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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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können; – ja ich zweifle ob das älteste Mitglied eines Collegiums – oder der Professor des Hebräischen selbst viel daran hätte verbessern können. Trim machte eine Verbeugung, und las wie folgt:
    Die Predigt.
Ebräer XIII. 18.
    – »Unser Trost ist der, daß wir ein gutes Gewissen haben.«
    Unser Trost! – unser Trost ist, daß wir ein gutes Gewissen haben!
    Trim, unterbrach ihn mein Vater, Sie legen einen ganz unrichtigen Accent auf die Worte; Sie rümpfen ja die Nase; Mann, und lesen in einem so spöttischen Tone, als ob der Pfarrer dem Apostel eines anhängen wollte.
    Erlauben Euer Gnaden, das will er auch, erwiderte Trim. Oho! sagte mein Vater und lächelte.
    Trim wird wol Recht haben, bemerkte
Dr.
 Slop; denn die schnippische Art, wie der Verfasser (der wie ich aus Allem entnehme ein Protestant ist) den Apostel citirt, beweist, daß er ihm zu Leibe steigen will; – wenn er es nicht schon bereits durch diese Behandlungsweise gethan hat. – Aber woraus, entgegnete mein Vater, schließen Sie so schnell, daß es ein Redner unserer Kirche ist,
Dr.
 Slop? denn so viel ich bis jetzt davon verstehe – könnte er jeder Kirche angehören. – Weil er, erwiderte
Dr.
 Slop, wenn er einer der Unsrigen wäre, es sich ebenso wenig erlauben dürfte sich so etwas herauszunehmen, als einen Bären am Bart zu zupfen. Wenn es bei uns Jemand wagte, einen Apostel – einen Heiligen – oder auch nur die Spitze seines Nagels zu kränken, würde man ihm die Augen auskratzen, Herr. – Wie? der Heilige selbst? fragte mein Onkel Toby. – Nein, versetzte
Dr.
 Slop, aber er würde ein altes Haus über den Kopf bekommen. – Sagen Sie, ist die Inquisition ein altes Haus oder ein neues? fragte mein Onkel Toby. – Ich verstehe mich nicht auf Architektur, erwiderte
Dr.
 Slop. – Erlauben Sie, fuhr Trim dazwischen, die Inquisition ist das elendeste – erspare uns deine Beschreibung, Trim, ich bitte dich, sagte mein Vater, ich habe schon genug am Namen. – Thut nichts, entgegnete
Dr.
 Slop, sie hat auch ihr Gutes; ich will sie zwar nicht vertheidigen, aber in einem solchen Falle würde sie den Betreffenden bald bessere Manieren lehren; wenn er in dieser Weise vorginge, dürfte er versichert sein, der Inquisition zur Strafe ausgeliefert zu werden. – Dann möge Gott ihm beistehen, sagte mein Onkel Toby. – Amen, setzte Trim hinzu, ich habe leider einen armen Bruder, der seit vier Jahren in den Kerkern der Inquisition sitzt – davon hab' ich ja noch nie ein Wort gehört, rief mein Onkel Toby hastig; wie kam er denn dahin, Trim? – O Herr, das Herz im Leibe wird Ihnen über der Geschichte bluten, – wie es mir tausend Mal geblutet hat; – aber die Geschichte ist zu lang, als daß ich sie jetzt erzählen könnte; – ich werde sie Euer Gnaden einmal von einem Ende bis zum andern erzählen, wenn ich neben Ihnen an unsern Befestigungen arbeite. – Aber in wenig Worten ist die Sache die: – mein Bruder Tom ging als Diener nach Lissabon – dort heirathete er die Wittwe eines Juden, die einen kleinen Laden hatte und Würste verkaufte, und das gab auf irgend eine Weise den Grund ab, daß man ihn einmal Mitten in der Nacht aus dem Bette holte, wo er mit seinem Weib und zwei kleinen Kindern lag, und ihn gerades Wegs nach der Inquisition schleppte, wo nun, Gott steh' ihm bei! fuhr Trim fort und seufzte tief auf – der arme brave Bursche bis heutiges Tages liegt. Er war eine so ehrliche Seele, als je eine auf Gottes Welt herumlief, setzte Trim hinzu und zog sein Taschentuch heraus.
    Die Thränen flossen Trim schneller über die Wangen herab, als er sie abwischen konnte. – Einige Minuten lang war es todtstille im Zimmer. – Gewiß ein Beweis der Theilnahme!
    Komm, Trim, sagte mein Vater, als er bemerkte, daß der Schmerz des armen Burschen sich etwas Luft gemacht hatte – lies weiter – und schlag dir die traurige Geschichte aus dem Kopf: – es thut mir leid. daß ich dich unterbrochen habe; aber ich bitte dich, beginne die Predigt von Neuem; – denn wenn der erste Satz, wie du sagst, einen tadelnden Charakter hat, so bin ich sehr begierig zu hören, was der Apostel gethan hat, daß man ihm so kommt.
    Corporal Trim wischte sich das Gesicht ab und steckte das Taschentuch wieder ein; dann machte er eine Verbeugung wie vorhin und begann von Neuem.
    Die Predigt.
Ebräer XIII. 18.
    »Unser Trost ist der, daß wir ein gutes Gewissen haben.«
    Unser Trost! – unser Trost ist, daß wir ein gutes Gewissen haben. Wahrlich, wenn

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