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Leben, um davon zu erzählen

Leben, um davon zu erzählen

Titel: Leben, um davon zu erzählen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel García Márquez
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wurde ich gefragt, woher ich denn das Meer so gut kenne, und ich antwortete ihm, dass ich nichts anderes getan hätte, als die Beobachtungen von Velasco wortwörtlich wiederzugeben. Von einem bestimmten Punkt an musste ich tatsächlich nichts mehr hinzufügen.
    Das Kommando der Marine war nicht gleichermaßen begeistert. Kurz vor dem Ende der Serie schrieb es einen rotestbrief an die Zeitung, man habe mit Maßstäben des Festlands und auf wenig elegante Weise über eine Tragödie geurteilt, die überall dort, wo Marineeinheiten operierten, geschehen könne. »Uneingedenk der Trauer und des Schmerzes, von dem sieben achtbare kolumbianische Familien und alle Männer der Kriegsmarine ergriffen sind«, hieß es in dem Brief, sei die Zeitung nicht davor zurückgescheut, sich in die Niederungen eines von Unkenntnis getragenen Sensationsberichts zu begeben, der, mit technisch unsinnigen und unlogischen Begriffen und Wendungen gespickt, auch noch dem glücklich verschonten und verdienstvollen Matrosen in den Mund gelegt worden sei, der dank seiner Tapferkeit überlebt habe. Aus diesem Grunde forderte die Kriegsmarine eine Intervention des Informations- und Pressebüros der Regierung, damit es - mit Unterstützung eines Marineoffiziers -künftige Veröffentlichungen über den Zwischenfall prüfe. Als der Brief kam, waren wir zum Glück schon bei der vorletzten Folge und konnten uns bis zur nächsten Woche dumm stellen.
    Da wir eine abschließende Veröffentlichung des vollständigen Textes planten, hatten wir den Schiffbrüchigen gebeten, uns eine Liste mit den Namen und Adressen anderer Kameraden zu geben, die einen Fotoapparat besaßen, und diese schickten uns eine Sammlung von Fotos, die auf der Fahrt aufgenommen worden waren. Es gab die verschiedensten Aufnahmen, vor allem aber Gruppenbilder auf Deck, und im Hintergrund waren die Kisten mit Hausgeräten zu sehen - Kühlschränke, Öfen, Waschmaschinen -und darauf deutlich erkennbar die Firmennamen. Dieser glückliche Zufall reichte aus, die offiziellen Dementis Lügen zu strafen. Die Reaktion von Seiten der Regierung kam sofort und war entschieden, und die Beilage übertraf alle vorherigen und jedwede Auflagenprognose. Guillermo Cano und José Salgar aber stellten siegesgewohnt nur eine Frage:
    »Und was zum Teufel machen wir jetzt?«
    In jenem Augenblick hatten wir, berauscht vom Erfolg, keine Antwort. Alle Themen kamen uns banal vor.
    Fünfzehnjahre nach der Veröffentlichung des Berichts in El Espectador wurde er von dem Verlag Tusquets in Barcelona als Buch mit goldenem Einband publiziert, das wegging wie warmes Brot. Geleitet von einem Gefühl für Gerechtigkeit und von meiner Bewunderung für den heldenhaften Seemann schrieb ich am Ende des Prologs: »Es gibt Bücher, die sind nicht von dem, der sie geschrieben, sondern von dem, der sie erlitten hat, und dieses Buch gehört dazu. Die Autorentantiemen sollen deshalb für denjenigen sein, der sie verdient hat: ein namenloser Landsmann, der zehn Tage ohne Essen und Trinken auf einem Floß leiden musste, damit dieses Buch geschrieben werden konnte.«
    Das war keine leere Floskel, denn die Tantiemen sind in meinem Auftrag vierzehn Jahre lang vom Verlag Tusquets vollständig an Luis Alejandro Velasco gezahlt worden. Bis der Rechtsanwalt Guillermo Zea Fernändez aus Bogotá Velasco davon überzeugte, dass die Tantiemen ihm per Gesetz zustanden, wohl wissend, dass Velasco nicht das Urheberrecht hatte, ich das vielmehr so entschieden hatte als Würdigung seiner heldenhaften Leistung, seines erzählerischen Talents und seiner Freundschaft.
    Die Klage gegen mich wurde vor der 22. Kammer des Zivilgerichts in Bogotá verhandelt. Mein Anwalt und Freund Alfonso Gómez Méndez wies den Verlag Tusquets daraufhin an, bei künftigen Auflagen den letzten Absatz des Prologs zu streichen und keinen Centavo mehr an Luis Alejandro Velasco zu zahlen. So wurde es gemacht. Nach einem langen Prozess, in dem Dokumente, Zeugenaussagen und technische Beweise zur Geltung kamen, entschied das Gericht, dass ich der einzige Autor des Werkes sei, und kam den Forderungen, die Velascos Anwalt gestellt hatte, nicht nach. Daraus folgerte, dass den bis dahin von mir angeordneten Zahlungen nicht die Anerkennung einer KoAutorschaft des Matrosen zugrunde lag, sondern dass sie eine freiwillige Zuwendung desjenigen waren, der das Werk geschrieben hatte. Die Tantiemen wurden von da an, ebenfalls auf meine Anweisung hin, einer Stiftung für Lehrer

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