Leben im Käfig (German Edition)
Freund ein Problem damit hatte, sich neben ihn zu legen. Aber das war ausgemachter Blödsinn und er war zu müde, um darüber nachzudenken.
Und somit schlief er ein, noch bevor der Vorspann des Action-Streifens in die Handlung übergegangen war. Es war weder ein fester noch ein ruhiger Schlaf, denn die untergründige Unruhe im Raum lastete auf seinem Unterbewusstsein wie ein Granit.
* * *
Andreas war nicht der Einzige, der nichts von dem eher tumben Film mitbekam. Sascha ärgerte sich ein wenig, dass er nicht einen Film mit mehr Substanz ausgesucht hatte, auf den man sich besser konzentrieren konnte. Ob es nun besser gewesen wäre, einen hochgeistigen Streifen zu wählen und hinterher kleinlaut zuzugeben, dass er nichts begriffen hatte, wagte er allerdings zu bezweifeln.
Statt auf die Ereignisse im Fernseher zu schauen, drehte er leicht den Kopf und ließ den Blick durch das Zimmer streifen; tunlichst darauf bedacht, Andreas nicht anzusehen.
Alles, nur nicht Andreas.
Er betrachtete die ordentlich sortierten Regale, in denen sich die Filme und Bücher von dem hellen Holz abhoben. Die wenigen freien Flächen waren ausnahmslos mit hochauflösenden Fotografien von fernen Orten geschmückt. Offenbar mochte Andreas Ruinen jeglicher Art.
Auf dem Schreibtisch lag Saschas neues Buch. Sein Mundwinkel zuckte. Mit einer solchen Geste hatte er nicht gerechnet. Schon gar nicht damit, dass Andreas sich gemerkt hatte, dass er sich den Roman in dieser Fassung wünschte. Es war nett, lieb, aufmerksam, aussagekräftig? Irgendwie war das liebevolle Geschenk in Saschas verwirrtem Zustand zu viel des Guten.
Wann war alles so schwierig geworden? Seit wann konnte er Andreas nicht mehr ansehen, ohne dass sein Mund trocken wurde? Das Wissen, das Andreas schwul war, konnte doch unmöglich so viel ändern. Sascha war zwar neugierig und bereit für Erfahrungen, aber er fiel normalerweise nicht wie ein Raubtier über jeden Mann her, der am gleichen Ufer stand wie er. Bei Andreas hingegen ...
Kurz, es war ein komplizierter Tag und die paar Zentimeter Raum zwischen ihnen schützten Sascha nicht vor ... Gedanken. Er wusste selbst, dass er seine Nervosität nicht gut maskieren konnte. Insofern war es eine gute Sache, dass Andreas schlief. Es war die ideale Gelegenheit, um selbst zur Ruhe zu kommen.
Diesen edlen Vorsatz im Hinterkopf fixierte Sascha wieder den Fernseher. Leider hatten seine Bemühungen etwas von dem Versuch, eine junge Katze zu erziehen; fruchtlos, um es auf den Punkt zu bringen.
Sein Hals führte ein Eigenleben und drehte sich ungefragt alle dreißig Sekunden zu Andreas um. Dass seine Unterleibsregion in gewissen Situationen den Aufstand probte, war nichts Neues für ihn, aber dass sein restlicher Körper ebenfalls zum Usurpator wurde, fand Sascha stressig. Seine Finger wollten, sein Arm verlangte, seine Nase schnupperte, sein Hals schlängelte und seine Augen guckten halt.
Er konnte natürlich sein Glück versuchen. Wären da nicht die vielen, unbekannten Faktoren gewesen. Wenn er mal die Überlegung, dass er Andreas vielleicht gar nicht gefiel, beiseiteschob, dann blieben noch genug Probleme. Sie waren Freunde und er wollte diese Verbindung nicht hergeben. Er hatte in letzter Zeit schon genug Boden unter den Füßen verloren. Zwar strauchelte er noch nicht, aber er musste sein Leben nicht unnötig komplizieren.
Dazu kam die Verantwortung. Andreas war niemand, mit dem man einmal fummelte und den man hinterher fallen ließ wie eine heiße Kartoffel. Sascha konnte es nicht benennen, aber diese Vorstellung tat ihm selbst körperlich weh. Vielleicht lag es daran, dass er von der Zurückweisung wusste, die sein Freund Tag für Tag zu erdulden hatte.
Oder vielleicht bist du auch einfach nur eine Drama-Queen, sagte er sich selbst und zwang sich, wieder den Fernseher anzupeilen.
Warum sprangen die Schauspieler aus einem Hubschrauber in den Amazonas? Seit wann waren sie in Südamerika und warum? Wohin war die Handlung verschwunden, während er sich mit anderen Dingen beschäftigte?
Sascha gab sich alle Mühe, sich abzulenken. Dass Andreas ihn nach ein paar Minuten wieder aus seiner selbst auferlegten Starre riss, war mehr als unfair. Böse sein konnte Sascha ihm dennoch nicht, denn Andreas schien schlecht zu träumen. Zwar strampelte er nicht mit den Beinen, redete im Schlaf oder ertrank in seinem eigenen Schweiß, aber er bewegte den Kopf von links nach rechts und hatte die Stirn in Falten gelegt. An seinem Kiefer
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