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Lauter reizende Menschen

Lauter reizende Menschen

Titel: Lauter reizende Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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gegründeten >Ausbildungs-Fonds< für die Kinder gut bekommen würden.
    Sie fanden Jim im Sattelraum beschäftigt. Draußen im Hof stand ein großer junger Rappe, der neugierig hereinschaute und kein Auge von seinem Betreuer ließ.
    »Das ist >Raubritter<«, erklärte Annabel. »Er folgt Jim wie einKind auf Schritt und Tritt, aber Fremde mag er ganz und gar nicht.« Auf ihren Anruf stand Jim auf. Nachdem er ihnen froh zugewinkt hatte, führte er erst das Pferd, das sich empört sträubte, in seine Box.
    »Immer ruhig, alter Freund!« hörte Lucia ihn begütigend sagen. »Da bist du aufgehoben und kannst trotzdem alles sehen. Erst wenn ich von deiner inneren Umkehr endgültig überzeugt bin, werde ich dich meinen Leuten vorstellen, noch ist es nicht soweit.«
    >Raubritter< war ein auffallend edles Pferd. Groß und stark stand es da, und kein einziges weißes Haar schimmerte auf dem tiefschwarzen Fell, das wie Seide glänzte — als Zeugnis all der Liebe, mit der Jim es zu striegeln pflegte.
    »Der ist aber schön!« stieß Lucia fast andächtig hervor. Aus solcher Nähe hatte sie ein so edles Rennpferd noch nie im Leben gesehen.
    Jim, dem Lucia gleich beim ersten Zusammentreffen gefallen hatte, gewann nun endgültig die Überzeugung, daß sie ein bemerkenswert nettes Mädchen sei. Nachdem er dem Pferd einen freundlichen Klaps auf die Nase gegeben hatte, sagte er mit dem Stolz einer Mutter, die von einem geliebten, aber verwöhnten Kind spricht: »Er hat Charakter! Sehen Sie sich nur die Ohren an!«
    Lucia, die respektvollen Abstand von dem Hengst hielt, staunte. »Wieso? Ja, schön sind sie, und er spitzt sie so hübsch.«
    »Das tut er, weil er neugierig ist. Aber Sie sollten sie einmal sehen, wenn er sich langweilt. Oft kommt das zwar nicht vor, aber wenn, dann werden die Ohren schlapp und fallen zur Seite wie die eines Maultiers. Dann möchte man ihn für einen lahmen Gaul halten, dem man erst eine Möhre unter die Nase halten muß, damit er aus seinem tranigen Schritt aufwacht. Zu meinem Ärger passiert das meist ausgerechnet dann, wenn ich aus irgendeinem Grunde Wert darauf lege, daß er forsch und schneidig aussieht: Dann steht er da mit trüben, glasigen Augen und vorgeschobener Unterlippe — wie ein alter, ausgedienter Klepper!«
    »Auf alle Fälle sieht er lieb aus!«
    Jim lachte. »Dabei ist er ein wahrer Vulkan. Eben noch stand er vielleicht sanft und still herum, plötzlich aber ärgert ihn etwas, und schon fährt er auf — wie eine temperamentvolle Schauspielerin, die eine wilde Szene vorführt. Ganz flach legt er die Ohren an und verdreht die Augen, bis nur noch das Weiße zu sehen ist — ein gräßlicher Anblick. Dann läßt man ihn am besten allein, ehe er die Zähne bleckt und nach allem schnappt, was ihm gerade vors Gebiß kommt.«
    »Ich weiß, wie sehr du ihn liebst, Jim«, mischte Annabel sich ein. »Trotzdem finde ich ihn schrecklich! Nie im Leben kann ich vergessen, wie er auf den armen Stallburschen losging, der nur eine unerwartete Kopfbewegung gemacht hatte. Ach, das war schrecklich!«
    »Es lag nicht nur an der einen Kopfbewegung. Der arme Stallbursche, wie du ihn nennst, hatte sich schon seit Tagen hinter meinem Rücken mit >Räuber< angelegt. Deshalb habe ich ihn hinausgeworfen. Wenn man das Pferd anständig behandelt, benimmt es sich auch entsprechend!« erklärte Jim im Brustton der Überzeugung — während er eilig James aus der bedrohlichen Nähe der Box zurückriß.
    »Allerdings nicht gegenüber hilflosen Frauen und kleinen Kindern!« ergänzte Annabel in sanftem Spott, und alle lachten.
    Vier Pferde hatte Jim zu versorgen und eine Stute, die in Kürze fohlen sollte. Im Stall nebenan begrüßte man die graue >Signorina<, ein ruhiger und freundlicher Charakter, die gerade das Gegenteil von >Raubritter< war. Nachdem die Frauen ihr den sanften Kopf gekrault hatten, ließ Jim sie heraus. Seine Stimme verriet Zuneigung, aber nicht jene innige Freundschaft, die er für den schwarzen Rappen bekundet hatte.
    »Sie ist schön, bewegt sich anmutig, mit gewandtem, schwebendem Schritt. Eine ausgesprochene Sprinterin.«
    »Sie ist ein feines Pferd, hat aber bisher noch nicht viel geleistet, nicht wahr, Jim?« warf Annabel ein.
    »Gar nichts hat sie geleistet«, bestätigte Jim. »Sie ist bei ihrem ersten Rennen einfach ausgebrochen. Regelmäßig legt sie mit geradezu atemberaubendem Tempo los, aber dann kann sie es nicht durchhalten, nicht einmal über tausend Meter. Trotzdem setzt Purdy

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