Lauter reizende Menschen
abhelfen können: Hier finden Sie Gelegenheit, die Wildnis in einen Garten zu verwandeln, Schönheit heranzuziehen, unter Blumen zu wohnen. Und wenn Peter Rolfe dann zurückkehrt, dann wird er — vielleicht! — doch sehen, welche Schönheit in dieser unserer seltsamen Welt unserer wartet.«
Lucia verschlug es die Sprache. Nie im Leben hatte sie jemanden so sprechen hören! Verzweifelt schaute sie sich nach Hilfe um. Len grinste von der Garage herüber und winkte ihr spöttisch hinter Carmen Mills’ Rücken zu. Die komische Dame setzte zu neuen Ergüssen an. »Jawohl, denn noch ist es Zeit dazu. Weit ist der Tag vorgeschritten, aber noch nicht völlig vertan. Sie sind jung und stark, und ich will Sie leiten. Schon sehe ich anstelle dieses Grünstreifens eine blumige Wildnis emporsprossen, blühende Hölzer, die jene häßlichen Pumpen verdecken, Ranken, die in herrlichen Farbkaskaden dort die kahlen Fenster umstrahlen.« Plötzlich aber wurde sie in geradezu beängstigender Weise praktisch: »Ich bringe meinen Spaten mit. Gemeinsam werden wir dieses Land verwandeln. Wie oft habe ich doch dem lieben Mr. Rolfe gesagt...«
Lucia legte nicht den geringsten Wert darauf zu erfahren, was sie ihm gesagt hatte. Nun war ihr restlos klar, warum Onkel Peter sie gewarnt hatte: Hüte dich vor Carmen! Glücklicherweise fielen ihr in diesem Augenblick ihre Hausfrauenpflichten ein, und verzweifelt bat sie die Besucherin zu einer Tasse Tee. Aber damit brachte sie sie nicht etwa zum Schweigen; sie lenkte den Redefluß nur in ein anderes Bett: Drinnen im Haus betrachtete Carmen kritisch ein Aquarell, das Lucia im Wohnzimmer aufgehängt hatte.
»Sie müßten einmal sehen, wie mein seliger Großvater einen solchen Gegenstand behandelt hätte!« rief sie aus, während sie voller Zorn auf das wirklich gute Bild starrte. »Aber diese Modernen!« Und plötzlich flammte in ihren Augen dasselbe fanatische Licht auf wie vorhin, als sie vom Garten gesprochen hatte.
Höflich versuchte Lucia, sie zu beruhigen: »Sie verstehen sich anscheinend ebensogut aufs Malen wie auf die Gartenkunst, Miss Mills!«
»Ich bemühe mich, in die Fußstapfen meines verehrten Ahnherrn zu treten. Wenn Sie mich einmal besuchen, dürfen Sie einige seiner Arbeiten sehen. Er war weltberühmt!«
Lucia wußte sehr wohl, daß dies übertrieben war. Gelegentlich hatte sie wohl Bilder von Aloysius Mills in Galerien gefunden, und sie wußte, daß er ein tüchtiger, braver Maler war, nicht mehr. Aber Carmen schwatzte schon weiter: »Jeden Ort heller zurücklassen, als ich ihn vorgefunden habe; einiges vom Treiben der Zeit in all seiner Schönheit festhalten — danach strebe ich, und dank dem Blute, das in meinen Adern rinnt, vermag ich auch manches zu leisten.« Sie stieß einen Seufzer hellen Entzückens aus.
Lucia, die mit exzentrischen Leuten nicht mehr Nachsicht hatte als so viele andere ihrer Generation, stöhnte in sich hinein: >Ein schreckliches Weib! Bestimmt wird sie mich dazu zwingen, einen Garten anzulegen — und vermutlich wird sie obendrein versuchen, mir das Malen beizubringen!< Aber brav goß sie der Besucherin Tee ein und lauschte ihren Ergüssen, wobei sie sich dauernd fragte, weshalb Len nicht so einsichtig war, durch einen Druck auf den Klingelknopf diesen endlosen Besuch zu beenden.
Endlich erhob sich Carmen, und erst jetzt kam sie beiläufig auf die Tragödie zu sprechen, die alle Leute hier so sehr belastete. »Der arme Kerl; sehr traurig ist das alles. Wer soll jetzt die Post austragen? Das ist ein ernstes Problem. In den letzten Tagen haben mir die Fahrer ausgeholfen; aber das kann kein Dauerzustand sein.«
»Nun, das ist schließlich Sache der Post. Man wird einen neuen Briefträger suchen müssen!«
»Gewiß... aber bis dahin... Man hat sich bereits mit mir in Verbindung gesetzt und mich gebeten, einen Nachfolger für den Unglücklichen namhaft zu machen. Ich habe schon mal gedacht, ob nicht Len...«
Das also war des Pudels Kern; deshalb hatte sie sich zum Besuch aufgerafft! Mit verblüffender Festigkeit schnitt Lucia ihr das Wort ab. »Len soll die Post verteilen? Es tut mir leid, Miss Mills, aber ich kann ihn auf gar keinen Fall entbehren. Das macht doch immerhin allerlei Arbeit, nicht wahr?«
»Allerdings. Davis hatte manchen Weg zu gehen.«
»Sehen Sie. Aber ich komme ohne Len nicht aus. Er findet ohnehin kaum einmal Ruhe. Deshalb wird die Postverwaltung leider einen anderen ausfindig machen müssen.« Ohne die leisesten
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