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Lautlos

Lautlos

Titel: Lautlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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gebetet, dass es keine Schwierigkeiten geben würde, und es hatte keine gegeben. Pecek war hineingelangt, Mahder hatte ihn zum Terminal gefahren, O'Connor von unterwegs angerufen und ihm vorgelogen, mit Lavallier gesprochen zu haben, um Pecek Minuten später an seine schmutzige Arbeit zu schicken.
    Und jetzt war Pecek vom Dach gefallen.
    Aber wo war O'Connor?
    Mühsam versuchte er sich zu beruhigen. Jana würde inzwischen im abgesperrten Bereich sein. Vermutlich stand sie eng gedrängt zwischen Dutzenden anderer Journalisten.
    Jetzt gab es nur noch ein Signal, das er ihr telefonisch übermitteln konnte. Auf alles andere würde sie nicht reagieren. Nicht reagieren können. Wie sollte sie mit ihm über Peceks Tod konferieren, wenn sie von allen Seiten eingekeilt war? Es gab nur dieses eine Wort, und es galt nur für den Fall eines unvorhergesehenen Scheiterns der Operation. Jeder von ihnen hatte die Option, es den anderen telefonisch zu übermitteln, um gleich darauf die Verbindung zu kappen.
    Das Wort hieß »Abbruch«.
    Es lag in Mahders subjektiver Entscheidung. Aber er würde sich dafür zu verantworten haben. Einen verdammt triftigen Grund vorweisen müssen. Die Operation vorzeitig abzubrechen, hieß, eine von zwei Chancen, für die sie monatelang gearbeitet hatten, im Handumdrehen zunichte zu machen. Vielleicht sogar die einzige.
    Abbruch.
    Mahder stellte sich vor, wie er Jana anrief, das Wort sagte und wieder auflegte. Sie würde augenblicklich den gesicherten Bereich verlassen. So schwer es war, hineinzukommen, so einfach und problemlos kam man heraus.
    Bei dem Gedanken wurde ihm übel.
    Er hatte nicht die Nerven dazu. Überhaupt wurde Martin Mahder in diesem Augenblick, als er zusah, wie sie Peceks zerschmetterte Leiche vom Dach des Mannschaftswagens hievten, die volle Tragweite dessen bewusst, worauf er sich eingelassen hatte, damals, gleich nach Neujahr, als Mirko in Janas Auftrag an ihn herangetreten war, um ihn für das Projekt zu gewinnen. Sie hatten ihm eine Million geboten. Sie hatten herausgefunden, dass er sich von Lieferanten schmieren ließ, um seinen viel zu aufwendigen Lebensstil und seine Spielleidenschaft zu finanzieren. Sie hatten es gewusst und durchblicken lassen, dass andere es auch erfahren könnten, und im Gegenzug mit der versöhnlichen Lösung all seiner Probleme aufgewartet.
    Sie hatten gewusst, dass er darauf einsteigen würde.
    Bestechlichkeit war eine Charakterhaltung. Man war es entweder gar nicht, oder man war es immer. Ein rückgratloses Etwas, das sich verkaufte. Eine charakterlich amorphe Masse. Oder, auf Deutsch gesagt, ein Schwein.
    Aber mit einer Million war man zumindest ein sehr reiches Schwein.
    Dennoch verfluchte sich Mahder in diesem Augenblick in den tiefsten Abgrund aller Höllen, nicht standhaft geblieben zu sein. Er starrte noch eine Sekunde auf Pecek, dann machte er kehrt, rannte hinüber zum Treppenschacht und hastete hinauf zur Abflughalle.
    Auch dort drängten sich Menschen. Sie umlagerten das Hochgerüst an der seitlichen Schmalseite, gleich unterhalb der Stelle, wo Pecek abgestürzt war. Einige turnten auf der höchsten Ebene herum, liefen hin und her und bückten sich über eine Gestalt, die dort oben lag.
    Es war das Gerüst, auf das er O'Connor geschickt hatte. Wohl wissend, dass es dort oben keinen Spiegel gab. Hierin hatte der Doktor geirrt. Es hätte gar keinen dort geben können, die Höhe reichte nicht aus. Die beiden Spiegel, die Paddy und Jo unter seinem Schutz in mehreren Nächten installiert hatten, waren woanders. Niemand würde sie finden. Niemand wusste davon. Mahder hatte die Einsätze nicht gemeldet, also hatten sie nicht stattgefunden.
    Alles, was noch schief gehen konnte, war, dass O'Connor auch dieses Rätsel löste.
    Falls er noch Rätsel lösen konnte.
    Mahder ging näher heran. Die Gestalt lag reglos auf den Pritschen. Über ihr war eine der gläsernen Dachplatten in Scherben gegangen. Wie es aussah, war O'Connor durch das Dach ins Innere gebrochen und drei Meter tief auf das Gerüst gestürzt. Das war nicht viel. Aber möglicherweise genug für eine Gehirnerschütterung, bestenfalls für einen Genickbruch.
    Zeit. Sie brauchten Zeit.
    Hinter sich hörte Mahder hastige Schritte. Er drehte sich um und sah mehrere Sanitäter, einen Polizisten und eine Polizistin auf sich zurennen. Instinktiv überkam ihn der Gedanke an Flucht. Er zwang sich zur Ruhe, und die Sanitäter und Beamten liefen an ihm vorbei zur Schmalseite des Terminals.
    Er

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