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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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im nächsten Feldzug ein Halb Dutzend bronzene Feldgeschütze angeschafft wurden, die je zu drei auf jeder Seite des Schilderhauses aufgepflanzt wurden; – bald wurde der Artillerieterrain größer und größer – (wie dies immer in allen Steckenpferdgeschichten passirt) – und von Geschützen von ½ Zoll Kaliber kam es endlich bis zu meines Vaters Kanonenstiefeln.
    Im nächsten Jahre, wo Lille belagert wurde und gegen dessen Schluß hin Gent und Brügge in unsere Hände fielen, – war mein Onkel Toby in großer Betrübniß wegen Mangels an einer geeigneten Munition – ich sage geeigneten Munition, – denn seine schwere Artillerie war nicht für Pulver eingerichtet, und es war gut für die Familie Shandy, daß dies so war: – denn die Zeitungen waren von Anfang der Belagerung bis zum Schlusse derselben so voll von dem unausgesetzten Feuer, das die Belagerer unterhielten, und die Einbildungskraft meines Onkels Toby war so erhitzt von diesen Berichten, daß er unfehlbar sein Hab und Gut verschossen haben würde.
    Es war daher irgend ein Surrogat nöthig, besonders in einigen der heftigsten Momenten der Belagerung, um der Phantasie das Bild eines beständigen Feuerns zu gewähren; dieses Surrogat stellte der Corporal, dessen Hauptstärke auf dem Gebiete der Erfindung lag, durch ein ganz neues von ihm entdecktes System der Beschießung her, – ohne welches die militärischen Kritiker diesen Punkt bis ans Ende der Welt als eine der großen Lücken im Apparat meines Onkels Toby bezeichnet haben würden.
    Dieser Umstand wird nicht schlechter erklärt werden, wenn ich, wie dies überhaupt meine Gewohnheit ist, etwas weiter aushole.

185. Kapitel.
    Unter einigen an sich geringfügigen, aber merkwürdigen Sachen, die der arme Tom, der unglückliche Bruder des Corporals, diesem bei Anzeige seiner Verheirathung mit der Judenwittwe geschickt hatte, – befanden sich eine Monteromütze und zwei türkische Tabakspfeifen.
    Die Monteromütze werde ich gelegentlich beschreiben. – Die türkischen Tabakspfeifen hatten nichts Besonderes; sie waren wie gewöhnlich mit biegsamen Röhren von Safian-Leder und Golddraht versehen und verziert; die eine hatte ein Mundstück von Elfenbein, – die andere von schwarzem, mit Silber beschlagenen Ebenholz.
    Mein Vater, der Alles von einem anderen Standpunkte aus ansah als die übrige Welt, pflegte zu dem Corporal zu sagen, er habe diese beiden Geschenke mehr als Zeichen von seines Bruders heikelem Wesen als von dessen Liebe zu betrachten. – Tom, pflegte er zu sagen, hatte offenbar keine Lust, Trim die Mütze eines Juden aufzusetzen oder dessen Tabakspfeife zu rauchen. – Aber Euer Gnaden, pflegte der Corporal zu sagen (und gab dabei einen drastischen Grund für das Gegentheil) – wie würde sich denn das reimen?
    Die Monteromütze war scharlachroth, vom feinsten spanischen Tuch, und rund herum mit Pelz besetzt, bis etwa vier Zoll an der Vorderseite, die von hellblauem, einfachgesticktem Tuche war. Sie schien einem portugiesischen Quartiermeister nicht der Infanterie, sondern der Reiterei, wie das Wort Montero andeutet, angehört zu haben.
    Der Corporal war nicht wenig stolz darauf, sowol der Mütze selbst wegen als wegen des Schenkers. Er setzte sie daher auch sehr selten und nur an Festtagen auf. Gleichwohl wurde vielleicht niemals eine Monteromütze zu so mancherlei Zwecken verwendet; denn bei allen militärischen oder culinarischen Streitfragen diente sie ihm, vorausgesetzt der Corporal war seiner Sache sicher, als Beschwörungsformel, – oder als Wettgegenstand – oder als Geschenkmittel.
    Dies Mal spielte sie die Rolle des Geschenks.
    Dem ersten besten Bettler, der vor unsere Thüre kommt, schenke ich meine Monteromütze, sagte der Corporal zu sich selbst, wenn ich diese Sache nicht zur Befriedigung Seiner Gnaden verrichte.
    Schon am nächsten Morgen hatte er die Sache fertig; es war dies der Tag, da die Contreescarpe zwischen der unteren Deule und dem Thor von St. Andreas zur Rechten, – und zwischen dem St. Magdalenenthor und dem Flusse zur Linken erstürmt wurde.
    Da dies der denkwürdigste Angriff im ganzen Kriege, – das tapferste und hartnäckigste Gefecht von beiden Seiten – und auch das blutigste war (denn es kostete die Alliirten an diesem Morgen über 1100 Mann), – so bereitete sich mein Onkel Toby mit einer mehr als gewöhnlichen Feierlichkeit darauf vor.
    Als mein Onkel am Abend zuvor zu Bette ging, befahl er, man solle seine Rémailleperrücke, welche mit

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