Leb wohl, liebes Hausgespenst!
herausgeplatzt.
Aber dann wurde ihr klar, daß das für den Mann eine richtige Arbeit war, zu der man ihn befohlen hatte. Wenn er auch die Löcher auf dem großen Golfplatz auf diese Weise präparieren mußte, würde er am Abend wissen, was er getan hatte.
Monika wurde es warm. Sie zog ihre Jacke aus und bedauerte, daß sie sie nicht auch Ingrid mitgegeben hatte. Eine breite, geschwungene Treppe führte zum Clubhaus hinauf. Monika überlegte, ob sie nach oben steigen und versuchen sollte, eine Limonade zu bekommen. Aber sie hatte kein Geld bei sich, und aufschreiben lassen konnte sie das Getränk auch nicht, weil sie nicht einmal ihre Zimmernummer kannte. So blieb sie unten, lief um die Treppe herum und entdeckte einen Laden mit Golfzubehör. Sie überlegte, ob es sich lohnen würde, Ball und Schläger zu kaufen. Man hätte auch auf der Wiese vor dem Haus mit dem Seerosenteich einen kleinen Golfplatz anlegen können. Die Frage war nur, ob sie wirklich spielen würde. Für den Aufenthalt auf der Insel lohnte sich die Anschaffung kaum. Monika entschied, das mit ihren Freunden zu besprechen. Es war schon ganz gut zu wissen, wo sie einkaufen konnten.
Hinter dem Clubhaus gab es keine Straße, sondern nur zwei Wege, die den Hügel hinunterführten. Monika entschied sich für den schmaleren und befand sich schon nach wenigen Metern in einer blühenden Wildnis mit mächtigen Sträuchern und umrankten Bäumen. Es duftete wunderbar. Vögel sangen und zwitscherten in den Zweigen, und weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Es ging hügelauf und hügelab. Immer wieder tat sich die tropische Wildnis zu kleinen Lichtungen auf. Monika fand es herrlich. Hier würden sie die tollsten Spiele spielen können, Indianer und Verstecken und Räuber und Gendarm. Munter lief sie weiter.
Als sie im Bus den Bogen auf der Southwest Road um das Hotel gemacht hatten, hatte sie gesehen, daß das ganze Gelände von einer weißen Mauer umgeben war, niedriger als das Gebäude, so daß sie hatten Einsicht nehmen können. Diese Mauer wollte sie jetzt erreichen und an ihr entlang zum Eingang zurückkehren.
Aber nach einer Weile — sie wußte nicht, wie lange sie schon gelaufen war — verließ sie der Mut. Nach ihrer Berechnung hätte sie längst an der Mauer sein müssen. Aber so angestrengt sie auch vorausspähte, nichts Weißes schimmerte durch die Büsche. Der Weg war immer schmaler geworden.
Erst lief sie weiter, von einer gelinden Panik erfaßt. Dann zwang sie sich zur Ruhe, ging langsamer und immer langsamer und überlegte sich, ob es besser war, die eingeschlagene Richtung einzuhalten oder zurückzugehen.
Sie konnte sich nicht entscheiden. Plötzlich fühlte sie sich sehr allein. Nicht einmal Amadeus war bei ihr. Er hätte ihr sofort gezeigt, wohin sie sich wenden mußte.
Aber sie wünschte ihn nicht herbei. Sie wollte ihn nicht herbeiwünschen. Es wäre doch zu lächerlich gewesen, wenn sie nicht wenigstens ein paar Tage ohne ihn hätte auskommen können! Er hatte ihr mehr als einmal das Leben gerettet — damals, als sie den baufälligen Balkon betreten und fast in die Tiefe gestürzt wäre, oder als sie auf dem Eis eingebrochen war — und sie war ihm dankbar dafür. Aber sie konnte sich doch nicht ihr ganzes Leben auf einen Kobold verlassen. Sie mußte erwachsen und selbständig werden.
Monika beschloß umzukehren. Wenn sie auf dem gleichen Weg blieb, konnte ihr gar nichts passieren. Sie mußte geradewegs zum Clubhaus zurückfinden.
Aber so einfach, wie sie es sich gedacht hatte, war das nicht. Sie kam zu Gabelungen, die sie früher nicht bemerkt hatte, mußte überlegen, ob sie die linke oder die rechte nehmen sollte.
Tapfer schritt sie weiter. Doch das Clubhaus kam nicht in Sicht. Und nach einer Weile mußte sie sich eingestehen, daß sie sich verirrt hatte.
Schreck laß nach! Fast wären ihr die Tränen gekommen. Aber sie war ja kein Baby mehr und wußte, daß in einer schwierigen Situation heulen nichts half, sondern nur überlegen. Mit Mühe unterdrückte sie den oft erprobten Ruf: „Amadeus, hilf!“ — Nein, das wollte sie nicht einmal denken. Sie mußte es allein schaffen.
Aber wie?
Beruhigend sagte sie sich, daß ihr eigentlich gar nichts passieren könnte. Spätestens beim Mittagessen würden Ingrid und die Steins sie vermissen, und sicher würde man eine Suchaktion nach ihr starten. Ganz bestimmt würde man sie finden. So wild und unberührt die Natur hier auch wirkte, mußte sie sich doch noch auf dem
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