Leben im Käfig (German Edition)
Seite einen prüfenden Blick zu und nahm sich ein Herz.
Freundschaftlich legte er ihr einen Arm um die Schulter: „Mach dir keine Gedanken. Ich erzähle keinem, was passiert ist, okay?“
„Okay“, flüsterte sie. „Können...... willst du wieder reingehen oder können wir noch ein bisschen bleiben? Quatschen und so?“
Dagegen hatte Sascha nichts einzuwenden.
Anfangs war es etwas eigenartig, sich nach dem peinlichen Zwischenfall mit Miriam zu unterhalten, doch nach und nach fanden sie ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass sie sich gut verstanden – oder das Bier in ihrem Bauch erzeugte die Illusion, dass sie auf einer Wellenlänge schwammen. Sie lachten miteinander und schließlich entspannte Miriam sich merklich. Angesichts des Tempos, in dem sie sich von seiner Zurückweisung erholte, hoffte Sascha ablesen zu können, dass sie nicht bis über beide Ohren in ihn verliebt war. Sonst hätte sie sicher anders reagiert, oder?
Sie redeten über die nahenden Prüfungen – weniger über den Unterrichtsstoff oder die Angst davor, als viel mehr über das, was sie tun würden, wenn sie ihr Zeugnis in den Händen hielten -, über Musik und Filme, über die Planung einer Party im März, aus unerfindlichen Gründen über die Schönheit norwegischer Fjordlandschaften und über Andreas.
Wobei sich Sascha darauf beschränkte, von seinem Freund zu schwärmen und zu betonen, dass er ihn viel zu lange nicht gesehen hatte. Wobei er mit „gesehen“ eigentlich „mit ihm im Bett gewesen“ meinte. Miriam lauschte ihm und vermied es, die Eifersucht zu zeigen, die sie empfand.
Gegen vier Uhr morgens griffen Müdigkeit und Kälte nach ihnen und vertrieben sie aus der Laube. Allerdings nicht, ohne sich für den kommenden Donnerstag zum Lernen zu verabreden.
Zum Abschied umarmte Sascha das hübsche Mädchen und hoffte, eine Freundin gefunden zu haben. Miriam war toll und er bewunderte sie dafür, wie gelassen sie seinen Korb schluckte. Genug andere Frauen wären hysterisch stiften gegangen. Glaubte er zumindest.
Sich von Erbse zu verabschieden, war nicht mehr möglich, da er sich Augenzeugen zufolge auf dem Klo eingeschlossen hatte und sich die Zutaten seiner Party durch den Kopf gehen ließ. Es sah aus, als wäre die Fete zu Ende.
Sascha tat sich mit einigen anderen zusammen, um sich ein Taxi zu bestellen. Um nicht unnötig Geld aus dem Fenster zu werfen, ließ er den Fahrer jedoch nicht in die Chaussee einbiegen, sondern stieg vorher aus. Die wenigen Hundert Meter bis zum Haus seiner Tante zu Fuß zu gehen, würde ihm nicht schaden.
Als Sascha allein über den Bürgersteig schlenderte und dabei manches Mal nach einem der Bäume griff, um sich abzustützen, überkam ihn unerwartet eine Woge heftiger Gefühlswirrungen. Auf der einen Seite Melancholie, auf der anderen Lust.
Die Party war großartig gewesen und er bereute es nicht, sie besucht zu haben. Sie hatte ihm gut getan und er wusste, dass er in Zukunft mehr davon wollte. Aber er sehnte sich nach Andreas.
Verdammt, Erbses Geburtstag hatte sie einen gemeinsamen Tag gekostet. Sascha fühlte sich zerrissen. Wie herrlich wäre es, jetzt zu seinem Freund schleichen zu können? Sich zu ihm ins Bett zu legen und ihm mit kalten Fingern zwischen die Beine zu greifen? Seinen Hals küssen, bis er sich regte und gegen Saschas Brust streckte. Bis er sich an ihn drängte und sich letztendlich seufzend zu ihm umdrehte.
Aber wieder war Sascha sich nicht sicher. Vor seinem inneren Auge versuchte er, Andreas' lange Gestalt in die Doppelgarage zu den Freunden zu drapieren. Versuchte sich vorzustellen, wie sie sich über die Köpfe der anderen hinweg zuzwinkerten; genau wissend, dass sie schmutzige Gedanken miteinander teilten und der Abend erst begann, wenn sie sich wild küssend über den Fußboden rollten.
Unmöglich. Utopisch. Und doch gut.
Vielleicht sollte er Andreas wissen lassen, dass er sich für die Zukunft mehr wünschte. Zwischen ihnen, mit ihnen. Und zwar nicht mehr Zeit in der Abgeschlossenheit der Winterfeld-Villa.
Frustriert blieb Sascha stehen. Schwankend öffnete er seine Jackentasche und fischte sein Handy heraus. Er dachte nicht nach, als er nach dem richtigen Eintrag suchte und Andreas anrief. Er wollte ihn sprechen. Jetzt. Ihm sagen, wie er empfand.
Ungeduldig trat er von einem Fuß auf den anderen, während es an seinem Ohr klingelte. Lange meldete sich niemand, aber er war nicht bereit aufzugeben. Immerhin wusste er mit Sicherheit, dass Andreas daheim
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