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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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diesem und jenem Wege – Alle, Alle zogen vor Tagesanbruch aus, um dem artigen Fremdling unterwegs zu begegnen.
    Nun rasch zur Katastrophe meiner Erzählung, – ich sage Katastrophe (sagt Slawkenbergius), da eine richtig gefügte Erzählung sich nicht nur der Katastrophe und Peripeitia eines Drama's erfreut (
gaudet
), sondern auch aller andern wesentlichen und integrirenden Theile eines solchen: – sie hat ihre Protasis, Epitasis, Katastasis, ihre Katastrophe oder Peripeitia, wobei die eine aus der andern nach der zuerst von Aristoteles festgestellten Ordnung hervorgeht, – ohne welche man lieber gar keine Erzählung macht, sagt Slawkenbergius, sondern sie bei sich behält.
    In allen meinen zehn Erzählungen, in allen meinen zehn Dekaden habe ich, Slawkenbergius, jede Erzählung so fest und genau an diese Regel gebunden, wie die vorliegende von dem Fremdling und seiner Nase.
    – Die
Protasis
oder die Einleitung geht vom ersten Gespräch mit der Schildwache bis zu seinem Verlassen der Stadt Straßburg, nachdem er seine rothseidenen Hosen wieder ausgezogen hat; – hiebei werden die Charaktere der
personae dramatis
leicht skizzirt und der Gegenstand selbst sachte begonnen.
    Die
Epitasis
, worin die Handlung schon energischer auftritt, bis sie den Zustand oder die Höhe erreicht, welche
Catastasis
heißt, und die gewöhnlich den zweiten und dritten Act einbegreift, ist in jener thätigen Periode meiner Erzählung zwischen dem ersten nächtlichen Aufruhr wegen der Nase bis zu dem Schlusse der Vorlesungen der Trompetersfrau hierüber in der Mitte des großen Paradeplatzes enthalten. Die Zeit von der ersten Einschiffung der Gelehrten des Streits wegen bis zu ihrem schließlichen Wegsegeln und Zurücklassen der Straßburger in Noth am Ufer, heißt die
Catastasis
oder das Heranreifen der Ereignisse und Leidenschaften bis zu ihrem Losbrechen im fünften Act.
    Dieser beginnt mit der Ausfahrt der Straßburger auf der Straße nach Frankfurt und endet mit dem Entwirren des Labyrinths und dem Verbringen des Helden aus einem Zustand der Aufregung (wie es Aristoteles nennt) zu einem solchen der Ruhe und des Friedens.
    Dieser Act, sagt Hafen Slawkenbergius, bildet die
Catastrophe
oder
Peripeitia
meiner Erzählung, und diesen Theil derselben werde ich nun vornehmen.
    Wir ließen den Fremdling schlafend hinter dem Vorhang; jetzt tritt er auf die Bühne.
    Weshalb spitzest du die Ohren? – Es ist nur ein Mann zu Pferde, – war das letzte Wort, das wir von dem Fremdling hörten.
    Es war damals nicht am Platze, dem Leser zu sagen, daß das Maulthier seinem Herrn glaubte und ohne weitere Wenn und Aber den Reisenden und sein Roß vorüber ließ.
    Der Reisende beeilte sich sehr, um noch in dieser Nacht nach Straßburg zu kommen. Welch' ein Narr bin ich doch! sagte der Reisende zu sich selbst, als er etwa eine Wegstunde weiter geritten war, daß ich durchaus noch heute Nacht nach Straßburg gelangen will! Nach Straßburg – dem großen Straßburg! – Der Hauptstadt des Elsasses! nach Straßburg, der kaiserlichen Stadt! nach Straßburg, der freien Reichsstadt! in der 5000 der besten Truppen der Welt liegen! – Ach! selbst wenn ich jetzt vor den Thoren von Straßburg stünde, ich käme nicht für einen Dukaten hinein, – nein! nicht für anderthalb Dukaten: – es ist zu viel – besser ich kehre wieder nach dem letzten Gasthof zurück, in dem ich war – als daß ich mich wer weiß wo niederlegen, – oder wer weiß was zahlen muß. Nachdem der Reisende bei sich selbst diese Betrachtungen angestellt hatte, wendete er den Kopf seines Pferdes um und langte drei Minuten, nachdem man unserem Fremdling sein Zimmer gewiesen hatte, gleichfalls in demselben Gasthofe an. – Wir haben Schinken im Hause und Brod, sagte der Wirth; – und bis heute Abend 11 Uhr hatten wir auch drei Eier; aber ein Fremdling, welcher vor einer Stunde anlangte, hat sich einen Eierkuchen daraus machen lassen, und jetzt haben wir nichts.
    Ach, sagte der Reisende, ich bin so ermüdet, daß ich nur ein Bett brauche. – Ich habe ein so weiches als irgend eins im ganzen Elsaß, erwiderte der Wirth.
    Eigentlich, fuhr er fort, hätte der Fremdling darin schlafen sollen, denn es ist mein bestes Bett, aber es ging nicht wegen seiner Nase. – Er hat wohl einen rechten Schnupfen? sagte der Reisende. – Ich wüßte nicht, erwiderte der Wirth; aber es ist ein Feldbett und Jacinta, fuhr er fort und sah das Zimmermädchen an, meinte, er werde darin nicht Platz haben, um

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