Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
Vom Netzwerk:
Toby.
*

*

*

*

*

*
*

*

*

*

*
*

*

*

*

*

*

111. Kapitel.
    Es leidet keinen Zweifel, verehrtester Leser, – es fehlt hier ein ganzes Kapitel – und das Buch hat dadurch eine zehn Seiten große Lücke erhalten; – gleichwol ist der Buchbinder weder ein Esel noch ein Spitzbube; – noch das Buch um ein Jota unvollkommener (wenigstens in dieser Beziehung); – sondern im Gegentheil das Buch ist durch das Fehlen des Kapitels vollkommener und vollständiger, als wenn es dasselbe hätte, wie ich Ihnen in Folgendem beweisen werde. – Beiläufig möchte ich die Frage aufwerfen, ob man den gleichen Versuch nicht mit demselben Erfolg auch an verschiedenen anderen Kapiteln anstellen könnte? – aber das gäbe ein endloses Experimentiren mit Kapiteln, – und wir haben davon schon genug gehabt; – somit lassen wir diese Frage ruhen.
    Ehe ich jedoch meine Auseinandersetzung beginne, will ich Ihnen nur noch sagen, daß das Kapitel, welches ich herausgerissen habe, und das Sie sonst statt diesem hier gelesen hätten – die Beschreibung vom Ausritt und der Reise meines Vaters, meines Onkels Toby, Trims und Obadiah's zu der Visitation in X. enthielt.
    Wir wollen in der Kutsche hinfahren, sagte mein Vater. – Ist das Wappen abgeändert worden, Obadiah? – Meine Geschichte wäre viel schöner ausgefallen, wenn ich damit begonnen hätte, Ihnen zu erzählen, daß, als das Wappen meiner Mutter zu dem der Shandy's hinzugefügt und die Kutsche zur Hochzeit meines Vaters frisch gemalt wurde, der Kutschenmaler, sei es, daß er alle seine Arbeiten mit der linken Hand verrichtete wie der Römer Turpilius und Hans Holbein von Basel, oder daß vielmehr der Kopf den Schnitzer machte, oder endlich weil alles in der Familie Shandy einen linkischen Zug hat, – kurz, daß der Kutschenmaler statt eines rechtslaufenden Schrägbalken, wie er uns seit der Regierung Heinrich VIII. gebührt, unseligerweise einen linkslaufenden durch das Wappen der Shandy zog. Es ist kaum glaublich, daß ein so verständiger Mann wie mein Vater war, sich durch eine solche Kleinigkeit so sehr aus der Fassung bringen ließ; aber man konnte nie das Wort Kutsche – mochte diese nun angehören wem sie wollte, – oder Kutscher, oder Kutschenpferd oder Kutschenmiethe in der Familie nennen, ohne daß er alsbald darüber zu klagen begann, daß er dieses schändliche Zeichen der Legitimität an seiner eigenen Kutschenthüre sehen müsse. Niemals stieg er in die Kutsche ein oder aus ihr heraus, ohne daß er sich herumdrehte, das Wappen betrachtete und schwur, dies sei aber gewiß das letzte Mal, daß er seinen Fuß hineinsetze, bis der linkslaufende Schrägbalken entfernt wäre, – aber es ging damit wie mit der Thürangel, es war eines der vielen Dinge, wovon im Buche des Schicksals stand, es sollte immer darüber geschimpft werden (auch in klügeren Familien als die unsrige war), – ohne daß man es jemals änderte.
    Ist der linkslaufende Schrägbalken weggewischt worden, frage ich? sagte mein Vater. – Nichts ist gewischt worden, Herr, antwortete Obadiah, als der innere Ueberzug. – Dann reisen wir zu Pferde, sagte mein Vater zu Yorick hin. – Aber die Politik ausgenommen wissen die Geistlichen von nichts in der Welt weniger als von der Heraldik, bemerkte Yorick. – Gleichviel, rief mein Vater; ich möchte um keinen Preis mit einem Fehler in meinem Wappenschild vor ihnen erscheinen. – Der linke Balken thut nichts, sagte mein Onkel Toby, und setzte seine Knotenperrücke auf. – Das thut er auch nicht, versetzte mein Vater, und du kannst immerhin mit Tante Dinah mit einem linken Schrägbalken zu einer Visitation fahren, wenn es dir Vergnügen macht. – Mein armer Onkel Toby wurde feuerroth. Jetzt ärgerte sich mein Vater wieder über sich selbst. – Nein, lieber Bruder Toby, fuhr er in einem anderen Tone fort; aber die Feuchtigkeit des Kutschenfutters könnte mir wieder die Schiatik zuziehen, wie sie letzten Winter im Dezember, Januar und Februar that; wenn es dir also recht ist, reitest du meiner Frau Paßgänger, – und da Sie zu predigen haben, Yorick, würden Sie am besten thun vorauszureiten und mir die Sorge für meinen Bruder Toby zu überlassen, wir kommen dann in einem langsameren Tempo nach.
    Das Kapitel, welches ich mich veranlaßt gesehen habe herauszureißen, enthielt nun eben die Schilderung dieser Cavalcade, wobei Corporal Trim und Obadiah auf den zwei Wagenpferden, in gleicher Höhe und langsam wie eine Patrouille vorausritten, –

Weitere Kostenlose Bücher