Lavendel-Glorias Letzter Wille ROTE LATERNE Band 7 (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
dass man eine der elegantesten Frankfurter Boutiquen betrat, die Nase ein wenig hochhob und genau wusste, dass vor Kurzem Lavendel-Gloria hier eingekauft hatte. Der Duft, der so unverwechselbar war, zog sich wie eine Spur hinter ihr her und hatte sie ebenfalls zu etwas ganz Besonderem erhoben.
Charly war hinter sie getreten und begann unter den Klängen der Musik von Chopin langsam Glorias fliederfarbenes Negligé über die Schultern zu streifen. Rein und makellos war die Haut der jungen Dirne. Der Mann küsste Glorias Schultern. Sie bog dabei den Kopf mit einem leisen Aufstöhnen zurück. Spielte sie, oder war dies echt?
Niemand konnte das genau bestimmen, denn Gloria sprach mit keinem Menschen über ihre intimen Erlebnisse. Sie besaß den seltsamen Vorzug ungeheuerer Diskretion. Sie gab jedem das Gefühl, geliebt zu werden. Gloria kannte keine Tabus ...
Nun lag sie auf dem breiten französischen Bett, das mit einem weichen Lammfell bedeckt war. Sie hatte ein Knie ein wenig angewinkelt und die Arme ausgebreitet. Das blonde Haar umrahmte ihr Gesicht wie ein Strahlenkranz.
Charly küsste die junge Dirne überall am ganzen Körper, und sie räkelte sich wohlig unter diesen Liebkosungen.
Etwas über drei Stunden blieb dieser Kunde bei Gloria. Als er sich anzog, bemerkte Gloria, dass ihre Hände zu zittern begannen. Unter der dezenten Schminke wurde das Gesicht blass, auf der Stirn bildeten sich winzige Schweißperlen.
»Ist dir nicht gut, Gloria?«, fragte Charly besorgt.
»Ach nein, es geht schon«, sagte sie lächelnd. »Ich hatte in der vergangenen Woche eine leichte Grippe. Das hat mich wohl etwas mitgenommen.«
»Ich werde jetzt auch gehen, Gloria. Du warst wie immer wunderbar. Ich werde diese Stunden bei dir nie vergessen.«
»Ich werde die Zeit mit dir auch nie vergessen«, raunte sie. Dann nahm sie das Geld, das er auf den Tisch gelegt hatte. Es waren zwei Fünfhundertmarkscheine.
»Sobald ich aus Rio zurück bin, werde ich dich anrufen, Gloria. Es könnte allerdings sein, dass ich übermorgen noch einmal komme. Hältst du mir diesen Termin vielleicht frei?«
»Aber gern«, sagte sie. »Selbstverständlich, Charly, das ist doch keine Frage.«
So gab sie ihm das Gefühl, dass er ihr als Kunde am liebsten sei. Dieses Gefühl gab sie jedem, und sie fuhr damit nicht schlecht.
Dann verließ er die Wohnung. Jetzt zitterten Glorias Hände stärker. Sie ging zu dem Sekretär, der unter dem Fenster mit Florentiner Gardinen stand, zog eines der Schubfächer heraus und wühlte darin herum. Sie brachte ein leeres Tablettenpäckchen zum Vorschein.
»Verdammter Mist«, keuchte sie. Nun saß in ihren schönen, hellen Augen ein wildes, beinahe verzweifeltes Flackern. Sie stürzte zu dem elfenbeinfarbenen Telefon, hob den Hörer ab und gab hastig eine Nummer in die Tasten ein. Eine ganze Zeitlang musste sie warten.
»Ich bin es, Gloria«, keuchte sie schließlich in die Sprechmuschel. »Hör zu, Ma-Lei-Tsung, du musst mir etwas besorgen. Ich sitze vollkommen auf dem Trockenen. Ja, bitte, aber mach schnell. Bitte, mach schnell!« Dann legte sie den Hörer auf die Gabel zurück und rollte zur Seite. Sie schloss die Augen.
Ja, das war die Kehrseite der Medaille. Das war die andere Gloria. Die Gloria, die keiner erlebte, außer ein paar eingeweihten Dirnen des Bordells. Gloria Frederic war seit einem Jahr süchtig. Angefangen hatte es mit harmlosen Beruhigungstabletten. Dann waren immer stärkere drangekommen. Schließlich auch Heroin! Gloria versuchte, ihren Heroinkonsum in Grenzen zu halten. Sie hatte sich vorgenommen, wieder von der Nadel herunterzukommen. Sie konnte sich die Einstiche nicht leisten, denn ihre Kunden durften nicht bemerken, dass sie süchtig war.
Die ersten Entzugserscheinungen machten sich wieder bemerkbar. Gloria bekam Krämpfe. Sie zitterte am ganzen Körper. Kalter Schweiß brach ihr aus den Poren. Ihre Hände krallten sich in der Felldecke fest, auf der sie vorhin scheinbar so glücklich mit Charly gelegen hatte.
Sie drückte ihr Gesicht in das Kissen.
»Verdammt, verdammt, verdammt!«, keuchte sie in wilder Verzweiflung. Da läutete das Telefon. Gloria nahm nicht ab. In solchen Situationen war sie nicht fähig, ein Telefongespräch zu führen.
Dann wurde geläutet. Gloria rappelte sich hoch und ging zusammengekrümmt zur Tür. Mühsam konnte sie sich aufrichten und durch den Spion blicken. Draußen stand ein zierliches Mädchen mit mandelförmigen Augen und langem, glattem, schwarzem
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