Leben mit Hochsensibilitaet
Dann laden wir Familie und Freunde ein und sind stolz auf unser Heim – auf das, was wir ihnen präsentieren können.
Ein Haus ist ein Zuhause, wie klein es auch sei, wie luxuriös oder einfach. Es ist unser Nest, unser Unterschlupf, unsere Burg. Wir ziehen uns dorthin zurück, wenn wir Zeit zum Alleinsein brauchen, und wir organisieren dort Feste, wenn wir mit anderen unsere Lebensfreude teilen wollen. So ist auch das Verhältnis zu unserem Körper. Jedenfalls sollte es so sein.
Hochsensible haben gelegentlich eine Hass-Liebe-Beziehung zu ihrem Körper. Natürlich gilt das nicht für jeden Hochsensiblen. Vielleicht bist du ja in dieser Hinsicht sehr fähig, fühlst dich prima in deinem Körper und achtest gut auf seine Bedürfnisse. Häufig kommt es allerdings vor, dass Hochsensible nicht oder nur unzureichend gelernt haben (oder vielmehr: sich abgewöhnt haben), für ihren Körper zu sorgen. Wie ein Haus, das nicht mehr instand gehalten wird. Oder wie ein Haus, das langsam „zugemüllt“, mit Gerümpel angefüllt wird. Oder wie ein Haus, das kalt und leer erscheint,in dem grundlegende Dinge wie Heizung oder ein gedeckter Esstisch fehlen. Es kann sein, dass du deinen Körper nicht gut versorgt hast, weil du (unbewusst) böse auf ihn bist. Oder vielleicht erschien dir die Versorgung sinnlos oder beängstigend. Oder vielleicht hast du einfach nur nicht bemerkt, dass da etwas nicht stimmte.
Dein Körper hat dir in der Vergangenheit vielleicht so viel Mühe bereitet, dass du dich immer weniger um ihn gekümmert hast. Du hast ihn verleugnet und vernachlässigt. Du hast vielleicht gedacht, du musst genauso stark und energisch sein wie alle anderen in deiner Umgebung, du musst genauso viel verkraften können wie sie – und das bewirkte, dass du dich verausgabt hast, zu viel von dir verlangt hast. Es ist vielleicht wie bei einem Feld, das intensivst genutzt wird, um optimalen Ertrag zu liefern, ohne Chance auf Ruhe und Regeneration, und irgendwann ist der Boden dann ausgelaugt. Das kann so sein, muss es aber nicht. In diesem Kapitel geht es im weitesten Sinn um die Beziehung der hochsensiblen Persönlichkeit zu ihrem Körper.
Ich halte den Körper für einen wichtigen Ansatzpunkt, weil man darüber sich selbst ausgezeichnet ins Gleichgewicht bringen kann. Der Körper ist der greifbarste und praktikabelste Zugang zu sich selbst – und gleichzeitig der Bereich, in dem viele Hochsensible (teilweise) geschädigt sind. Besonders für Hochsensible ist es lebenswichtig, gut für den eigenen Körper zu sorgen. Das bedeutet vor allem, gut auf seine Signale zu achten. Erst wenn die Signale aufgefangen werden, kann man beginnen, diese zu verstehen und Konsequenzen daraus zu ziehen. Das erfordert viel Einsatz, Verständnis und Respekt. Manchmal erfordert es auch Mut und die Bereitschaft, alten Schmerz zu fühlen. Unser Körper macht uns ständig klar, was gut für uns ist, doch wenn wir uns nicht die Zeit nehmen, ihm richtig zuzuhören, entfremden wir uns von ihm. Deshalb ist es für Hochsensible erforderlich, zuerst einmal nachzuvollziehen, wie Informationen (Sinnesreize) in uns hineinströmen, und zu verstehen, was sie im Körper bewirken. Im Folgenden versuche ich, Anhaltspunkte zu geben, mit deren Hilfe du besser verstehen lernst, was dein Körper verlangt, und dich in dieser Wahrnehmung üben kannst.
2.2 Nerven und Sinnesorgane
Hochsensibilität beginnt bei den Sinnesorganen. Sinnesorgane sind ständig auf Reize ausgerichtet, die sowohl von außerhalb als auch von innerhalb des eigenen Systems kommen. Die Sinnesorgane reagieren, indem sie sich jeder Änderung von Geruch, Farbe, Bewegung, Klängen, Gefühlen, Energien öffnen. Sie geben Impulse an das Gehirn zur Verarbeitung weiter. Wahrnehmung beginnt erst, nachdem diese Impulse im Gehirn über einen komplizierten Prozess von niederen zu höheren Nervenarealen weitergeleitet, verarbeitet und interpretiert wurden. Erst dann wird uns bewusst, was wir sehen, hören, denken und fühlen.
Hochsensible besitzen nicht etwa mehr oder bessere Sinnesorgane als weniger sensible Menschen. Viele Hochsensible sind beispielsweise stark kurz- oder weitsichtig. Manche hören vielleicht etwas schlechter, und ebenso wie bei weniger sensiblen Menschen nehmen im Alter die Fähigkeiten der Sinnesorgane ab. Was bei Hochsensiblen anders läuft, spielt sich irgendwo zwischen Sinnesorgan und bewusster Wahrnehmung, also „unterwegs“, in der dazwischenliegenden Verarbeitung ab. Hochsensible
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