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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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an die Lippen – zog ihn wieder zurück, – warf einen Blick über die Hagenbutthecke. – Nie in seinem Leben wässerte meinem Onkel Toby der Mund so nach einer Pfeife. – Mein Onkel Toby zog sich mit seinem Mundspitz in der Hand nach dem Schilderhaus zurück.
    Theurer Onkel Toby! geh nicht mit dem Mundspitz in das Schilderhaus: – es ist einem Menschen nicht zu trauen, wenn er in einem solchen Winkel ein solches Ding in der Hand hat.

190. Kapitel.
    Ich bitte den Leser mir behilflich zu sein, die Artillerie meines Onkels Toby hinter die Scene zu fahren, – sein Schilderhaus zu entfernen und die Bühne womöglich von Hornwerken und Halbmonden zu befreien, und auch den übrigen militärischen Apparat aus dem Wege zu schaffen. – Wenn dies geschehen ist, mein lieber Freund Garrick, wollen wir die Lichter putzen, – die Bühne mit einem neuen Besen kehren, – den Vorhang anziehen und meinen Onkel Toby in einem neuen Charakter erscheinen lassen, von dem sich die Welt keinen Begriff machen kann, wie er ihn spielen wird und doch, wenn das Mitleid mit der Liebe verwandt, – und Tapferkeit dieser nicht fremd ist, so haben Sie genug von meinem Onkel Toby in diesen Richtungen gesehen, um die Familienähnlichkeit zwischen den zwei Leidenschaften (falls eine solche besteht) nach Herzenslust zu verfolgen.
    Eitle Wissenschaft! du hilfst uns in solchen Fällen gar nichts, – und verwirrst uns in jedem.
    Verehrte Leserin, mein Onkel Toby besaß eine Herzenseinfalt, die ihn so weit ab von den kleinen Schlangenpfaden führte, in welchen Dinge dieser Art in der Regel gehen, daß Sie es sich durchaus nicht vorstellen können. Dabei war seine Art zu denken so einfach und schlicht, er besaß eine so arglose Unwissenheit von den Falten des weiblichen Herzens, und stand (wenn ihm nicht eine Belagerung im Kopf war) so nackt und schutzlos vor Ihnen, daß Sie ruhig in einen Ihrer Schlangenwege treten und meinen Onkel Toby zehn Mal täglich durch die Leber hätten schießen können – wenn Sie nicht mit neun Mal Ihren Zweck erreicht hätten, Madame.
    Bei all dem, Madame, – und dadurch wurde andererseits wieder Alles und jedes so verwirrt – besaß mein Onkel Toby jene beispiellose natürliche Züchtigkeit, von der ich Ihnen schon erzählt habe, und die beiläufig gesagt, beständig Schildwache vor seinen Gefühlen stand, so daß Sie ebensogut – doch wo gerathe ich hin? Diese Betrachtungen kommen mir wenigstens zehn Seiten zu frühe und nehmen die Zeit weg, die ich auf die Schilderung von Thatsachen verwenden sollte.

191. Kapitel.
    Von den wenigen ächten Adamssöhnen, deren Brust niemals den Stachel der Liebe fühlte – (wobei in erster Linie festgehalten wird, daß alle Weiberfeinde Bastarde sind), – haben die größten Helden der alten und neueren Geschichte 9 / 10  der Ehre für sich in Anspruch genommen; und ich wollte um ihretwillen, ich hätte den Schlüssel zu meinem Studirzimmer nur auf fünf Minuten aus dem Ziehbrunnen, um Ihnen ihre Namen sagen zu können; – erinnern kann ich mich ihrer nicht, – begnügen Sie sich daher vorläufig mit den folgenden:
    Da war der große König Aldovrandus und Bosphorus, Cappadocius und Dardanus und Pontus und Asius, – nicht zu vergessen den eisernen Karl XII., mit dem selbst die Gräfin von Königsmark nichts anfangen konnte. – Da waren Babylonicus und Mediterraneus, und Polixenes und Persicus und Prusicus; von denen nicht Einer (mit Ausnahme von Cappadocius und Pontus, die beide etwas verdächtig sind) sich jemals zur Brust der Göttin hinabneigte. – Die Wahrheit zu sagen, hatten sie alle etwas Anderes zu thun; – und das war auch bei meinem Onkel Toby der Fall, – bis das Schicksal, – ich sage das Schicksal ihn um den Ruhm beneidete, daß sein Namen mit Aldovrandus und den Uebrigen der Nachwelt überliefert würde, – und so schändlicher Weise den Frieden von Utrecht zusammen flickte.
    Sie dürfen mir glauben, meine Herrn, daß dies die heimtückischste That war, die es in jenem Jahre verübte.

192. Kapitel.
    Unter den vielen schlimmen Folgen des Vertrags von Utrecht war auch die, daß er meinem Onkel Toby nahezu einen Ekel vor Belagerungen einflößte, und obschon er später seinen Appetit dazu wieder bekam, ließ doch Calais selbst keine tiefere Wunde in Maria's Herz, als Utrecht in dem meines Onkels Toby. Bis zu seines Lebens Ende konnte er den Namen Utrecht bei keiner Veranlassung nennen hören – ja sogar nicht einmal einen aus der Utrechter Zeitung

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