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Lautlos

Lautlos

Titel: Lautlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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blickte ihnen nach und hob die Augen zur obersten Gerüstebene.
    Die Gestalt bewegte sich.
    O'Connors Kopf erschien über den Pritschen. Er versuchte, sich aufzurichten, und sackte wieder zurück. Die Polizisten und Sanitäter begannen, nach oben zu klettern.
    Er lebte. Pecek hatte es gründlich vermasselt.
    Mahder fühlte sich wie taub. Er hatte nicht die mindeste Ahnung, was er tun sollte. Mit bleischweren Beinen trat er zu der Frontverglasung und sah in die Tiefe. Auch unten war jetzt der Notarztwagen eingetroffen, schwirrten Uniformierte und Männer in weißen Overalls herum. Peceks Körper wurde auf eine Bahre gelegt, ein Tuch über ihn gezogen.
    Würde Lavallier jetzt alles stoppen? Würde O'Connor mit dem Finger auf Martin Mahder zeigen, der seit vierzehn Jahren zuverlässig und ohne Makel seinen Dienst für den Flughafen verrichtet hatte, und ihn anklagen, ihm einen Killer auf den Hals geschickt zu haben?
    Er sah auf die Uhr. Es mochte ein Wettlauf mit der Zeit werden, aber Jana konnte es immer noch schaffen! Sie hatten Pech gehabt. Paddy. Pecek. O'Connor. Auch, dass es regnete. Als hätte sich alles gegen sie verschworen.
    Aber der Regen war nicht so stark, und hinten wurde es wieder heller.
    Nur Minuten! Wenige Minuten waren alles, was Jana brauchte.
    Mutlosigkeit überkam ihn. Jana mochte es schaffen, aber was würde aus ihm? Seine Rolle in dem Spiel war soeben aufgeflogen.
    Er sah hinaus auf das Vorfeld.
    Direkt vor seinen Augen hing ein gewaltiges Flugzeug in der Luft, so nah und tief, dass er glaubte, es mit ausgestreckter Hand berühren zu können. Unterhalb des gewaltigen weißen Rückens stand in großen Buchstaben »United States of America«. Kopf und Nase des Jumbos erstrahlten in kräftigem Blau, die Unterseite und die vier CF6-Triebwerke in hellem, freundlichen Mint. Auf dem Leitwerk prangte das Sternenbanner.
    Majestätisch zog die Air Force One an Mahder vorbei und setzte ihre dreihundertfünfundsiebzig Tonnen fast behutsam auf den Super-Runway.
    Mahder sah ihr nach.
    Dann ging er zum Treppenschacht, erst bemüht langsam, dann immer schneller. Im Schacht begann er zu laufen, mehrere Stufen auf einmal nehmend. Er rannte aus dem Terminal, stieg in seinen Wagen und gab Gas.
    Jana und ihre Leute hatten sich in sein Leben gemischt. Sie hatten ihm gar keine andere Wahl gelassen, als Verrat zu begehen. Was immer in den nächsten Minuten geschehen würde, am Ende käme ihn jemand holen. Er würde vor Gericht gestellt und wegen Beihilfe verurteilt werden.
    Er hatte ein Haus und eine Familie. Im Gefängnis hätte er nichts von alledem. Also konnte er ebenso gut untertauchen und wenigstens seine Freiheit behalten.
    Sie schuldeten ihm immer noch eine Million.
    Er würde sie einfordern. Eine Million reichte, um den Abschied zu erleichtern.
WAGNER
    Leise Sinustöne fügten sich zu einer Melodie.
    Ihre Finger glitten über die Tasten des Handys, und im Display erschien O'Connors Nummer.
    Zu guter Letzt hatten Sehnsucht und die Sorge um Kuhn zu einem argumenteschweren Doppel gefunden und sich angeschickt, Wagner auf unerträgliche Weise zu bedrängen, noch während sie mit den Filmleuten verhandelt hatte. Den Spielregeln war Genüge getan, und schließlich, wer würde deren Anwendung besser verstehen als O'Connor!
    Sie hatte genügend Zeit verstreichen lassen. Genug, um ihre Unabhängigkeit, wenn nicht ihm, so doch sich selbst zu beweisen. Ein albernes Unterfangen, so viel war ihr klar, hinter dem sich unverändert die kleine, klamme Angst vor Zurückweisung und Enttäuschung verbarg, aber wenigstens tarnte sie sich einigermaßen respektabel im dezenten Grau der Vernunft.
    Die Filmleute hatten sich als angenehme Gesprächspartner erwiesen. Natürlich ging es um Geld. Der Verlag respektive Wagner als Vertreterin der publikatorischen Interessen, hatte mit einem Scheck gewedelt und im Gegenzug gewisse Zusagen erwirkt hinsichtlich der Berücksichtigung von Neuerscheinungen. Niemand würde sich sonderlich aufregen über eine derartige Einflussnahme. Die Sendung verstand sich als neutrales Forum, aber man kaufte ja keine positiven Rezensionen, sondern lediglich die Zusage, rezensiert zu werden. Was, wie Reich-Ranickis historischer Grass-Verriss bewiesen hatte, in jedem Fall gut fürs Geschäft war.
    Irgendwie passte die Art und Weise des Agreements in die Zeit. Ohnehin war nur verkäuflich, was ein Label trug, Personen des öffentlichen Lebens nicht ausgenommen.
    Wagner verließ den Flachbau des Senders und trat

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