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Leben im Käfig (German Edition)

Leben im Käfig (German Edition)

Titel: Leben im Käfig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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fühlte sich gut an, Sascha neben sich zu wissen, während die bleierne Schwere über ihn kam.
     
    Sascha ließ sich in der Zwischenzeit von der Handlung des Films gefangen nehmen. Das blutige Gangster-Epos war rasant genug, um ihn zu fesseln, aber forderte keine Gehirnleistung von ihm. Genau das Richtige für einen ersten Schultag, an dem einiges daneben gegangen war. Der krönende Abschluss war gewesen, dass er einen falschen Bus erwischte und viel später daheim war, als der Stundenplan vorgesehen hatte. Er zwang sich, nicht daran zu denken. Er war in seinem sicheren Hafen und Vollidioten, die ihn provozierten und seine Grenzen austesteten, gehörten nicht hierher.
    Es dauerte eine Weile, bis er merkte, dass sich auf der anderen Seite des Bettes nichts mehr regte. Auf eine flapsige Bemerkung bekam er keine Antwort.
    Verwundert drehte er den Kopf und stellte fest, dass Andreas tief und fest schlief. Nur sein leiser, regelmäßiger Atem war zu hören. Sascha lächelte und schaute wieder auf die Mattscheibe.
    Anscheinend war nicht nur für ihn der erste Schultag anstrengend gewesen.
    Wenige Minuten später regte Andreas sich im Schlaf und zog wieder seine Aufmerksamkeit auf sich. Sascha biss sich auf die Unterlippe, als er den Freund näher in Augenschein nahm. Er hatte Andreas noch nie so entspannt gesehen. Seine lange Gestalt lag ausgestreckt auf der Matratze. Seine Arme waren unter seinen Kopf gebettet und verlängerten optisch die schlanke Linie seines Oberkörpers.
    Am auffälligsten war jedoch die Veränderung in seinem Gesicht. Der gehetzte Ausdruck, der Sascha bei ihren ersten Begegnungen irritiert hatte, war verschwunden. Seine Züge waren ebenmäßig, wohl proportioniert. Die glatte Mähne hatte sich weich auf dem Kopfkissen verteilt und gab ihm gemeinsam mit einem Anflug von Bartschatten etwas Verwegenes.
    Mit schwarzen Haaren statt braunen, ein wenig mehr Farbe im Gesicht und frisch rasiert hätte man sich Andreas gut auf einem Schecken durch die nordamerikanischen Ebenen reitend vorstellen können. Aber nein, dafür war er wohl zu groß und die Form seiner Augen zu offen. In einem Wikinger-Film wäre er vermutlich besser aufgehoben, aber dafür fehlte es ihm an Masse und Wildheit.
    Woran immer er Sascha erinnerte, eigentlich sah Andreas ziemlich gut aus. Vor allen Dingen hatte er einen bemerkenswerten Körper, der unter anderen Umständen sicher sein Interesse geweckt hätte. Oder tat er das sogar?
    Toll, Tanja. Das hast du ja sauber hinbekommen , stöhnte Sascha innerlich und schob die unpassenden Gedanken beiseite. Ein Freund war ein Freund und niemand, an dessen Bauchmuskeln man sich aufgeilte. Schon gar nicht innerhalb dieser Konstellation und bei einem Mann, der wirklich andere Sorgen hatte.
    Apropos andere Sorgen. Nachdenklich kratzte Sascha sich am Hals. Etwas hatte sich schleichend zwischen ihnen verändert und weckte seine Neugier. Sobald der Kumpel aufwachte, würde er ihn fragen, ob seine Beobachtung richtig war.
    Sascha musste lange warten, bevor er seine Frage stellen konnte. Andreas wachte zum Ende des Films nicht auf. Kurz dachte Sascha daran, ihn zu wecken, brachte es aber nicht über das Herz. Stattdessen stand er ganz leise auf und suchte sich den nächsten Streifen aus.
     
    Das erste, was Andreas wahrnahm, als er endlich erwachte, war, dass er schon lange nicht mehr so gut und tief geschlafen hatte. Er war ausgeruht und konnte im ersten Moment nicht sagen, warum er gute Laune hatte. Erst, als er sich auf die Seite rollte und realisierte, dass er nicht allein war, dämmerte ihm die Erkenntnis.
    Sascha war noch da, hatte es sich halb aufgerichtet gegen das Kopfbrett des Bettes bequem gemacht. Am liebsten hätte Andreas seinen Kopf in den Schoss des anderen Jungen gelegt. Als er lauthals gähnte, sah Sascha ihn an: „Na, Dornröschen, wieder an Deck?“
    „Pfft“, brummte Andreas lachend und schlug nach dem Spötter wie nach einer lästigen Fliege. „Halbwegs.“
    „Das ist gut.“ Ein merkwürdiger Gesichtsausdruck zwischen Erwartung und Unsicherheit lag auf Saschas Zügen.
    Andreas streckte sich ausgiebig und warf einen Blick auf den Fernseher: „Lief vorhin nicht noch was anderes?“
    „War durch. Du warst lange weg.“
    „Sorry, ich hatte keine gute Nacht“, entschuldigte Andreas sich und unterdrückte ein weiteres Gähnen. Trägheit machte seine Gliedmaßen angenehm schwer. Der Schlaf wollte ihn wieder holen und er hatte nichts dagegen. Fast nichts. Immerhin wollte er

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