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Leben im Käfig (German Edition)

Leben im Käfig (German Edition)

Titel: Leben im Käfig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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schweigen musste. Dringend. Schweigen, an etwas anderes denken, sich ablenken, aber er schaffte es nicht. Sein Temperament ging mit ihm durch – schon wieder.
    Er drehte sich halb auf seinem Stuhl um und sah seiner Mutter in die Augen: „Ich sagte Drama Queen. Weil du so tust, als wärst du die Leidtragende hier. Dabei hast du es doch verbockt.“
    Zwei Sekunden später bereute er seine unbedachten Worte, denn Karen verlor die Beherrschung: „Wie kannst du es wagen? Sascha? Ich bin deine Opferhaltung sowas von Leid. Für dich gibt es nur noch dich und deine komische Neigung auf der Welt. Alles andere interessiert dich nicht mehr. Wir wollten alle immer nur das Beste für dich. Und wir wollten ein besinnliches Weihnachtsfest mit dir feiern. Aber deine Familie ist dir mittlerweile ja völlig egal. Hauptsache, du kannst machen, was du willst, und nach dir die Sintflut.“
    „Geht's noch?“, fauchte Sascha zurück. „Hörst du dir eigentlich noch selbst zu? Du traust dich echt was. Erst redest du von meinen komischen Neigungen und im nächsten Satz beschwerst du dich, dass ich mich nicht ins Familienleben einfüge. Hallo? Ist dir mal aufgefallen, dass ich nicht grundlos nicht mehr daheim wohne?“
    „Ach, hör doch auf! Du tust ja geradezu so, als ob wir dich aus dem Haus getrieben hätten. Du wolltest doch unbedingt weg. Du wolltest nach Hamburg zu deiner coolen Tante. Du hast es mit uns nicht mehr unter einem Dach ausgehalten, nur weil wir dir einmal keine freie Hand gelassen haben.“
    Freie Hand?
    Fassungslos riss Sascha die Augen auf, wusste im ersten Moment kaum, was er sagen sollte.
    Doch sein Mundwerk funktionierte losgelöst von dem eisigen Gefühl in seinem Kopf und seinen Adern, wehrte sich vehement gegen die ungeheuerlichen Anschuldigungen: „Ja, natürlich wollte ich nach Hamburg. Aber doch nicht, weil ich hier meinen Spaß haben will. Und ich wollte auch nicht zu Tanja, weil sie cool ist, sondern weil sie mich so nimmt, wie ich bin. Weil sie mich akzeptiert!“ Seine Stimme gewann an Heiserkeit, als es ihm zunehmend schwerer fiel zu sprechen. „Und es ist mir scheißegal, wie du es drehst, damit du dich besser fühlst und ein gutes Gewissen hast: Ja, ihr habt mich aus dem Haus getrieben. Ihr habt mich wie den letzten Dreck behandelt. Ich habe euch vorher schon nicht in den Kram gepasst und nach der Sache mit Kai erst recht nicht mehr. Ich weiß gar nicht, was du willst. Dein Leben ist ohne mich doch viel bequemer. Oder sind jetzt die Nachbarn das Problem, die von dir wissen wollen, wo ich geblieben bin? Pech gehabt. Das hast du dir selbst eingebrockt und ich ... ich ... weißt du was, du kannst mich mal. Papa hat wenigstens hinten herum die Eier, zu mir zu stehen. Aber du, du schämst dich wohl nur noch für mich.“
    Karen liefen Tränen über das Gesicht – Tränen, für die Sascha sich schlecht fühlen sollte, aber nicht tat -, als sie schockiert flüsterte: „Ja, du hast recht. Ich schäme mich wirklich. So habe ich dich nicht erzogen. So selbstsüchtig, gemein und ... und ...“
    „Schwul?“
    Sascha lachte bitter auf und erhob sich.
    In letzter Zeit schien es zu guter Tradition zu werden, dass er vor der Zeit den Esstisch verließ. Es war ohne Zweifel besser so. Lieber gehen, statt zu bleiben und dem Bedürfnis, mit Geschirr zu werfen, nachzugeben.
    Er stürmte in sein Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu, vernahm einen Fluch und drehte sich erschrocken um, als die Tür wieder geöffnet wurde und seine Schwester hereinkam: „Das war verdammt knapp, Mann. Ich hätte das Ding beinahe vor die Rübe bekommen.“
    „Sorry, Kleines“, murrte Sascha schwer atmend; nicht sicher, ob er nicht lieber allein sein wollte. Es stach schmerzhaft in seiner Seite und ihm war danach zumute, gegen den Schrank zu treten.
    Stattdessen drehte er sich zornig zu Katja um und rief: „Sag mal, bin ich bescheuert oder ist sie es? Habe ich vielleicht irgendwie einen an der Erbse? Hat sie recht mit dem, was sie sagt? Und ich bin der Idiot in diesem Spiel und merke es nur nicht?“
    „Nö, bist du nicht“, erwiderte sie wie aus der Pistole geschossen und setzte sich im Schneidersitz auf sein Bett. „Gut, vielleicht solltest du an deiner Selbstbeherrschung arbeiten. Aber Mama spinnt sich gerade echt ganz schön was zusammen. Hast du Papas Gesicht gesehen? Ich glaube, sie ist ihm peinlich.“
    „Na, davon kann ich mir ja was kaufen“, höhnte Sascha. „Hinten herum brauche ich keine Unterstützung. Ich

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