Leben mit Hochsensibilitaet
verarbeiten anders, und auf eine tiefe, subtile Art nehmen sie dabei mehr wahr als der Durchschnittsmensch.
Hochsensible verarbeiten Reize anders, intensiver. Und sie scheinen mehr zu reflektieren über das, was bei ihnen hereinkommt. Diese Neigung des Reflektierens macht sie zu gewissenhaften Menschen. Was vom Gehirn wahrgenommen wird, wird in viele kleine Facetten aufgeteilt. Einfach gesagt: Wenn eine weniger sensible Person drei Farben wahrnimmt, sieht eine hochsensible Person vielleicht zehn unterscheidbare Farbnuancen. Dieses Sortieren eröffnet Hochsensiblen die Möglichkeit, Dinge tiefer zu erfahren. Doch das benötigt Zeit und Energie. Je mehr Reize, desto mehr Zeit und Energie sind erforderlich, um diese zu verarbeiten.
Es gibt noch einen weiteren Aspekt. Wie wir auf Reize von außen reagieren, so reagieren wir auch auf alles, was sich aus unserem Inneren meldet. Wenn man von Reizen spricht, denken die meistenan Impulse, die von außerhalb des Körpers kommen – doch Impulse wie Hunger, Durst, Schmerz und Gefühle sind ebenfalls Reize, die über unsere Nervenbahnen zum Gehirn geleitet, verarbeitet und uns bewusst werden und einen erhöhten Erregungszustand bewirken können.
Beides, interne wie externe Reize, nehmen Hochsensible intensiv wahr.
2.2.1 Hunger
Hunger wird von vielen Hochsensiblen als etwas wahrgenommen, was sie besonders unruhig und gestresst machen kann. Viele Hochsensible entwickeln deshalb einen für andere manchmal etwas irritierend wirkenden Fanatismus bezüglich des Essens. Wenn sie nicht zum richtigen Zeitpunkt essen, sinkt ihr Blutzuckerspiegel, sie fühlen sich zittrig, schlapp, bekommen Kopfschmerzen und schlechte Laune. Das kann manchmal zu argem Unmut bei denen führen, die in der Umgebung eines Hochsensiblen leben und dieses Verhaltensmuster nicht nachvollziehen können. Dennoch ist allen besser gedient, wenn der hungrige Hochsensible auf die eigenen Signale hört und seinem Hungerimpuls nachgibt. Schon ein wenig Essen bewirkt hier Wunder.
Marianne berichtete mir, dass sie nun endlich begreife, warum sie im Urlaub durchweg gegen fünf Uhr nachmittags mit ihrem Partner Streit bekomme. Das war der Zeitpunkt, zu dem sie einen Campingplatz suchen mussten, und es war gleichzeitig der Zeitpunkt, an dem sich bei ihr stets der Hunger meldete. Letzteres wirkte sich so negativ auf ihr Wohlbefinden und ihre Stimmung aus, dass die Suche nach einem Campingplatz – eine sowieso schon stressige Angelegenheit – mit ihrer miesen Stimmung zusammenkam und regelmäßig in Streit mündete. Erst als sie sich angewöhnte, um diese Zeit zunächst einen Happen zu essen, bevor die Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten begann, kehrte Frieden ein – es gab tatsächlich kein einziges Mal mehr Streit zu diesem Zeitpunkt.
2.2.2 Berühren
Susanne, eine hochsensible Frau, berichtet: „Mein Tastsinn ist stark entwickelt. Menschen, die ich mag, berühre ich gerne an den Händen, am Gesicht, an der Haut. Ich finde es auch beeindruckend, Steine zu berühren, beispielsweise Statuen oder ein Stückchen Mauer eines verfallenen Hauses, mit dem viel Geschichte verbunden ist. Ich modelliere gerne mit grobkörnigem Ton; ich forme Keramikfiguren (expressive Köpfe). Es ist, als würde in meinen Fingerspitzen eine schöpferische Energie leben, die in die Tonmasse übergeht und eine Figur entstehen lässt.“
Berührungen können hochsensible Menschen besonders intensiv erleben. Berührung in der Form von Sexualität kann deshalb sehr stark wirken – mit der Folge, dadurch positiv oder negativ überwältigt zu werden. Manche Hochsensiblen geben an, dass sie Intimität und Sexualität als wunderbar erfahren, weil sie darin völlig aufgehen. Andere sind aus Erfahrung vielleicht behutsam und eher vorsichtig geworden und haben gelernt, sich vorsorglich vor Reizüberflutung abzuschließen. Wie sieht es bei dir aus? Wie erfährst du Intimität?
Berührung ist auch eine Möglichkeit, die eigenen Grenzen besser kennen zu lernen. Durch meine Erfahrung beim Geben und Empfangen von Shiatsu-Massagen habe ich gelernt, dass Berührung sowohl für den Berührenden als auch für den Berührten eine Wohltat sein kann, wenn man sie als ein Mittel ansieht, sich selbst, seinem eigenen Kern, näher zu kommen. Die Haut mit ihren zahllosen Sinneszellen wird durch Berührung gesünder und elastischer. Diese Umhüllung, die einen von der Außenwelt trennt, lernt man durch Massage besser kennen. Durch Massage verbindet man sich mehr mit
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