Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben
Jenseitsvorstellungen oder irgendeine andere Doktrin geht, dann bedeutet Uneinigkeit auf keinen Fall, dass solche Vorstellungen nicht wahr wären. Und auch die Tatsache, dass man sein Christentum erlernt hat, weil man im Bible Belt aufgewachsen ist, sagt nichts darüber aus, ob solche Überzeugungen wahr oder falsch sind. Der Atheist erliegt hier dem, was man in der Logik einen »genetischen Trugschluss« nennt. Der Ausdruck hat nichts mit Genen zu tun, sondern bezieht sich auf Ursprünge. Sie können sich das so vorstellen: Wenn man in New York
aufgewachsen ist, wird man mit größerer Wahrscheinlichkeit an Einsteins Relativitätstheorie glauben, als wenn man in Neuguinea groß geworden wäre. Jemand aus Oxford in England wird mit größerer Wahrscheinlichkeit ein Atheist sein als jemand aus Oxford, Mississippi. Was sagt uns das über den Wahrheitsgehalt solcher Überzeugungen? Nichts. Die geografischen Wurzeln Ihres Glaubens haben keine Bedeutung für die Gültigkeit Ihrer Überzeugungen.
Aber was ist mit der umfassenderen atheistischen Behauptung, Religionen stellten eine Art Ersatzwissenschaft dar, ihnen fehlte nicht nur die wissenschaftliche Objektivität, sondern ihre Behauptungen schlössen sich auch gegenseitig aus? Wir wollen das prüfen, indem wir einen kurzen Ausflug in die Geschichte unternehmen und uns die Jenseitsvorstellungen verschiedener Kulturen genauer ansehen. Wir vergleichen hier keine Religionen – etwas, was vielen Christen aus einem Grund zuwider ist, den der Priester und Autor Ronald Knox so formuliert: »Die vergleichende Religionswissenschaft ist der beste Weg, vergleichsweise religiös zu werden.« 4 Was wir hier machen, ist etwas ganz anderes. Wir versuchen nicht, die religiöse Vielfalt zu bestätigen oder zu behaupten, dass alle Religionen gleich gültig sind, sondern wir vergleichen eine Reihe atheistischer Behauptungen über die Weltreligionen mit der empirischen Realität dessen, was die Anhänger dieser Weltreligionen tatsächlich glauben.
Zu den verblüffendsten Aspekten des Jenseitsglaubens gehört die Tatsache, dass er absolut universell ist. Alan Segal hat das in seiner mit kirchlicher Lehrautorität versehenen Untersuchung Life after Death eindeutig festgestellt. Segal zeigt, dass jede Kultur seit Beginn der Menschheitsgeschichte
irgendeine Vorstellung von fortdauernder Existenz vertreten hat. Frühe Zivilisationen in Ägypten, Mesopotamien, China, Indien und auf dem amerikanischen Doppelkontinent haben alle daran geglaubt, dass es irgendeine Art von Leben jenseits des Grabes gibt. 5 Segal weiß natürlich, dass nicht jeder einzelne Mensch in diesen Kulturen ein Weiterleben nach dem Tod erwartet hat. Die meisten frühen Kulturen haben lediglich bei den Angehörigen des herrschenden Adels Vorkehrungen für ein zukünftiges Leben im Jenseits getroffen. Bauern und andere gewöhnliche Leute galten als nicht wichtig genug, um die Erwägung eines Lebens nach dem Tod zu rechtfertigen.
In Ägypten haben beispielsweise Tausende von Arbeitern die drei Pyramiden von Gise errichtet. Die Ägypter balsamierten die Körper ihrer Pharaonen ein, bandagierten sie und bestatteten sie manchmal in mehreren Särgen, die ineinandergestellt wurden. Das Gesicht wurde gewöhnlich mit einer Maske bedeckt, um die Identität des Verstorbenen zu wahren. Sumerische Ausgrabungen haben gezeigt, dass Angehörige der herrschenden Klasse in Särgen beigesetzt wurden, die verschiedenste Grabbeigaben enthielten, darunter Schmuck, Kronen, Spiele, Waffen und Essgeräte. Gelegentlich wurden Diener mit ihren Herren begraben, um ihnen auch im nächsten Leben zu dienen. Diese Tatsachen widerlegen die Vorstellung, dass die alten Religionen nur den Eliten als Werkzeug dienten, um das gemeine Volk mit seinem Schicksal auszusöhnen, indem man ihm eine wunderbare Existenz im nächsten Leben versprach. »Man ging davon aus«, schreibt der Theologe John Hick, »dass sich die Ungleichheit in diesem Leben auch im nächsten fortsetzen würde.« 6
Die Universalität des Jenseitsglaubens ist erstaunlich, weil er nicht zu den empirisch ofensichtlichen Überzeugungen gehört, die man in jeder Gesellschaft von den frühesten Anfängen der Menschheit an erwarten würde. Es überrascht nicht, dass man überall an Berge, Regengüsse oder Tiere glaubte, weil das alles ohne Zweifel sinnlich erfahrbar war. Aber es ist eine völlig andere Sache, wenn alle Kulturen in der Geschichte bis in unsere Gegenwart einer Idee anhängen, die sich
Weitere Kostenlose Bücher