Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leben im Käfig (German Edition)

Leben im Käfig (German Edition)

Titel: Leben im Käfig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
Vom Netzwerk:
loggte sich ein und wunderte sich nicht, als er feststellte, dass Andreas offline war. Wer hing auch Heiligabend vor dem Computer?
    Seufzend überließ er Katja seinen Rechner und legte sich aufs Bett, um zu lesen. Zwischendurch beobachtete er seine Schwester von hinten und kam zu dem Schluss, dass er sehr froh war, dass sie heute Abend da war. In Hamburg und vor allen Dingen für ihn.
     
    Kapitel 37  
     
    „Könnte bitte mal jemand etwas sagen?“
    Gereizt knallte Katja ihre Kuchengabel auf den Teller und ließ ihre dunkel geschminkten Augen um den Tisch wandern.
    Der zweite Weihnachtsfeiertag zog sich zäh und trocken wie Tanjas Gans vom Vortag dahin und zerrte an den Nerven sämtlicher Anwesenden. Erschwerend kam hinzu, dass die amerikanische Seite der Familie am Vormittag aufgebrochen war. In ihrer Sorge, nicht rechtzeitig zu einer anderen Verpflichtung zu kommen, hatten sie vorzeitig ihren Aufenthalt in Deutschland abgebrochen und ein Wetterloch genutzt, um in die USA zurückzufliegen.
    Sascha vermutet im Stillen, dass der wahre Grund für die verfrühte Abreise die schlechte Stimmung im Hause Holmes gewesen war. Er konnte es ihnen nicht verdenken. Er braucht Tanja nur ins Gesicht zu sehen, um zu wissen, dass sie sich dem Ende ihrer Geduld näherte.
    „Da dein Bruder uns nicht hier haben will, können wir auch genauso gut den Mund halten“, entgegnete ihre Mutter verschnupft.
    Sie sah schlecht aus; müde und abgespannt, als hätte sie seit ihrer Ankunft in Hamburg keine Minute geschlafen.
    „Mama!“
    „Karen!“
    Tanja, Dieter Suhrkamp und Katja hatten gleichzeitig gesprochen.
    Sascha schwieg. Er hatte Angst, den Mund zu öffnen. Wer wusste schon, was für hässliche Dinge sich von seiner Zunge lösen würden, wenn er die Lippen bewegte? Seit ihrem Zusammenstoß vor zwei Tagen wurde er von seiner Mutter mit Missachtung gestraft. Anscheinend hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht, ein schmollendes Mahnmal enttäuschter Mutterschaft zu geben. Sascha ärgerte sich darüber. Immerhin spielte er nicht die beleidigte Leberwurst, obwohl er wahrlich Grund dazu hatte.
    „Was denn? Ihr wolltet doch, dass ich rede. Wenn ich schweige, ist es nicht in Ordnung. Wenn ich etwas sage, auch nicht.“
    „Man kann auch reden, ohne gleich den Holzhammer aus dem Schrank zu holen“, versuchte Tanja die Wogen zu glätten.
    Sie wirkte traurig. Wenn Sascha sie ansah, fühlte er sich mies. Sie hatte sich auf dieses Weihnachtsfest gefreut. Weniger, weil die Suhrkamps anrückten, sondern weil Aiden wieder zu Hause war. Doch in den letzten Tagen hatte sie mehr Stress gehabt als jemals zuvor und Sascha fühlte sich schuldig.
    Karen lehnte sich zurück und nippte beleidigt an ihrer Kaffeetasse: „Das musst du nicht mir sagen, sondern meinem Herrn Sohn. Ich habe den Ärger nicht angefangen.“
    In Sascha begann es gefährlich zu brodeln.
    Sehnsüchtig schielte er in Richtung der Kinder, die nach ihrem ersten Stück Kuchen von der Anwesenheit am Kaffeetisch befreit worden waren und draußen im Schnee spielten. Gut zu wissen, wie seine Mutter die Dinge sah.
    Er hatte den Ärger angefangen. Vermutlich schon, als er wagte, sich nicht in die Richtung zu entwickeln, die ihr vorschwebte. Wie dumm, dass man Kinder nicht im Versandhaus bestellen konnte. In der passenden Farbe, mit dem gewünschten Charakter und von handverlesenen Eigenschaften. So wie die Hunde im Tierheim. Große Hunde, kleine Hunde, Hunde, die schwimmen wollen, verträglich mit Kindern, verträglich mit Katzen, Hunde, die viel fressen, Rüden, die keine anderen Rüden mögen, nur zu erfahrenen Haltern. Und wehe, die Produktbeschreibung stimmte nicht mit dem Endergebnis überein.
    „Lassen wir es gut sein“, wagte Dieter Suhrkamp sich einzumischen. „Wir wollen uns doch vertragen. Immerhin fahren wir morgen früh schon wieder.“
    „Da bin ich nicht böse drum. Wenn die Straßen nicht so verschneit wären, wären wir schon längst gefahren.“
    Genau. Sascha musste an sich halten, um nicht laut zu schnauben. Als wäre seine Mutter freiwillig vor der Zeit gefahren. Damit hätte sie sich ja der Möglichkeit beraubt, ihm alle drei Minuten zu verstehen zu geben, wie tief verletzt sie war. Wie enttäuscht von ihm.
    Unfähig, sich zu bezähmen, raunte er leise: „Drama Queen.“
    Seine Mutter reagierte augenblicklich, als hätte sie ihre Ohren wie Radarschüsseln in seine Richtung gedreht, um das kleinste Wort aufzufangen: „Was war das?“
    Sascha wusste, dass er jetzt

Weitere Kostenlose Bücher