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Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben

Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben

Titel: Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkana Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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anscheinend durch keine Erfahrung bestätigen lässt. Diese verblüffend ähnlichen Vorstellungen verlangen nach einer Erklärung. Natürlich ist es einfach, die Universalität des Jenseitsglaubens herunterzuspielen, indem man sagt, darin würden sich lediglich primitive Naturerklärungen widerspiegeln. Doch Anthropologen beharren darauf, dass es unsinnig ist, religiöse Überzeugungen prähistorischer Gesellschaften ohne schriftliche Zeugnisse auf diese Weise zu interpretieren. Denken Sie an den Glauben mancher alten Völker, dass der Himmel von zahlreichen Göttern bewohnt wird. Heute können wir kaum der Versuchung widerstehen, das als armseligen Versuch zu deuten, Antworten auf Fragen wie »Warum geht die Sonne auf?« oder »Warum regnet es?« zu finden. Aber im Grunde wissen wir gar nicht, ob die Menschen damals solche Fragen gestellt haben. Denn eigentlich braucht man einen ziemlich hoch entwickelten Verstand, um für das Aufgehen der Sonne oder für Regenfälle nach einer überzeugenden Erklärung zu suchen. Sinnvoll sind derartige Fragen überhaupt nur, wenn man davon ausgeht, dass natürliche Vorgänge rational einleuchten können und ausnahmslos bestimmten Gesetzen folgen. Es gibt keinen Grund für die Annahme, dass die Menschen in diesen Kulturen solche
Überlegungen angestellt haben. Der Atheist projiziert hier auf anachronistische Weise unsere moderne Denkweise auf alte Völker.
    Ich sage nicht, dass die Menschen im Altertum dumm waren oder nicht nach Erklärungen für Naturphänomene gesucht haben. Das haben sie getan. Aber aus der anthropologischen Literatur können wir entnehmen, dass sie ihre Erklärungen auf einer anderen Ebene gesucht haben, als wir es heute tun. Denken Sie beispielsweise an einen afrikanischen Stammeshäuptling, der glaubte, die Götter müssten zornig sein, wenn eine Hungersnot oder Krankheit über seinen Stamm hereinbrach, sodass die Schamanen Rituale zu seiner Besänftigung abhalten mussten. Was könnte vom atheistischen Standpunkt aus ein ofensichtlicheres Beispiel für schlechte Wissenschaft sein? Vielleicht müssen wir den Biologen Richard Dawkins überreden, dem Stammesoberhaupt zu erklären, dass die Krankheit durch eine besonders bösartige Insektenart übertragen wird. Aber das würde den afrikanischen Häuptling wahrscheinlich nicht beeindrucken, sondern er würde ungefähr so argumentieren: »Natürlich weiß ich, dass die Insekten das machen, aber meine Frage lautet, warum das ausgerechnet meinen Leuten passiert. Warum wird mein Stamm geschwächt, während andere nicht heimgesucht werden?« Der Häuptling würde eine natürliche Erklärung nicht ablehnen, aber er würde sie auch nicht für vollständig oder angemessen halten. Der Wissenschaftler sagt ihm, wie es dazu kommt, aber was der Häuptling wirklich wissen will, ist, warum das seinem Stamm passiert.
    Der Anthropologe Pascal Boyer schreibt: »Wenn Menschen übernatürliche Ursachen finden, hat das nichts damit
zu tun, dass sie das Wirken mechanischer oder biologischer Ursachen ignorieren, sondern dass sie Fragen stellen, die über diese Ursachen hinausgehen.« 7 Mit anderen Worten: Die Wurzeln des religiösen Impulses der Menschheit liegen nicht in wissenschaftlicher Ignoranz, sondern in dem, was Rudolf Otto als »Gefühl des Numinosen« bezeichnete. Gemeint ist damit ein Gefühl, dass unsere Existenz etwas Beängstigendes, Ehrfurchtgebietendes und Erhabenes an sich hat, das aus einer anderen Art von Wirklichkeit zu stammen scheint. 8 So gesehen verbindet der Tod zwei Dimensionen des Lebens. Die Vorfahren werden zum Teil deshalb für ihre Weisheit verehrt, weil sie jetzt dieser anderen Dimension angehören und gleichsam den vollständigen Blick auf die Dinge haben. Das Leben nach dem Tod ist also Teil der menschlichen Vorstellung, dass es zwei Arten von Wirklichkeit gibt: die Welt, in der wir leben, und eine andere, dauerhaftere »Welt hinter der Welt«. Unsere Welt ist abhängig und irgendwie weniger real als diese andere Welt, und die Menschen versuchen mit religiösen Gefühlen und Ritualen, Verbindung zu jener tieferen Wirklichkeit aufzunehmen.
    Wir wollen uns nun genauer ansehen, was die drei abrahamitischen Religionen – Judentum, Christentum und Islam – über das Leben nach dem Tod zu sagen haben. In allen drei Religionen finden wir eine offizielle und eine inoffizielle Lehre. Beide sind weit verbreitet und sollen deshalb berücksichtigt werden. Die offizielle Lehre ist die körperliche Auferstehung.

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