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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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nur nichts enthält, mit besonderer Hochachtung; und wenn man bedenkt, daß es weit schlimmere Dinge auf der Welt gibt, – so ist dies keines Wegs ein passender Gegenstand für die Satire.
    Warum aber ist es so ausgefallen? Und wenn man mir hier, ohne daß man meine Antwort abwartet, so viel Dummköpfe, Blechschädel, Einfaltspinsel, Gimpel, Tröpfe, Narren, Schafsköpfe, und Bettsch—r und andere geschmacklose Benennungen an den Kopf wirft, als die Kuchenbäcker von Lerne jemals den Hirten des Königs Garangantan ins Gesicht schleuderten, – so mögen sie es thun, wie Brigitte sagte, solange es ihnen Vergnügen macht: denn wie hätten sie voraussehen können, daß ich das 304. Kapitel meines Buchs vor dem 297. u. s. w. schreiben müßte?
    Ich nehme es ihnen somit nicht übel. – Alles was ich wünsche, ist, daß es der Welt eine Lection sein möchte, damit sie die Leute ihre Geschichten auf ihre eigene Weise erzählen läßt.

297. Kapitel.
    Als Jungfer Brigitte die Thüre öffnete, ehe noch der Corporal geklopft hatte, war der Zwischenraum zwischen diesem Ereigniß und der Einführung meines Onkels Toby in das Besuchzimmer so kurz, daß Frau Wadman kaum noch Zeit hatte, hinter ihrem Vorhang vorzukommen, eine Bibel auf den Tisch zu legen und ein Paar Schritte nach der Thüre hin zu machen, um ihn zu empfangen.
    Mein Onkel Toby grüßte Frau Wadman in der Art, wie Damen im Jahr unseres Herrn Ein Tausend Sieben Hundert Dreizehn von den Herren begrüßt wurden; – machte dann rechtsum, marschirte mit und neben ihr nach dem Sopha und erklärte ihr dann mit drei kurzen Worten, – doch nicht ehe er sich gesetzt hatte – und nicht nachdem er schon saß, – sondern währenddem er sich niedersetzte, daß er verliebt sei; er beeilte sich somit mit seiner Erklärung mehr als nöthig war.
    Frau Wadman sah natürlich auf einen Riß in ihrer Schürze herab, an dem sie gerade gestopft hatte; und erwartete, daß mein Onkel Toby weiter machen würde; da er aber nicht das Talent hatte viele Worte zu machen, und die Liebe überdies der Gegenstand war, in dem er am allerwenigsten zu Hause war, so ließ er es, nachdem er Frau Wadman einmal gesagt hatte, daß er sie liebe, dabei bewenden, und glaubte, es müsse jetzt von selber weitergehen.
    Mein Vater war immer entzückt über dieses System meines Onkels Toby, wie er es fälschlich nannte, und pflegte oft zu sagen, – wenn sein Bruder Toby sein Verfahren nur noch mit einer Pfeife Tabak verstärkt hätte, – so hätte er damit gewiß den rechten Weg zum Herzen der Hälfte der Frauenzimmer des Erdballs gefunden, wenn anders das spanische Sprichwort Recht habe.
    Mein Onkel Toby begriff nie, was mein Vater damit sagen wollte; auch will ich nicht mehr daraus herauslesen, als die Verdammung eines Irrthums, dem die meisten Menschen unterliegen; – die Franzosen aber sammt und sonders, die daran fast ebenso fest glauben, als an die wirkliche Gegenwart Christi im Abendmahl, nämlich: daß von Liebe sprechen so viel sei als lieben.
    Nach diesem Recept wollte ich gerade so gut eine Blutwurst machen.
    Fahren wir fort! – Frau Wadman saß also da und wartete, was mein Onkel Toby nun weiter sagen würde, sie wartete fast bis zum ersten Pulsschlag der Minute, wo das Schweigen von der einen oder andern Seite unanständig wird; nun aber rückte sie etwas näher zu ihm hin, blickte empor, erröthete dabei ein wenig, – und hob den Handschuh auf – oder das Gespräch, wenn man lieber will, und wendete sich mit folgenden Worten an meinen Onkel Toby:
    Die Sorgen und Unruhen des ehelichen Standes, sprach sie, sind sehr groß.
    Das glaube ich wohl, bemerkte mein Onkel Toby.
    Wenn es daher Jemand so gut hat wie Sie, Kapitain Shandy, fuhr Frau Wadman fort, – so glücklich ist durch sich selbst, durch seine Freunde und seine Beschäftigung, so möchte ich wohl wissen, was für Gründe Sie dazu veranlassen?
    Sie stehen in dem Trauungsritual, sagte mein Onkel Toby.
    Soweit ging mein Onkel Toby vorsichtig vor und blieb in seinem Fahrwasser, während er Frau Wadman nach Belieben im Golf herumsegeln ließ.
    Was nun die Kinder betrifft, sagte Frau Wadman, so sind sie ja wohl ein Hauptzweck dieser Einrichtung und ohne Zweifel der natürliche Wunsch aller Eltern, – aber ist es nicht Erfahrungssache, daß man von ihnen sichern Kummer und sehr unsichere Freuden hat? Was entschädigt uns für so manches Herzeleid, lieber Herr, – wo liegt die Vergeltung für die vielen zärtlichen und beunruhigenden

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