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Lautlos

Lautlos

Titel: Lautlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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hinaus auf den Parkplatz, während sie wählte. Es hatte zu nieseln begonnen. Sie beschleunigte ihre Schritte. Als sie zu ihrem Golf hinüberging, erklang das Freizeichen. Sie lächelte. Jetzt, nachdem sie sich dazu durchgerungen hatte, endlich zu tun, was sie die ganze Zeit über schon hatte tun wollen, freute sie sich darauf, seine Stimme zu hören.
    Es rauschte in der Leitung, dann sagte eine Frauenstimme:
    »Hallo?«
    Wagner stutzte und blieb stehen.
    »Ich möchte gern Dr. O'Connor sprechen«, sagte sie zögernd.
    Wahrscheinlich verwählt, dachte sie. Oder hatte sie seine Nummer falsch notiert? Ersteres wäre nicht schlimm, das Zweite ärgerlich.
    Die Frau schwieg eine Sekunde. Dann sagte sie:
    »Dr. O'Connor hatte einen Unfall. Er kann nicht mit Ihnen sprechen.«
    Die Worte klangen sachlich und beinahe lapidar.
    »Unfall?«, echote sie tonlos. »Was für einen Unfall?«
    »Er ist gestürzt. Wer spricht denn da?«
    »Wagner«, sagte sie tonlos. »Ich bin seine …«
    Sie stockte. Ihre Gedanken rasten ziellos durcheinander. Paddy, Kuhn, O'Connor, der Flughafen, die Landungen, Lavallier, der Verdacht, etwas Schreckliches könne passieren, die schleichende Gewissheit, dass es bereits angefangen hatte, schon passiert war.
    Er hatte einen Unfall gehabt. Was hieß das: einen Unfall gehabt?
    Etwas verdickte sich in ihrer Kehle.
    »Ist er …?«
    »Nein«, sagte die Frau. Im Hintergrund waren andere Stimmen zu hören. Es klang, als spreche sie aus einer großen Halle zu ihr. »Dr. O'Connor ist durch ein Glasdach gebrochen. Er hat eine Reihe von Schnittverletzungen, aber offenbar nichts gebrochen.«
    »Warum kann er nicht selbst mit mir sprechen?«
    »Er hat das Bewusstsein verloren. Wir wissen nicht, ob es etwas Ernstes ist. Möglicherweise Gehirnerschütterung. Ist erst vor wenigen Minuten passiert. Sind Sie eine Verwandte?«
    »Ich bin seine … Presseagentin. Wer sind Sie?«
    »Polizeimeisterin Gerhard.«
    »Wo sind Sie, mein Gott?
    »Flughafen. Terminal 2.«
    »Ich muss zu ihm«, sagte sie hastig.
    »Kommen Sie am besten raus zur Wache«, sagte die Polizistin. »Kennen Sie sich aus?«
    Wagner starrte durch den Regen über den Parkplatz.
    Die letzten Meter zu ihrem Wagen rannte sie.
VORFELD FRACHT WEST
    Jana fühlte eine beinahe überirdische Ruhe. Auch der Umstand, dass es regnete, konnte daran nicht sehr viel ändern.
    Ohnehin war der Regen nicht sehr dicht. Aber selbst wenn er es gewesen wäre, hätte sie sich damit abfinden müssen. Alle Teilnehmer der Operation waren sich von Anfang an darüber im Klaren gewesen, dass starker Regen das Unternehmen gefährden konnte. Auch das ominöse Trojanische Pferd wusste es. Und selbst wenn es heute nicht funktionierte, hatten sie immer noch eine zweite Chance. Dann nämlich, wenn Clinton wieder abflog. Es wäre lästig, das Spiel der doppelten Identität bis dahin weiterspielen zu müssen, pendeln zwischen Laura Firidolfi und Cordula Malik. Aber vielleicht war die zweite Chance sogar die bessere. Beim Rückflug würde der Präsident mit seiner Frau Hillary und Tochter Chelsea über das Rollfeld gehen. Sie würden dabei sein, wenn es passierte. So wie Jackie Kennedy damals in Dallas, als man ihren Mann erschoss.
    Kein Programmdirektor auf der Welt konnte sich bessere Bilder wünschen.
    Die Sache mit Clohessy war ärgerlich gewesen. Auch, dass sie den Lektor hatten entführen müssen und dass es ihm gelungen war, eine SMS an diese Frau zu schicken. Sehr dumm! Am schlimmsten von alldem war jedoch, was Mahder vorhin durchgegeben hatte. O'Connor wusste Bescheid. Jana ahnte, wie er es herausgefunden hatte. Er war Physiker, und er beschäftigte sich mit Licht. Jeder, der das tat, wusste, was ein YAG war. Am Ende musste es ihm gelungen sein, Kuhns Nachricht zu entschlüsseln.
    Was passiert war, war passiert. Kein Grund, sich jetzt darüber aufzuregen. Sie hatte entschieden, die Sache durchzuziehen. Nur noch darauf galt es sich zu konzentrieren.
    Offenbar hatten sie Glück im Unglück. Wie immer Mahder das Problem gelöst hatte, er musste es irgendwie gelöst haben. Er hatte die Operation nicht abgebrochen. Niemand kam, um der Presse zu sagen, dass Clinton nicht in KölnBonn landen würde, dass sein Flug umgeleitet worden war. Keine bewaffneten Truppen stürmten den Pressebereich, um alle Anwesenden in Haft zu nehmen.
    Vor Jana drängten sich die Journalisten mit ihren Kameras und Richtmikrofonen. Sie selbst hatte sich in die letzte Reihe zurückgezogen. Für das, was sie vorhatte,

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