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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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silbernen Troddel darauf gegen eine Nußschaale wetten, wer errathen würde, auf welche Seite der Nase sich die zwei Universitäten spalten würden.
    Das geht über die Vernunft, riefen die einen Doctoren.
    Nein, unter die Vernunft, sagten die anderen.
    Es ist glaubhaft, behauptete der Eine.
    Possen sind's, sagte der Andere.
    Möglich ist's, rief dieser.
    Es ist ganz unmöglich, erwiderte jener.
    Gottes Macht ist unendlich, erklärten die Nasenmänner, er kann Alles.
    Er kann keinen Widerspruch gegen sich selbst begehen, sagten die Antinasenmänner.
    Er kann machen, daß der Stoff denkt, sagten die Nasenmänner.
    Ja, so gut ihr aus einem Schweinsohr eine Sammtmütze machen könnt, erwiderten die Antinasenmänner.
    Er kann aus zwei Mal zwei Fünf machen, versetzten die katholischen Doctoren.
    Nichts nutz! entgegneten die Lutherischen.
    Allmacht ist nun einmal Allmacht, sagten die Doctoren, welche für die Wirklichkeit der Nase einstanden.
    Die bezieht sich nur auf mögliche Dinge, versetzten die Lutheraner.
    Bei Gott im Himmel! schrien die katholischen Doctoren, Er kann, wenn er es für passend hält, eine Nase machen, so groß wie der Straßburger Münsterthurm.
    Da nun aber der Straßburger Thurm der dickste und höchste aller Kirchthürme der Welt ist, so läugneten die Antinasenmänner, daß man eine Nase von 575 geometrischer Fußlänge tragen könne, wenigstens nicht ein Mann von mittlerer Größe. –
    Die katholischen Doctoren schwuren, er könne es: – die lutherischen sagten: Nein, er könne es nicht.
    Hieraus entspann sich ein neuer Streit über die Ausdehnung und die Beschränkung der moralischen und natürlichen Eigenschaften Gottes, den sie längere Zeit verfolgten. – Der Streit führte sie ganz natürlich zu Thomas Aquinas, und von Thomas Aquinas zum Teufel.
    In diesem Streit hörte man nichts mehr von der Nase des Fremdlings; – sie that jetzt nur noch den Dienst einer Fregatte, welche jene in den Golf der scholastischen Theologie schleppte, und dann segelten sie alle vor dem Wind.
    Je weniger wirkliches Wissen, desto mehr Hitze und Aufregung.
    Der Streit über Attribute, – statt die Einbildungskraft der Straßburger abzukühlen, – entflammte sie im Gegentheil in einem außerordentlichen Grade. – Je weniger sie von der Sache verstanden, desto größer war ihre Verwunderung darüber; – sie sahen sich in allen Nöthen unbefriedigten Verlangens – sahen ihre Doctoren, die Parchmentarier (Pergamentisten), die Brassarier (Messingisten), die Turpentarier (Terpentinisten) auf der einen Seite, – die katholischen Doctoren auf der andern, wie Pentagruel und seine Gefährten im Suchen nach dem Orakel der Flasche, [
Rabelais Liv. IV. Chap. 1 etc.
] sämmtliche außer Sicht in See.
    Und die armen Straßburger standen am Ufer und hatten das Nachsehen. Was war da zu thun? – Man durfte nicht säumen; – die Aufregung stieg – Alles war aus Rand und Band – die Stadtthore standen offen.
    Ihr unglücklichen Straßburger! im Magazin der Natur, in der Rumpelkammer der Gelehrsamkeit, im großen Arsenal des Zufalls war auch nicht ein einziges Werkzeug, das nicht benutzt worden wäre, um eure Neugierde zu quälen, euer Verlangen auf die Folter zu spannen, das die Hand des Schicksals nicht gegen eure Herzen gerichtet hätte! – Ich tauche keineswegs die Feder in meine Tinte, um eure schließliche Ergebung zu entschuldigen, – nein, sondern um euer Lob zu singen. Man zeige mir eine so von Erwartung gefolterte Stadt, – die 27 Tage lang nicht aß, nicht trank, nicht schlief, nicht betete, nicht auf den Ruf der Religion und Natur hörte, und die es einen Tag länger ausgehalten hätte.
    Am achtundzwanzigsten hatte der höfliche Fremdling versprochen, nach Straßburg zurückzukehren.
    Siebentausend Kutschen (Slawkenbergius hat ohne Zweifel in seinen Zahlen einen kleinen Irrthum begangen), 7000 Kutschen, – 15,000 Einspänner, – 20,000 Leiterwagen, so voll gepfropft als möglich mit Senatoren, Rathsherren, Syndicis, – Beguinen, Wittwen, Frauen, Jungfrauen, Domherren, Konkubinen, alle in ihren Kutschen: – die Aebtissin von Quedlinburg, mit der Priorin, der Dekanin, und der Untersängerin an der Spitze des Zugs in einer Kutsche, der Dekan von Straßburg mit den vier Großwürdenträgern seines Kapitels zu ihrer Linken, – die übrigen Einwohner untereinander hinterdrein, Einige zu Pferde, – Andere zu Fuß, – Einige geführt, – Andere gezogen, – ein Theil auf dem Rhein, – ein Anderer auf

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