Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
Vom Netzwerk:
ganzen Werke halte; und ich gebe mein Wort, daß wer es liest, seine Zeit gerade so gut anwendet, als wenn er Stroh hackte.

97. Kapitel.
    Wir werden die Sachen schon noch in Ordnung bringen, sagte mein Vater, indem er den Fuß vom Treppenabsatz auf die erste Stufe weiter abwärts stellte. – Dieser Trismegistus, fuhr mein Vater fort, zog sein Bein wieder zurück und wendete sich gegen meinen Onkel Toby, – war das größte aller irdischen Wesen, Toby; – er war der größte König, – der größte Gesetzgeber, – der größte Philosoph, – und der größte Priester; – und Ingenieur, sagte mein Onkel Toby.

98. Kapitel.
    Und wie geht es deiner Herrin? rief mein Vater, während er den nämlichen Schritt vom Treppenabsatz aus nochmals herab machte, er hatte es Susanna zugerufen, die er unten an der Treppe mit einem ungeheuern Nadelkissen in der Hand vorbeigehen sah. – Wie geht es deiner Herrin? – So gut als man unter den Umständen erwarten kann, erwiderte Susanna und trippelte ohne aufzuschauen weiter. – Was für ein Esel bin ich doch, sagte mein Vater und zog das Bein abermals wieder zurück, – es mag ja gehen wie es will, man bekommt ja doch immer die nämliche Antwort. – Und wie geht es dem Kind? – Keine Antwort. – Und wo ist
Dr.
 Slop? setzte mein Vater mit gehobener Stimme hinzu und blickte über das Geländer. – Aber Susanna war schon so weit, daß sie nichts mehr hörte. Von allen Räthseln im ehelichen Leben, sprach mein Vater, schritt über den Treppenabsatz und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand, während er meinem Onkel Toby vordemonstrirte – von all den wunderlichen Räthseln im Ehestand, sprach er – und ich sage dir, Bruder Toby, es gibt deren mehr Eselslasten als alle Esel Hiobs hätten tragen können, – ist doch keines merkwürdiger als das: – daß von dem Augenblick an, wo die Frau in die Wochen kommt, jedes weibliche Wesen im Hause von der Kammerjungfer an bis zum Küchenpudel herab um einen Zoll größer wird, und sich mit diesem einen Zoll ein größeres Ansehen gibt, als mit allen ihren übrigen Zöllen zusammen.
    Ich glaube vielmehr, erwiderte mein Onkel Toby, daß wir um einen Zoll kleiner werden. – Mir wenigstens geht es so, wenn ich nur einer Frau begegne, die in der Hoffnung ist. – Es ist das doch eine schwere Last, welche dieser Hälfte unserer Mitgeschöpfe auferlegt ist, Bruder Shandy, sagte mein Onkel Toby. – Es ist eine mitleiderregende Bürde für sie, fuhr er kopfschüttelnd fort. – Ja, ja, es ist eine peinliche Sache, versetzte mein Vater und schüttelte gleichfalls den Kopf: – aber seitdem man Köpfe schüttelte, sind gewiß nie zwei Köpfe zu gleicher Zeit aus so verschiedenen gründen geschüttelt worden.
    {Gott segne / Der Teufel hole} sie Alle, sagte mein Onkel Toby und mein Vater, ein Jeder für sich.

99. Kapitel.
    Heda! – Sänftenträger! – Hier ist ein Sechspencestück: – geht mir doch zu dem Buchhändler dort und holt mir einen unserer großen Kritiker. Ich will ihm gerne eine Krone geben, wenn er mir mit seinem Handwerkzeug helfen will, meinen Vater und meinen Onkel Toby von der Treppe weg und ins Bett zu bringen.
    Es ist aber auch hohe Zeit; denn außer dem kurzen Schlummer, den sie genossen, während Trim die Stulpstiefel anbohrte, – und der noch dazu meinem Vater wegen der Thürangel gar nicht gut bekam, – haben sie ihre Augen schon seit neun Stunden von dem Augenblick, da Obadiah den
Dr.
 Slop in jenem schmutzigen Aufzug in das hintere Zimmer brachte, nicht geschlossen.
    Wäre jeder Tag meines Lebens so voll Geschäfte, wie dieser, – und nähme er – doch still!
    Ich will diesen Satz nicht schließen, ohne vorher eine Bemerkung über das eigenthümliche Verhältniß des Lesers zu mir während des gegenwärtigen Standes der Dinge zu machen, – eine Bemerkung, die seit Erschaffung der Welt auf keinen Biographen anwendbar war als auf mich: – die, wie ich glaube, auch auf keinen andern mehr bis zu ihrem schließlichen Untergange anwendbar sein wird; – und die deshalb schon wegen ihrer Neuheit der Aufmerksamkeit des Lesers würdig sein dürfte.
    Ich bin in diesem Monat um ein ganzes Jahr älter, als ich heute vor zwölf Monaten war; und da ich in dieser Zeit, wie Sie bemerken werden, fast bis in die Mitte meines dritten Bandes [Nach der 1. Auflage gerechnet.] gekommen bin, – und es doch nicht weiter gebracht habe als bis zu meinem ersten Lebenstage, so folgt daraus klar, daß ich jetzt 364 Tage mehr von

Weitere Kostenlose Bücher