavanaugh, und ich fragte sie, ob sie ein paar Minuten allein fertig werden könne. Sie warf mir einen amüsierten Blick zu und sagte: »Ich werde es versuchen, Miß Evans.« Mit Alice Pye am Empfang hätte ich Bedenken gehabt, doch zu Roberta hatte ich großes Zutrauen. Alice hätte nie so kühn und sicher gesagt, ich werde es versuchen. Sie pflegte zurückzuzucken und verschreckt auszusehen. Unwillkürlich fragte ich mich, wie sie wohl mit dem nichtswürdigen O. B. Brown zurechtkam. Sie war nicht gänzlich auf den Kopf gefallen; vielleicht stellte er plötzlich fest, daß er eine Tigerin am Schwanz gepackt hatte.
    Mr. Cavanaugh wollte über eine ganze Reihe von Dingen mit mir sprechen: über meine Reise nach Los Angeles Ende kommender Woche, über Brautjungfernkleider, den Einkauf alter Spitzen, meinen Sommerurlaub und Golf. Golf ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln, das von mir aus auch versiegelt bleiben kann. Doch Mr. Cavanaugh war anderer Meinung. Ob ich Golf spiele, wollte er wissen. Hatte ich schon einmal daran gedacht, es zu tun? Ich antwortete ausweichend, daß ich Tennis vorziehe (das ich seit meiner Backfischzeit nicht mehr gespielt hatte) worauf er fest erklärte: »Tennis hat nicht dasselbe Niveau. Golf muß man spielen. Sie sollten einem der guten Klubs beitreten. Wenn Sie wollen, veranlasse ich es für Sie.«
    Alle diese hochwichtigen Sachen beschäftigten ihn wohl, und er mußte sie bei mir loswerden. Warum aber ausgerechnet an einem Samstag? Ich war ungefähr Dreiviertelstunden in seinem Büro; und den größten Teil der Zeit machte ich mir insgeheim Sorgen wegen Roberta, die allein am Empfang saß und versuchte, mit Schwärmen nervöser Bräute fertig zu werden. Ich hätte mir die Sorgen allerdings sparen können, denn als ich zurückkam in die Abteilung, war sie in bester Verfassung und unterhielt sich ohne Zeichen von Unsicherheit mit einigen Bräuten. Das Foyer war mehr oder weniger so, wie ich es verlassen hatte — voll bis unters Dach, doch ohne Chaos. Mir wurde ganz warm vor Freude. Die Abteilung schien so ruhig zu laufen wie eine Uhr mit siebzehn Steinen.
    Irgend jemand murmelte mir ins Ohr: »Können Sie einen Moment herauskommen, D’Arcy?« Es war Patsy Cullen, meine Freundin von der Sicherheit. Sie trug ein blaubedrucktes Kleid und einen breitkrempigen Hut; dazu eine riesige, rote Lederhandtasche und einen winzigen blauen Sonnenschirm. Sie sah aus wie eine junge Ehefrau aus New Haven auf einem Einkaufsbummel.
    Ich stellte keine Fragen. Ich nahm mir nicht einmal die Zeit, ihre Verkleidung zu bewundern. Ich verließ meine Abteilung und drückte mich bei Modehüte herum, bis Patsy neben mir auftauchte. Sie stellte sich bewundernd vor eine Vitrine mit 59,95-Dollar-Hüten und zischte aus dem Mundwinkel: »Der kleine, dicke Mann war wieder da.«
    »Welcher kleine, dicke Mann?«
    »Grauer Mantel, schwarzer Praliné. Sie haben ihn vor ungefähr einer Stunde hinauskomplimentiert, wissen Sie noch?«
    »Der ist wiedergekommen?«
    »Ja.« Sie nahm einen lila Hut auf und hielt ihn gegen ihr blaues Kleid, offenbar entzückt von der grauenhaften Farbzusammenstellung. »Er kam herein, als gehöre ihm der ganze Laden, und drang bis zu den Anproben vor.«
    »Zu den Anproben! Oh, nein! Was ist das für ein Kerl? Ein Sexverrückter?«
    »Weiß ich nicht«, murmelte Patsy. »Vivienne Gordon sagt, sie hat ihn erwischt, wie er in Nummer sechs hineinlinste, und als sie ihn fragte, was er da mache, sagte er, er sei der Klempner.«
    »Was für eine Unverschämtheit! — Hat Miß Gordon Sie angerufen?«
    »Nein, Ihr Empfangsmädchen. Sie sah den kleinen Mann hereinkommen und war vernünftig genug, den Hörer aufzunehmen und 333 zu wählen. Ich erhielt die Nachricht in Miederwaren, ging hin, flüsterte ihm ein paar Worte ins Ohr und brachte ihn zum Haupteingang hinaus. Er hat keine Scherereien gemacht.«
    »Na, Gott sei Dank, daß Sie ihn losgeworden sind. Patsy, der kleine Mann geht mir auf die Nerven. Bitte, versuchen Sie, ihn uns in Zukunft vom Halse zu halten, ja?«
    »Ich werde mein Möglichstes tun.« Sie zwinkerte mir zu. »Aber soll ich Ihnen etwas sagen? Sie müssen ihn mächtig beeindruckt haben.«
    »Ich?«
    »Ganz gewiß. Er erzählte mir immerfort, wie nett Sie mit ihm gewesen sind.« Sie begann in ihrer riesigen roten Handtasche zu kramen. »Er bat mich sogar, Ihnen dies kleine Billet Doux zu geben. Und Sie möchten den Umschlag entschuldigen, aber es sei der

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