Lavendel-Glorias Letzter Wille ROTE LATERNE Band 7 (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
gesehen. Du, die wollen was von uns!«
Sie rappelte sich auf.
»Menschenskind, so beruhige dich doch erst einmal!«
»Ich bleibe nicht hier. Ich haue ab, du, bloß raus aus Frankfurt. Ich hab keine Lust, mich von diesen Schweinen umbringen zu lassen.«
Noch ehe Karin es verhindern konnte, lief Anita zur Tür. Im Flur schnappte sie ihr Handtäschchen.
»Und was wird aus dem Filetsteak?«, rief Karin.
»Steck es dir an den Hut!«, hörte sie Anita keuchen. »Mich halten keine zehn Pferde in deinem Fuchsbau. Von wegen Sicherheit! Du, hau ab, die kommen wieder. Die machen dich fertig. Mensch, auf was hast du dich bloß eingelassen?«
Dann fiel die Tür hinter Anita Köster ins Schloss, und Karin Clemens war allein. Nackte, eiskalte Angst streckte ihre Klauen nach Karin aus. Fröstelnd zog sie die Schultern zusammen. Was nun?
Zu Glorias Begräbnis erschien alles, was im Milieu Rang und Namen hatte. Die elegantesten Autos parkten vor dem Friedhof, und nicht weniger elegant waren die Kostüme und Anzüge, die getragen wurden. Man zeigte, was man hatte. Solche Beerdigungen waren immer angebracht, seinen Rang im Milieu deutlich zu machen.
Nach längerem Hin und Her hatte sich Karin Clemens entschlossen doch zum Begräbnis zu gehen Noch anderen Tag, an dem die Sache mit Anita passiert war, hatte sie den Fuchsbau wieder verlassen. Sie glaubte sich im Eros-Center doch noch am sichersten. Dort waren wenigstens Leute um sie herum, und sie lief nicht Gefahr, dass ihr Ähnliches passieren konnte, wie es mit Anita geschehen war.
Glorias Begräbnis war sehr feierlich. Es war so feierlich, dass mancher der hartgesottenen Dirnen Tränen über die Schminke liefen. Auch Karin musste einige Male schlucken. Nachdem die Feierlichkeit vorbei war und sie aus der Halle trat, kam ein kleiner, rundlicher Mann auf sie zu.
»Fräulein Clemens?«, sprach er sie an. Karin musterte diesen Mann. Er trug einen grauen Straßenanzug und hatte eine runde Brille. Aus seinem Kopf sprossen nur wenig Haare. Er hatte eine unangenehme Stimme. Auf den ersten Blick erkannte Karin, dass dieser Mann nicht zum Milieu gehörte.
»Ja, bitte?«, fragte sie ihn. »Sie wünschen?«
»Fräulein Clemens, ich möchte mit Ihnen über die Verstorbene reden.«
»Über Gloria? Ich wüsste nicht, was ich Ihnen über Gloria erzählen könnte.«
»Kommen Sie ein wenig zur Seite Fräulein Clemens. Es muss nicht jeder mithören.«
Achselzuckend ging sie ein Stückchen mit ihm den Weg zwischen den Säulenwacholdern hinunter. Die Blicke vieler Augen folgten ihnen.
»Also?«, fragte Karin; »Worum geht es? Ich will nämlich da nicht in eine Sache hineingezogen werden. Sind Sie vielleicht von der Polizei?«
»Sehe ich denn so aus?«, erkundigte er sich mit einem dünnen Lächeln.
»Nein, eigentlich nicht«, bemerkte Karin, blieb dabei stehen und musterte ihn.
»Meine Name ist Doktor Bernhard Lüthers«, sagte er. »Ich bin Glorias Rechtsanwalt.«
»Ach!«, sagte Karin überrascht und zog die Brauen in die Höhe. »Und was kann ich für Sie tun?«
Er hüstelte ein wenig.
»Sie sind doch diejenige gewesen, die Gloria zuletzt lebend gesehen hat, nicht wahr?«
»Ob ich nun tatsächlich die Letzte gewesen bin, das weiß ich nicht«, erwiderte sie darauf. »Ich habe sie zuletzt gesehen, als sie die Klinik verließ. Es gibt bestimmt eine Menge Leute, die Gloria hinterher ebenfalls noch gesehen haben.«
»Aber vermutlich hat sie mit keinem gesprochen!«
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, erwiderte Karin, »denn sie muss sich ja das Gift besorgt haben, mit dem sie sich zu Tode gespritzt hat. Das wird sie sich kaum mit der Taubstummensprache verschafft haben, oder meinen Sie nicht?«
»Fräulein Clemens, für Zynismus ist das weder der rechte Ort noch der richtige Zeitpunkt. Die Sache ist viel zu ernst.«
»Ja, also, was wollen Sie dann von mir?«
»Hat Gloria Ihnen irgendeinen Hinweis gegeben, Fräulein Clemens? Auch der geringste Hinweis ist wichtig für mich.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Karin darauf. »Wenn Sie Glorias Anwalt gewesen sind und ihr Vertrauen genossen haben, dann wird sie Ihnen wohl alles Notwendige gesagt haben, oder nicht?«
»Schon, schon«, sagte er. »Aber Gloria traf in der letzten Zeit kaum mit mir zusammen. Ich ...«
»Es tut mir leid, Herr Doktor Lüthers. Ich kann wirklich nichts für Sie tun.«
»Bestimmt nicht?«
»Ganz bestimmt nicht!«, sagte sie darauf.
»Und was bedeutet der Zettel in der Hand der Toten?«,
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