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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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1
    Es war unerträglich heiß im Wagen. Das frisch
gestärkte Hemd klebte ihr bereits am Körper, und dunkle Schweißflecken
breiteten sich unter den Achseln aus. Anna Proschinski war froh, endlich
aussteigen zu können. Sie warf die Wagentür ins Schloss und atmete durch. Von
der drückenden Hitze bekam sie Kopfschmerzen, und es graute ihr vor der
bevorstehenden Nachtschicht. Sie zog die Hose ihrer Uniform zurecht und betrat
das Polizeigebäude.
    Das Wachlokal war voller Menschen. Kundschaft, wie man
hier die Kriminellen und ihre Opfer nannte. Ein heilloses Durcheinander,
überall angespannte Gesichter und gereizte Stimmen. Ein Besoffener pöbelte
herum, am Tresen redete eine furchtbar dicke Frau herrisch auf einen Kollegen
ein, und irgendwo weinte ein Kind. Ein anderer Kollege fuhr eine Kaugummi
kauende Prostituierte an und vergriff sich dabei ziemlich im Ton. Die Nerven
lagen offensichtlich bei allen blank.
    Anna drückte sich an der Wand entlang, in der Hoffnung,
nicht ins Geschehen hineingezogen zu werden, und floh in den Bereitschaftsraum.
Dort drückte sie die Tür hinter sich ins Schloss. Der Lärm aus dem Wachlokal
war nur noch gedämpft zu hören.
    Sie legte ihren Rucksack in den Spind und begann, die
Ausrüstungsgegenstände zu überprüfen. Sie war spät dran, ihre Schicht hatte
bereits vor gut zehn Minuten begonnen. Doch wie es aussah, war es keinem
aufgefallen.
    In diesem Moment kam Paul herein, einer ihrer Lieblingskollegen,
mit dem sie in dieser Woche gemeinsam Streife fuhr: im Abschnitt 32, Berlin
Mitte, der von der Platte an der Leipziger Straße bis zu den Touristenattraktionen
rund ums Brandenburger Tor reichte. Paul drückte eilig die Tür hinter sich ins
Schloss, als bestünde die Gefahr, das Chaos aus dem Wachlokal könnte zu ihnen
hineindringen wie Wasser in ein leckgeschlagenes Schiff. Er stieß einen langen
Seufzer aus.
    Â»Kritische Wetterlage heute. Aber wirklich.«
    Anna lächelte. »Das hab ich schon bemerkt.«
    Es war extrem schwül und viel zu heiß für die Jahreszeit.
Das schlug den Menschen aufs Gemüt, viele waren besonders reizbar, andere
verhielten sich seltsam irrational. Bei kritischer Wetterlage, das war allen
klar, drohte ihr Job zum Albtraum zu werden.
    Â»Ich dachte schon, du würdest gar nicht mehr kommen«,
sagte Paul. »Es ist das reinste Irrenhaus hier. Die Hälfte der Einsatzwagen aus
der Tagschicht ist noch nicht wieder da. Und die Kollegen der Nachtschicht
springen schon im Dreieck, dabei hat der Dienst gerade erst angefangen.«
    Â»Sind wir denn weiterhin für diese Razzia eingeteilt?
Oder hat sich wieder alles geändert?«
    Â»Nein, nein. Es geht gleich los. Weiß der Himmel, wieso
das ausgerechnet heute Nacht sein muss.«
    Â»Freu dich doch, so können wir uns wenigstens hier
verdrücken.«
    Sie warf ihre Einsatztasche auf den Tisch und stopfte
die wichtigsten Dinge hinein: Geldbeutel, Schokoriegel, Zigaretten. Danach Handfessel,
Schlagstock, Funkgerät, Taschenlampe, Einweghandschuhe.
    Der Dienststellenleiter steckte den Kopf durch die
Tür. Sein rotes Gesicht glänzte vor Hitze und Anstrengung.
    Â»Anna, Paul? Es geht los, der Bus wartet draußen. Die
Kollegen von der Drogenfahndung sind auch schon da. Jetzt fehlt nur noch ihr.«
    Er verschwand sofort wieder. Doch dann flog die Tür
noch einmal auf. »Und denkt an die Eigensicherung. Ich will, dass ihr Schutzwesten
tragt. In einer Minute seid ihr hier weg, verstanden?«
    Anna stöhnte auf. Hastig begann sie, die restliche Ausrüstung
zu verstauen. Der Schlagstock rutschte aus ihrem Gürtel und fiel zu Boden. Als
sie sich nach ihm bückte, knallte ihre Taschenlampe ebenfalls aufs Linoleum.
Paul stand bereits in der Tür.
    Â»Beeil dich! Ich sag ihnen, sie sollen warten.«
    Anna räumte alles zusammen. Die wenigen Bewegungen
reichten aus, ihr erneut den Schweiß auf die Stirn zu treiben. Wenig später
hastete sie ins Wachlokal. Hinter der Theke trat sie auf ihre losen
Schnürsenkel und geriet ins Stolpern. Mit einem Fluch beugte sie sich herab und
knotete die Schuhe zu. Neben ihr die Tür des Dienststellenleiters, die nur
angelehnt war. Für einen Moment war Ruhe im Wachlokal eingekehrt, und so konnte
Anna seine aufgeregte Stimme hören.
    Â»Es ist mir klar, dass Notstand herrscht«, wütete er.
»Den hab ich hier nämlich auch. Ich muss heute Nacht sogar

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