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Lauter Irre

Lauter Irre

Titel: Lauter Irre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharp
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bewogen haben mochte, einem fraglos hochgradig gestörten Jugendlichen ein Schlagzeug mit riesigen Trommeln zu verehren – und dem höllischen Gewummer nach waren die Dinger in der Tat sehr vielfältig –, »lieb« war nicht das Adjektiv, das Horace Albert zugeordnet hätte. Wahnsinnig? Ja. Böse? Ja. Teuflisch? Ja. Aber »lieb«? Definitiv nein.
    Vera war ihrem Bruder sehr zugetan, und außerdem war Albert Ponson ein großer, rotgesichtiger Mann, der ein eindeutig zweifelhaftes Unternehmen führte, das etwas mit Autos aus angeblich zweiter Hand zu tun hatte, die er – für ihn überraschend ehrlich – als »gebraucht« bewarb. Dass Albert Ponson zudem noch die Hälfte einer Schweinefarm besaß, zu der ein Schlachthaus zum Selberschlachten gehörte, ließ Horace Wiley eher nicht dazu neigen, Einspruch gegen das schreckliche Geburtstagsgeschenk seines Schwagers zu erheben. Er war schon mehrmals im Haus der Ponsons gewesen, einem weitläufigen Bungalow, der ein Stück von der Straße zurückgesetzt inmitten von zehn Morgen Ackerland stand, und der grässliche Kerl hatte darauf bestanden, ihm dieses entsetzliche Schlachthaus zu zeigen. Horace war beim Anblick von so viel Blut und ausgeweideten Kadavern glatt in Ohnmacht gefallen.
    Als er sich von diesem fürchterlichen Besuch erholt hatte, war er zu einem klaren Schluss gekommen: Ein bisschen zu viele von Albert Ponsons Konkurrenten im Gebrauchtwagengeschäft hatten beschlossen, sich in aller Eile zur Ruhe zu setzen – oder, wie im Falle von einem oder zwei unbelehrbaren Händlern, ganz und gar zu verschwinden, angeblich nach Australien oder nach Südamerika –, als dass einem dabei wohl gewesen wäre. Die Tatsache, dass Albert es für ratsam gehalten hatte, seinen großen Bungalow in etwas zu verwandeln, was einer Mini-Festung gleichkam, mit kugelsicheren, verspiegelten Fenstern und stahlverstärkten Türen, jagte Horace obendrein nur noch mehr Furcht vor ihm ein. Nein, er durfte nicht einmal daran denken, dieses verdammte Schlagzeug zu erwähnen. Der verfluchte Kerl war ein Gangster. Da war er sich ganz sicher.
    Um dem Lärm zu Hause zu entfliehen, fand Horace es zweckdienlich, morgens sehr viel früher in die Bank zu fahren als sonst und abends sehr viel später nach Hause zu kommen. Vera begann allmählich zu glauben, dass Horace versuchte, ihr aus dem Weg zu gehen, und dass es der Lockruf des Pubs war und nicht etwa der Ruf der Arbeit, der ihn spät heimkehren ließ, und tatsächlich war an ihrem Verdacht etwas Wahres dran. Sei es, wie es sei, es blieb den Nachbarn überlassen, sich wegen des Höllenlärms zu beschweren, der – manchmal bis zwei Uhr morgens – aus Edmonds Zimmer drang. Mrs. Wiley setzte sich nach besten Kräften zur Wehr, doch die Ankunft eines Beamten von der Lärmbekämpfungsbehörde mitten in einer von Esmonds rabiatesten Schlagzeugattacken und die Drohung, Anzeige zu erstatten, wenn er so weitermachte, ließen sie endlich einlenken.
    »Trotzdem, ich will, dass er Musikunterricht bekommt, Privatunterricht«, sagte sie zu ihrem Mann und war überrascht, zu erfahren, dass dieser bereits Erkundigungen eingezogen und einen ausgezeichneten Klavierlehrer ausfindig gemacht hatte, der den Vorteil hatte, sechzehn Kilometer weit entfernt in einem abgelegenen Cottage zu wohnen.
    Esmond ging fünfmal dorthin, ehe man ihn bat, nicht wiederzukommen.
    »Aber warum denn nicht? Dafür muss es doch einen Grund geben, Mr. Howgood«, klagte Mrs. Wiley, doch der Lehrer murmelte nur etwas von den Nerven seiner Frau und Esmonds Schwierigkeiten mit Tonleitern.
    Mrs. Wiley wiederholte ihre Frage.
    »Grund? Einen Grund?«, erwiderte der Pianist, dem es offenkundig größte Schwierigkeiten bereitete, Esmonds grauenhafte Vorstellung von Musik mit irgendetwas auch nur annähernd Rationalem zu assoziieren. »Abgesehen davon, dass ich mein Klavier nicht zu Tode prügeln lasse … Nun, das ist der Grund.«
    »Zu Tode prügeln? Wovon in aller Welt reden Sie eigentlich?«
    Mr. Howgood betrachtete die leere Stelle auf dem Kaminsims, wo die Lieblingsvase seiner Frau gestanden hatte, ein Stück von Bernard Leach, ehe die Vibrationen von Esmonds brutalem Gehämmer auf dem Klavier sie in den Kamin hatten stürzen lassen.
    »Das Klavier ist nicht zur Gänze ein Schlaginstrument«, meinte er schließlich mit gepresster Stimme. »Es hat auch Saiten. Und es ist keine Trommel, Mrs. Wiley, es ist definitiv keine Trommel. Unglücklicherweise kann Ihr Sohn das partout nicht

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