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0042 - Herr der wilden Wasser

0042 - Herr der wilden Wasser

Titel: 0042 - Herr der wilden Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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Der Wagen schlingerte. Jäh geriet er aus der Spur, ein Zischen mischte sich in das Geräusch des Motors. Der Fahrer reagierte sofort, nahm den Fuß vom Gas, kuppelte aus, versuchte gegenzusteuern – aber er konnte nicht verhindern, dass sich der nicht mehr ganz neue Volvo um neunzig Grad drehte und seine Vorderräder in die rostfarbene Asche wühlte, die die Straße säumte.
    »Verdammt«, knurrte Charles Maruth. Und mit einem Blick auf die attraktive blonde Frau, die neben ihm saß: »Entschuldige, Pat! Man flucht nicht in Gegenwart einer Dame.«
    Patricia Niles warf lachend ihre lange honigfarbene Mähne zurück. Sie war nicht einmal halb so alt wie der schlanke, grauhaarige Mann, aber das änderte nichts an ihrer Absicht, ihn demnächst zu heiraten. Nicht, weil er etwa Millionär gewesen wäre und sie zu einem gewissen Typ von Karriere-Girls gehört hätte, sondern weil geistige Interessen und eine tiefe Sympathie sie verbanden.
    »Du bist und bleibst von gestern, Darling«, sagte sie mit zärtlicher Ironie. »Ich glaube nicht, dass es noch einen Fluch gibt, der mich umwerfen könnte. Was glaubst du wohl, was meine Kommilitonen getan haben, wenn sie bei deinen Vorlesungen mal wieder nur die Hälfte verstanden?«
    »Geflucht etwa?«
    »In allen Tonlagen«, bestätigte Patricia lächelnd. »Aber was machen wir jetzt, Charles? Wir sitzen hier fest, nicht wahr?«
    Charles Maruth hob die Schultern. Sein Blick glitt über die schroffen Basalthänge, den weißen Dampf in der Ferne und das Geröllfeld, das irgendwo im Norden zum Meer hin abfiel.
    Das Landesinnere von Island war eine Wildnis. Eine Wildnis, die von jeher dem einen bedrohlich und menschenfeindlich vorkam und den anderen derart faszinierte, dass er immer wieder hierher zurückkehrte. Charles Maruth gehörte zur letzten Gruppe. Er liebte Island. Hier betrieb er seine Forschungen auf dem Gebiet der Paläontologie. Hier fühlte er sich wacher, aufgeschlossener, sensitiver als sonst – und hierher lockte ihn eine seltsame Anziehungskraft, die er sich nicht genau erklären konnte, obwohl er auch auf dem Gebiet der Parapsychologie erfolgreich arbeitete.
    »Die Höhle muss ganz in der Nähe sein«, sagte er überlegend. »Eigentlich sollte es uns gelingen, die Felsformationen von dem Foto wiederzuerkennen. Wollen wir es zu Fuß versuchen?«
    »Und hinterher?«, fragte Patricia sachlich.
    »Hinterher sehen wir zu, dass wir den Wagen wieder flottkriegen!« Maruth lächelte. »Ich weiß, wir sollten zuerst das Rad wechseln. Aber ich brenne förmlich darauf, endlich die Nagelfar-Höhle kennen zu lernen.«
    »Also sehen wir zu, dass wir sie finden.« Patricia war bereits ausgestiegen, der Wind wühlte in ihrem blonden Haar. Sie wartete, bis ihr Begleiter abgeschlossen hatte und um den Wagen herumkam, dann setzte sie etwas zögernd den Fuß auf die rote Asche.
    Der Hang stieg an bis zu einem schmalen Geröllgrat. Dahinter ging es verhältnismäßig steil abwärts, eine mit kargem gelblichem Gras bewachsene Talmulde schnitt tief in die bizarre Landschaft aus schwarzem Basalt ein. Weiße Dämpfe hingen wie ein durchsichtiger Schleier in der Luft, ab und zu wehte Schwefelgeruch mit dem Wind herüber. Patricia Niles ließ den Blick über die schwarzen Steinbrocken links und rechts des von der Natur gebildeten Pfades gleiten, musterte die gelegentlichen Risse im Felsen und zog unbehaglich die Schultern hoch.
    »Als ob wir auf einer dünnen Kruste ständen, unter der die Hölle brodelt«, murmelte sie.
    Charles Maruth lächelte leicht. »In dem Vulkan Hekla wurde im Mittelalter tatsächlich der Eingang zur Hölle vermutet. Und die Nagelfar-Höhle trägt den Namen des Totenschiffs, das in der Sage von der Götterdämmerung die Dämonen zum Kampfplatz brachte.« Er turnte über ein paar scharfe Steingrate hinweg und half Patricia herüber. »Das mag wohl der Grund dafür sein, dass die Grotte in einigen alten Legenden als Tor zur Dämonenwelt auftaucht«, setzte er nachdenklich hinzu.
    »Himmel! Und du hast gesagt, du bist wegen der Westmänner-Inseln hier.«
    »Bin ich auch! Aber schließlich kann ich mich ja nebenbei ein bisschen meinem Hobby widmen, oder?«
    »Den freundlichen Geistern«, seufzte Pat. »Ich bin nur froh, dass es dir dabei lediglich um die Erhellung von Mythen und Legenden geht. Telepathie kann ich gerade noch verkraften. Aber Dämonen…«
    Sie verstummte, weil Charles Maruth stehen blieb. Sie hatten die tiefste Stelle des Einschnitts erreicht, einen fast

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