Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
Vom Netzwerk:
nachdem er und der Corporal die Stadt erbaut und zur Zerstörung hergerichtet hatten, die verschiedenen Kommandanten, Commissäre, Abgeordneten, Unterhändler und Intendanten ihm gestatteten, daran zu gehen. – Ein für ihn verhängnisvoller Zeitraum der Unthätigkeit!
    Der Corporal war dafür, die Schleifung damit zu beginnen, daß eine Bresche in den Wall oder die Hauptbefestigung der Stadt gemacht würde. – Nein, das wäre nicht das Richtige, Corporal, sagte mein Onkel Toby; denn wenn man auf diese Art ans Werk ginge, wäre die englische Garnison nicht eine Stunde sicher in der Stadt – Denn wenn die Franzosen verräterisch wären, – Sie sind verräterisch wie der Teufel, Euer Gnaden, sagte der Corporal. – Es thut mir immer wehe, wenn ich das hören muß, Trim, sagte mein Onkel Toby, – denn es fehlt ihnen nicht an persönlicher Bravour; aber wenn eine Bresche in den Wall gemacht würde, so könnten sie eindringen, und sich der Festung bemeistern, wann es ihnen gefiele – Sie sollen nur hereinkommen, rief der Corporal und schwang seinen Spaten mit beiden Händen, als ob er damit um sich hauen wollte; – sie sollen nur hereinkommen, Euer Gnaden, wenn sie es wagen. – In solchen Fällen, Corporal, sprach mein Onkel Toby, ließ seine rechte Hand bis zur Mitte seines Stocks herabgleiten und faßte diesen dann mit ausgestrecktem Zeigefinger wie einen Kommandostab, – hat der Kommandant nicht zu erwägen, was der Feind wagen oder nicht wagen werde; er muß vielmehr unter allen Umständen mit Vorsicht handeln. Wir beginnen daher mit den Außenwerken, sowol nach der Seeseite als nach der Landseite und besonders mit Fort Louis, dem entferntesten Werk, und schleifen dieses zuerst; – die übrigen schleifen wir eins ums andere, rechts und links, in dem Maße als wir uns nach der Stadt zurückziehen; – dann schleifen wir den Molo, – füllen hierauf den Hafen auf, – ziehen uns in die Citadelle zurück, und sprengen diese in die Luft. Wenn dies geschehen ist, Corporal, schiffen wir uns nach England ein. – Da sind wir bereits, bemerkte der Corporal, der zu sich selbst kam. – Es ist auch wahr! versetzte mein Onkel Toby und sah nach der Kirche.

196. Kapitel.
    Ein Paar solcher köstlicher illusorischer Beratungen zwischen meinem Onkel Toby und Trim über die Schleifung von Dünkirchen, – führte für einen Augenblick den Gedanken an jene Freuden zurück, die ihm nun entschlüpfen sollten. – Aber noch immer ging Alles langsam vorwärts; der alte Zauber drückte nur um so mehr auf dem Gemüth; Stille und Schweigsamkeit glitten in das einsame Wohnzimmer und warfen ihren erstarrenden Mantel über das Haupt meines Onkels Toby; Verdrossenheit mit ihren schlaffen Zügen, ihrem unstäten Blick setzte sich ruhig neben ihn, wenn er in seinem Armstuhl saß. Jetzt jagte ihm nicht mehr Amberg und Rheinsberg, Limburg und Huy und Bonn in dem einen Jahr, und der Prospect von Landen und Trarbach, von Drusen und Dendermonde im anderen – das Blut durch die Adern; nicht länger hielten Sappen und Minen und Blendirungen, Schanzkörbe und Palissaden jenen schönen Feind der Ruhe des Menschen ab; – nicht mehr konnte mein Onkel Toby, wenn er die französischen Linien, während er sein Ei zum Nachtessen verzehrte, passirt hatte, von da in das Herz von Frankreich einbrechen, die Oise überschreiten, und durch die total offene Picardie auf die Thore von Paris losmarschiren, und mit Ruhmesgedanken in Schlaf sinken: – er träumte jetzt nicht mehr, er pflanze die königliche Fahne von England auf den Thurm der Bastille und fühle sie noch beim Erwachen in seinem Kopfe flattern.
    Sanftere Bilder, süßere Empfindungen stahlen sich jetzt sachte in seinen Schlummer; die Kriegstrompete entsank seiner Hand, er griff nach der Laute, jenem holden, zartesten und schwierigsten Instrument! – Wie wirst du es spielen, mein theurer Onkel Toby?

197. Kapitel.
    Da ich nun ein Paar Mal in meinem unbedachten Geplauder gesagt habe, ich sei überzeugt, die Denkwürdigkeiten über die Werbung meines Onkels Toby um die Wittwe Wadman würden, wenn ich einmal Zeit bekäme, um sie zu schreiben, eines der vollendetsten Systeme des elementaren und des praktischen Theils der Liebe und der Liebeswerbung werden, die jemals der Welt vor Augen gekommen, – so werden Sie sich natürlich einbilden, ich werde jetzt eine Beschreibung davon geben: was Liebe sei? ob wirklich zum Theil göttlich und zum Theil teuflisch, wie Plotinus behauptet. –
    Oder

Weitere Kostenlose Bücher